Betreutes Wählen

Satire Was das Betreuungsgeld den Stadtwerken Heimhausen-Hausheim bringt, fasst der CDU-Abgeordnete Bernd Graumüller in einer undotierten Rede zusammen.

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"Die Mittel zum Zweck bereitzustellen, ist eine unserer größten Errungenschaften" - steht an der Turnhallen-Wand beim CDU-Frühschoppen in Heimhausen-Hausheim. Ans Pult tritt der Abgeordnete Bernd Graumüller, Aufsichtratsmitglied der Stadtwerke:

"Liebe Verbraucherinnen und Parteifreunde, auch wir, die Stadtwerke Heimhausen-Hausheim, wollen heute hier und morgen dort ein Zeichen setzen. Es ist uns wie auch der CDU-Ortsgruppe nicht egal, ob unser und Euer Geld stromauf- oder stromabwärts fließt. Oder in den Osten. Und wir müssen es nicht Honorare, gar Spenden nennen. Wir nennen es: Betreuungsgeld.

Diese Kopfprämie geht bei uns nicht an einen einzelnen Redner, sondern an all unsere Kinder, die von der Elternfraktion nicht in eine von der Opposition herbeiphantasierte Kindertagesbetreuung gegeben werden. Wohin die führt, das, meine Damen und Entscheider, haben Sie und ich in der DDR ja gesehen.

Weil aber für die zunächst 100, später 150 Euro im Monat kein Peer Steinbrück ins Haus kommt, keine Kita-Praktikantin und nicht mal unser Joachim Gauck, reden wir, die Stadtwerke Heimhausen-Hausheim, Klartext: Wir schalten die Zukunft Eurer Kinder auf Sparflamme.

Weil wir mit unserer Produktpalette im Umfeld der Herdprämie kompetenzmäßig ganz vorn mit dabei sind, wollen wir nicht die Letzten sein, die es nachwachsenden Generationen ermöglichen, den Grundstein für Einsparungen an sozialer Kompetenz und Inteligenz bereits im Fundament zu zementieren, also: in den Küchen unserer Abnehmer.

Darum haben wir, die Stadtwerke Heimhausen-Hausheim, schon jetzt unsere betriebseigene Kindertagesstätte geschlossen, um noch mehr zukünftige Ex-Angestellte in den Genuss des Betreuungsgeldes zu bringen.

Damit nicht genug. Den Gewinn, den wir durch das Betreiben der E- und auch der Gas-Herde in den bislang umsatzschwachen Ganztagsstunden erwarten, wird zu einem Teil in Nachbetreuungsgelder für benachteiligte Schulanfänger fließen.

Kinder, die bem Erstkontakt mit Gleichaltrigen rückfällig werden oder im Umgang mit staatlichbestellten Erziehungbeauftragten von der Schusswaffe Gebrauch machen, werden in unseren Social-Camps rund um die Uhr bekocht und in einer Nahwärme-Simulation schrittweise mit Überlebensstrategien vertraut gemacht. Unsere Kontakte zur Pharmaindustrie sollen dabei nicht ungenutzt bleiben.

Natürlich bleibt es den Mädchen vorbehalten, in unseren Übungsküchen unter Umgehung der mittleren Reife unmittelbar an das bislang Erlebte anzuknüpfen und in einem betreuten Warten der Eheschließung entgegenzusehen.

Das sind die Wählerinnen und Kunden, die wir uns wünschen. Die Mittel zum Zweck bereitzustellen, ist dabei eine unserer größten Errungenschaften."

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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