Vollbad im Mittelmaß

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Krimis im Künstlermilieu sind eine vielversprechende Sache. Weil hier Ehrgeiz und Raffinesse so schön zusammenspielen. Verbrechen in geschlossenen Systemen wie etwa einem Konservatorium sind beliebt. Weil alle Tatverdächtigen so hübsch familiär beisammen sind und im Vorbeigehen vielsagende Blicke werfen können.

Ein Polizeiruf 110, der - wie an diesem Sonntagabend - mit Gewitter bei fast vollem Mond beginnt, ist kein Versprechen. Weil das Vollbad im Klischee schon eingelassen wird. Und nicht mal heiß. Schmücke & Schneider (Jaecki Schwarz, Wolfgang Winkler) sind ein sympathisches Team, allerdings dergestalt miteinander müde geworden, dass sie sich schon fast ähnlich sehen. Was seinen Reiz hätte, wenn sie was zu sagen bekämen, doch die Dialoge (Buch: Xaõ Seffcheque, Jürgen Starbatty) baumeln in Sätzen wie: "Deswegen bringt man doch keinen um." "In diesem Beruf hat man kein Privatleben." "Das ist doch keine Lösung." Herzlich absurd der Wortwechsel: "Hier waren wir doch gestern?" - "Ja, es ist ja auch der Tatort, Herr Hauptkommissar."

Ebenda wird der beste Geiger der Schule überfahren, und das auch noch kurz vor einer karrierereentscheidenden Festival-Nominierung. Die Nerven der Studenten liegen blank, da darf sich jeder auffällig benehmen. Vielleicht hätte eine inspiriertere Regisseurin auf dem Feld zwischen Logik und Spannung ein paar Ideen zum Blühen gebracht. Karola Hattop aber pflügt zielführend durch Liebe, Konkurrenz, Erpressung. Es regnet Motive, hagelt Eifersucht, Inzest, doch der Blitz schlägt nicht ein. Der produzierende MDR jedenfalls behauptet sich als Garant für unverhülltes Mittelmaß.

(Polizeiruf 110: Der Tod und das Mädchen, 17. Mai 2009, ARD)
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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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