30 tage ohne oben (7)

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Der Chef ist weg, der Boss, der Köhler. In 23 Tagen wird ein neuer Bundespräsidentenmensch gewählt. Wie fühlt er sich an, der Alltag so ohne richtiges Staatsoberhaupt? Ein Tagebuch.

Das Rekord-Sparpaket steht, sagt der Mann im Radio. Er sagt aber gar nicht, wer es abholen muss. Ach doch: Vor allem bei den Sozialleistungen wollen die Schwarz-Gelben kürzen. Ein einmaliger Kraftakt sei es gewesen, verkündet die Merkelin. Das will ich erstens mal hoffen und zweitens den Begriff Kraftpaket ab sofort mit anderen Augen sehen.

Zunächst aber sehe ich im Stamm-Buchladen die Lokalpresse und siehe da: Die Leipziger Kultur muss nur eine Million sparen. 100 Millionen hat er in der Tasche der Kulturbürgermeister. Die Bahn zuckelt an der Oper vorbei und da ist sie schon, die zündende Idee, wie wir die eine Million lockerkriegen. Mindestens. Müssen unsere Hochburgen denn unbedingt Oper, Schauspiel oder Gewandhaus heißen? Es weiß doch jeder, dass sie es sind. Das Zentralstadion nennt sich schließlich auch Red-Bull-Arena, und trotzdem vergisst keiner, dass es untendrunter das Zentralstadion ist. Ich kann doch auch im Nestlé-Saal Beethoven genießen. Oder auf der Aldi-Bühne Faust beim sich Durchboxen zusehen. Oder im Haus Tengelmann Nicholas Le Riche erleben. Große Kultur wäscht das Geld ja wieder rein, während es verprasst, Quatsch, verspielt, nein, verbraucht wird.

Wenn das Modell funktioniert, kann sogar die Bildung davon profitieren. In der Ur-Krostitzer Gesamtschule sind plötzlich die Mittel für eine neue Turnhalle da, im Südzucker-Gymnasium gibt es kostenlose Pausenversorgung, der Robert-Bosch-Hort kauft sich eine neue Schaukel. Mit Überschlag.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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