Seit 23. Januar ist Thomas Gottschalk montags bis donnerstags ab 19.20 Uhr in der ARD beim Scheitern zu erleben.Weil er das Format nicht ernst nimmt. Oder die Zuschauer. Oder die Gäste. Oder sich. Vor allem: die Aufgabe.
Die Aufgabe besteht darin, eine halbe Stunde lang den Vorabend zu verkürzen oder zu versüßen - jedenfalls der werberelevanten Zielgruppe nahezubringen. Die Quoten sind „im freien Fall“, vermeldet kress.de, demnach „guckten am Dienstag lediglich 240.000 junge Zuschauer - ein Marktanteil von 2,5%. Insgesamt sahen die Sendung, in der Thomas Gottschalk Karl Lagerfeld begrüßte, 1,40 Mio Zuschauer (5,0% MA). Das sind mehr als 500.000 weniger als noch am Montag.“ Dabei war am Montag Anke Engelke im Studio, was der Sendung nicht geschadet hat.
Was über viele Monate das Problem der „Wetten, dass …?“-Shows war, kann Gottschalk hier nicht wettmachen: Er vermittelte das Gefühl, schlecht vorbereitet zu sein, den Ablauf ebenso wenig zu kennen wie Gäste und Wetten. Daran hat sich nichts geändert. Bis auf die Wetten.
Am Mittwoch eröffnete er mit der Nürnberger Spielwarenmesse und einem mit Helium gefüllten Clownfisch. Und hat von Anfang an die Sätze nicht im Griff. Egal ob knallharte Fakten: „1,5 Milliarden Euro wird in Deutschland pro Jahr an Spielzeug fabriziert und in die ganze Welt geliefert“. Oder Menschelndes: „Ich habe nämlich auch noch einen Hai gehabt, und den habe ich zum Fenster rausfliegen lassen, und da ist er abgestürzt. Dem ist sofort die Flosse eingefroren. Das ist eben leider, wie gesagt, mehr ein Zeppelin als ein Fisch.“ Wer da noch dranbleibt, will es wirklich wissen.
Und erfährt, dass so ein aufblasbares Tier gewinnt, wer ein Foto seines Thermometers schickt und nie niedrigste Temperatur nachweisen kann. Dann soll das erste Interview an den 10. Todestag Hildegard Knefs erinnern. „Ich habe sie noch persönlich gekannt.“ Das muss Gottschalk nicht nur ablesen, es verbindet ihn mit den meisten seiner Telefon- oder Studio-Gäste, zu denen immer auch Sender-relevant Hauptdarsteller gehören. Oder Prominenz wie in dieser Woche Duran Duran, Modeschöpfer Karl Lagerfeld und Berlinale-Chef Dieter Kosslick.
Nun leitet er ein Telefon-Gespräch mit Knef-Tochter Christina Palastanga, die in New Mexico lebt, mit dem Satz ein: „Und ich glaube, Sie als Tochter erinnern sich heute auch gern an Ihre Mutter, an diesem Tag.“ Im Folgenden bekommt er von den Antworten nicht viel mit. Befragt nach ihrem beruflichen Weg, sie ist Bäckerin, meint Palastanga: „Meine Mutter sagte immer zu mir, dass ihre künstlerischen Gefühle sich so in der Küche bei mir ausdrücken.“ Darauf Gottschalk: „Ich erinnere mich, sie hat für uns auch gekocht.“ Dass er beim umstandslosen Übergang zum Thema Erbe die BILD in die Kamera hält, ist in diesem Fall noch das geringste Problem. In so einem Moment musste bisher Michelle Hunziker eine neue Wette ins Spiel bringen.
Was es nicht besser macht: Während Gottschalk nach Gedanken hascht, ist die Kamera auf der Suche nach Bildern. Ohne fündig zu werden. Als dann doch Schluss sein darf mit dem thematischen Topfschlagen und medialen Blinde-Kuh-Spielen, nehmen Studiogast Harald Krassnitzer (des kommenden „Tatorts“ wegen) und Gottschalk ein paar Züge Helium aus vorbeischwebendem Spielzeug, und der Moderator bekennt: „Ich komme mir vor wie in der Pubertät.“ Kein Wunder in einem Studio, das wie ein überdimensioniertes Kinderzimmer aussieht. Mittendrin ein alter Knabe, der mit Förmchen spielt, obwohl kaum Sand im Kasten ist.
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Kommentare 14
Ich hab da auch mal rein geschaut, man hofft ja doch immer. Vergeblich.
Beckenbauer Gast. Und Schwarzenbeck Thema. Und absolutes Aneinandervorbeireden, -verstehen. Null Plan.
Und Gottschalk vermittelt nicht nur das Gefühl, er sei schlecht vorbereitet, er ist es. Und merkt es nicht? Sind wir alle doof?
Gottschalk, ein Phänomen, nicht mein Phänomen.
Er hat ja auch ein Jahr 'Wetten, dass, ...'Ich wette, dass ich aufhöre-Folgen gebraucht, um den Arsch vom Eis in die ARD zu bugsieren. Nimmilang, sachich.
Wer guckt denn sowas?
das problem könnte sein, dass nie kommuniziert wurde, dass "wetten, dass ...?" wegen gottschalk eingestellt wurde und nicht wegen des nun wirklich schlimmen unfalls. was ich nur vermuten kann. aber die frage bleibt schon: denkt da eigentlich noch jemand mit? glaubt tatsächlich jemand, ein großer name allein bringt menschen dazu, die salami beiseite zu legen und ARD einzuschalten, nur um einem früher guten entertainer dabei zuzuschauen, wie er das ende der sendung herbeisehnt?
im grunde ist sogar von zynismus zu reden à la: genügend leute werden es nicht merken. irrtum.
Es ist schon interessant, wer sich beflissen sieht, die Nachfolge von Herrn G. abzulehnen.
So plump wie er es machte, kann es keiner, und mal im Ernst, jemandem zuzusehen, wie er Kakteen abschleckt, also geht es noch tiefer im Niveau?
Der Mann hat sich selbst überholt und die Ausfahrt verpasst. That's all.
Die ARD verteilt Gnadenbrot, allerdings höchstwahrscheinlich unbewusst, haha.
Schmunzelt einfach nur leise mit :-)
Da fällt mir gerade ein, am schlimmsten ist ja wohl Folgendes:
Talkshow-Gast in den Arm nehmen und dann ein gemeinsamer Countdown auf die Werbepause.
Muuaah, das kann doch gar kein fake sein.
Ist das, ist mir, schlecht.
Vielleicht hat Gottschalk ja Assauer.
ah, wunderbar nochmal die Kernsätze zusammengefasst, die schon fast als Kunstwerk für sich selbst stehen! Das muss man bei einem Millionensalär sich erstmal trauen!
Wegen des Gedöns um seine Wetten-dass-Nachfolge habe ich dreimal reingeschaut und mir fast mit dem Hammer freiwillig aufs Hirn geschlagen!...
Und das alles mit Fernsehgebühren finanziert, freiwillig, ohne öffentlichen Protest, mit juristischen Verträgen untermauert.
Herr Gebe hats aber spekulierend oben schon auf den Punkt gebracht. Vielleicht sollte man nur das "vielleicht" daraus streichen?
liebe kk, den charmeur der millionen hab ich mal vor jahren, als der und ich gerade in der schweiz waren, als veteran seiner eigenen show erlebt. schon deutliche ausfälle.
die queen regiert ja auch noch immer. und wulff amtiert auch so vor sich hin.
das system hinkt ja auch munter auf den abgrund zu...
also passt alles irgendwie zusammen.
genau. aber klar: weil man zum festhalten beide hände braucht, kann man sich nicht an die eigene nase fassen.
Sehr gut beobachtet.
Oliver Welke in der Heute-Show: "Wenn dem Gottschalk gar nichts mehr einfällt, zeigt er Bilder von Eisbären-Babies."
Tja. Und wer sich den denkwürdigen Teil mal selbst anschauen möchte, bitteschön:
(von 26:52 bis 29:59)
Ich habe anfangs noch gern "Wetten, dass...." gesehen. Aber mit Gottschalk ist das irgendwie abgerutscht zu einem Wettlauf der Eitelkeiten. Meiner Meinung nach, weil er sich nur profilieren will. Wirkliche Inhalte vermittelt er doch schon Jahre nicht mehr.
Vielleicht ist es aber auch ganz einfach so: Thomas Gottschalk ist dem Peter-Prinzip erlegen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der entsprechende Wikipedia-Eintrag gleich hier:
de.wikipedia.org/wiki/Peter-Prinzip
Stefan Kuzmany hat gestern auf spiegel.online geschrieben, dass es vielleicht besser werden könnte, weil gottschalk wieder gute laune hat. ich hab's zumindest gern gelesen:
www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,813660,00.html
ja, kinder und tiere gehen immer. beides in einem ist perfekt. inzwischen geht auch wetter, sofern es auf kinder und tiere wirkt. ab morgen wird es die berlinale sein. zu den wesentlichen agenturmeldungen heute gehörten die, dass Angelina Jolie schon da ist und Shah Rukh Khan noch nicht.