Max möchte mir dir befreundet sein

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Gegen Markus Lanz kann man dies oder das sagen. Ein Streber sei er, Schwiegersohn-Typ, zu gelackt, zu devot, zu oft auf dem Bildschirm. Denn Markus Lanz kann alles: Er kann kochen lassen und erzählen lassen. Und sogar Klavier spielen. In der vergangenen Woche erst hat er Fernsehkoch Nelson Müller begleitet. Vom Vertreter – für Barbara Eligmann bei Explosiv, für Kerner bei Kerner, für Horst Lichter und dessen Biographie – hat er sich zum Gesicht des ZDF hochgelächelt. Am Nordpol war er auch schon.

Jetzt aber überrascht Lanz: als Fotograf. „Darf ich ein Foto von Ihnen machen?“ fragt er seine Gäste nach der Talkshow. Und dann tut er es – mit einer Leica M, „Mutter aller Kompaktkameras“. Es sind beeindruckende Nahaufnahmen von Karl Lagerfeld oder Larry Hagman, von Bud Spencer oder Helmut Berger. Ob er Frauen grundsätzlich nicht fotografiert oder sie die Aufnahmen nicht zur Veröffentlichung freigegeben haben, bleibt unbeantwortet. Die Männer-Bilder jedenfalls sind nun erstmals zu sehen im Magazin Max.

Max ist eigentlich seit 2008 Geschichte, zumindest in der gedruckten Version, eingestellt wegen eines gewinngefährdenden Mangels an Käufern, also Freunden, wenn man so will. Nun ist eine „einmalige Ausgabe 2011“ erschienen, die, ein Lifestyle-Heft war Max ja schon immer, im Internet geboren wurde. „Wir machen Max“ heißt die Facebook-Seite, auf der das Projekt seinen Anfang und in vier Monaten Gestalt annahm, entwickelt von „der größten Redaktion Deutschlands“, womit die bei Drucklegung 1682 „Freunde“ gemeint sind. Heute sind es 1801.

Am 28. Juli postet „Wir machen Max“: „Frage zwischendurch: Welche/r Deutsche hat Eures Wissens nach die meisten Facebook-Freunde? Ein paar tausend müssten es schon sein. Vielen Dank schon mal für die Hinweise!“. Einer der Kommentare: Was ist daran interessant?“

War am 24. August ein Redakteur zu müde, sein Interview selbst abzutippen?„Kennt jemand in Hamburg eine gute und günstige Möglichkeit ein Interview von Cassette abhören und abtippen zu lassen? Ca. 70 Minuten Dauer, muss keine perfekte Textwiedergabe sein. Vielen Dank für Tipps!“

29. August: „Einige von Euch haben uns vorgeschlagen, das Thema Freundschaft auch im internationalen Vergleich zu beleuchten. Gute Idee! Wer schickt seinen Facebook-Freunden im fernen Ausland folgende Fragen (und uns möglichst bald die Antworten…)?
1) Was macht wahre Freundschaft aus?
2) Wie viele Freunde kann man haben?
3) Wo sind die Grenzen einer Freundschaft?
4) Wann ist eine Freundschaft vorbei?“

In den zehn Kommentaren findet sich ein Zitat Albert Einsteins und der Hinweis: „In Südamerika gibt’s zum Beispiel den ,dia del amigo’, eine Art Valentinstag für Freunde …“ Oder: „Ich persönlich finde es viel interessanter, wie man Freundschaft in den verschiedenen Landesteilen Deutschlands versteht – da hab ich in München, Hamburg und Sachsen schon die größten Unterschiede erlebt.“ Ob das hilfreich war?

„Freundschaft“ also – da „Gefällt mir“ kein griffiges Thema ist. Da passt Markus Lanz gerade noch so, in der Promi-Klatsch-Rubrik, die hier „Menschen“ heißt, wird’s schon schwieriger. Und ob die Kuh der beste Freund des Menschen ist? Ansonsten: Interviews (der neue CEO von Puma), Essay (Untergangsszenarien), Reportagen (die Berliner U-8) und Bilder, Bilder, Bilder. Wobei Frauen lieber abgelichtet als befragt werden. (Da ist ja: die Playboy-Anzeige.) Ein Blick geht nach Amerika, wo „evangelikale Christen versuchen, Homo- und Bisexuelle mit Gesprächen und Gebeten zu heilen“. Von Gag-Schreiber Micky Beisenherz („Dschungelcamp“) ist weniger zu erfahren als erhofft. In eigenartiger Typographie sind Facebook- und Twitter-Einträge zum Arabischen Frühling in eine Fotostrecke montiert. Und dann doch: ein Freundschaft-„Dossier“.

Alles nicht richtig schlimm und nicht richtig schön. Nichts, worüber heute alle reden, geschweige denn morgen. Die größte Überraschung bleiben die Schwarz-Weiß-Fotografien von Markus Lanz. Er hat es mal wieder geschafft.

(Dieses Blog ist zuerst erschienen unter www.lvz-online.de)

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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