Matt in neun Zügen

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Tatort “Häuserkampf”, 13. April, 20.15 Uhr, ARD

20.25 Hauptkommissar Cenk Batu (Mehmet Kurtulus) hat vielfach düster dreingeblickt und dann doch gelächelt. Fünf Mädchen werden gejagt, sind aber doch nur Teil eines Spiels. So wie Cenk, der als verdeckter Ermittler im SEK-Milieu zum Patenonkel avanciert.

20.35 Es gibt so viel Böses auf der Welt. Und für eine schicke Wohungseinrichtung lassen sich auch SEK-Leute nicht lumpen. Cenk ist Erfolgskurs, schaut aber wieder böse drein, weil ihm die quasi unterwanderte Familie ans Herz wächst. Ein Privatleben hat er nicht, dafür eine nette Nachbarin. Er spielt SMS-Schach. Und lächelt. Jemand plant was mit Zeitzünder; es scheint nichts Gutes zu sein. Jemand köpft sein Dreieinhalbminuten-Ei wenig zimperlich.

20.45 Der mit dem Ei schießt jetzt um sich. Es ist Zoltan Didic (Stipe Erceg), er wirkt gewaltbereit. Seine Gelassenheit wird mit SEK-Einsatz-Hektik gegengeschnitten und Familien-Drama-Musik contra Unheil-Sound unterlegt. Ach, Thomas Lawinky spielt mit. Dann steckt er auch mit drin. Worin? Unklar. Es geht irgendwie gegen Lars Jansen (Matthias Koeberlin), bei dessen Familie sich Cenk so wohl fühlt. Didic erschießt sich, “das Spiel beginnt”, sagt er noch.

20.55 Die Zweck-Freundschaft wankt, Lars hat ein Geheimnis und ein schnelles Auto. Zu schnell. Cenk übernimmt eine Mailbox-Nachricht, Lawinky wird laut, Cenk schaut finster. Didic bedroht postum Lars Jansens Familie. Frau und Tochter sind verschwunden, zwei Toasts im Toaster, Blut am Küchentisch. Die Zeitschaltuhr tickt.

21.05 Eine Schnitzeljagd beginnt. Videobotschaft auf dem Handy, Foto der gefesselten Famile, GPS als Stadtführer. Didic übt Rache wegen einer Sache, die ihm vor sechs Jahren den Lebenssinn geraubt hat. Cenk übernimmt, was Jansen hätte tun sollen. Er schaut entschlossen. “Auge umZahn Auge, um Zahn, damals war Krieg, heute ist Krieg” - Didic hat durch Jansens Schuld im Kosovo Frau und Kind verloren.

21.15 Lawinky weiß was. Cenk hält sich nicht an die StVO, die Zeit rast. Jetzt kommt auch noch Didics Schwiegervater Istjevic ins Spiel. Der Showdown deutet sich an, doch noch wird viel zu viel erzählt und erklärt, dabei ist so ein Plot inzwischen in jedem vierten TV-Krimi zu sehen - Auslandseinsatz, Schuld, Vertuschung, Rache. Regen in Hamburg. Unerfreuliche Kneipenschlägerei, für Cenk gehen erstmal die Lichter aus.

21.25 Jansen im Krankenhaus, Rückblende, Erinnerungen. Istjevic steckt auch mit drin, als Waffenhändler. Die Welt ist sehr, sehr schlecht heute Abend. Cenk schaut sehr, sehr finster drein. Das mag daran liegen, dass er an einen Stuhl gefesselt ist.

21.35 “Wir werden unser Land zurückerobern”, sagt Istjevic . Cenk appelliert an die Menschlichkeit und schaut prompt in den Lauf einer Pistole. Ein kleines moralisches Durcheinander. Cenk hat eine Idee. Es gibt einen Hintermann beim SEK. Bestimmt Lawinky. Keine zehn Minuten mehr, bis die Bombe hochgeht. Die Jungs werden hektisch. Jansens Frau und Tochter müssen ganz in der Nähe sein, wohl eine Wohnung höher, Didic hat das Kosovo-Szenario nachgestellt. Das wird aber nicht ermittelt, es fällt eben Cenk ein.

21.45 Familie gerettet, Bombe entschärft, Mord an Jansen vereitelt. Lawinky lächelt. Nicht mehr lange. Dafür hat Hauptkommissar Cenk wieder Freude am Leben. Viel Aufwand für einen politisch unterfütterten Wettlauf. Wie die meisten Tatorte der jüngsten Zeit will auch dieser zu viel und zeigt zu wenig.

(Buch: Johannes Johannes W. Betz, Peter Braun

Regie: Florian Baxmeyer)

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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