30 tage ohne oben (18)

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Der Chef ist weg, der Boss, der Köhler. In 12 Tagen wird ein neuer Bundespräsidentenmensch gewählt. Wie fühlt er sich an, der Alltag so ohne richtiges Staatsoberhaupt? Ein Tagebuch.

Bei der ersten SMS habe ich mich noch gar nicht gewundert. Das Drückfehlerteufelchen steckt ja im Detail der Mini-Tastaturen. Und das Fräulein vom Amt hat auch immer mehr um die Ohren, zumal es jetzt in Indien sitzt. Also habe ich die Nachricht vom mir unbekannten Absender ignoriert. Es ging da um irgendeine Gurkentruppe, für die sowieso jede Hilfe zu spät kommt. Vergessen.

Heute früh kam die zweite SMS. Sehr früh, um genau zu sein, um diese Zeit bin ich schon im Bett. Diesmal hieß es, ich müsse eine Kröte schlucken und solle mich nicht so anstellen. Unterschrieben war mit A. Ich kennen keinen A., der mir so käme.

Also antworte ich nun doch, um die Sache aufzuklären, und plötzlich fliegen die Nachrichten im Minutentakt, ich spiele mit:

Hallo A., ich war ewig nicht ausländisch essen. Und an stelle ich mich schon seit 1989 nicht mehr. LG, K.

Ich habe Deinen Humor unterschätzt. Bist wohl doch keine von den Wildsauen. A.

Das ist immer eine Frage des Vertrauens, oder? K.

Du stellst mir die Vertrauensfrage? Willst erst Fackeln und dann zündeln? Das nächste Mal lass ich Dir die Zapfen streichen, Du Witzbold. Langweilig warst du mir lieber. A.

Ich fackel nie. Das Leben ist zu kurz, um langweilig zu sein. Das Herz muss handeln, wenn der Kopf noch zögert. K.

Ach ja, das Wort Neuwahl ist im Kopf und im Herzen von jedem, der jetzt politisch verantwortlich denkt. A.

Klingt gut. Ist das von Dir? K.

Nein, von der Künast, der begrünten Feudel. Aber ich könnte es ihr abkaufen. A.

Was soll das kosten? K.

Einen Gauck. A. PS: Du fehlst mir.

Was kann ich tun? K.

Komm zurück!!! A.

Seit wann bin ich denn weg? K.

Hast Du Deine Tabletten genommen? A.

Das kannst Du Dir sparen. K.

Ich kann das Wort nicht mehr hören. Komm, lös Du mich ab, Dir vertrauen alle. A.

Ich habe im Moment leider viel um die Ohren. Und die Wäsche ist auch noch in der Maschine. Ich bin übrigens Kay.

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Zwei Stunden später kommt eine letzte SMS : Frau Merkel möchte den Kontakt nicht fortsetzen. Keine Unterschrift.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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