Weißzeit

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Man muss weiß Gott kein Verschwörungsprophet sein, um zu ahnen, dass die da oben mit Volksfesten wie dem Castor-Transport und postmodernen Überraschungen wie Paketbomben ablenken wollen von den echten Gefahren, die unser Land bedrohen. Nun macht ein deutscher TV-Sender der Verharmlosung jener Bedrohung bei gleichzeitiger Vertuschung der Hintergründe unter Verschleierung der Folgen ein Ende. Wenngleich versteckt im Nachmittagsprogramm, das sich unter dem Titel "Hier ab Vier" durchs MDR-Sendegebiet investigiert. Heute kam ans Licht:"Schon am frühen Morgen kämpften die Einsatzkräfte gegen das gefährliche Weiß auf den Straßen."

Als wäre das nicht Schreckensmeldung genug, berichtet Susann Blum in einer Liveschaltung aus dem Katastrophengebiet Oberwiesental, direkt vom Hauptskilift, der, vermutlich aus Sicherheitsgründen, noch nicht in Betrieb ist. Weil der Bürgermeister alle Schippen voll zu tun hat, zeigt sich sein Stellvertreter vor der Kamera. Gewiss keine leichte Entscheidung bei bereits zehn Zentimetern Neuschnee. Mutig beantwortet Wolfgang D. (Name der Redaktion bekannt) alle Fragen der Reporterin nach bestem Wissen und Gewissen. Ja, er hoffe, dass der Winter kommt. Und ja, dies sei wichtig für Oberwiesental.

Da ist sie auch schon vorbei, die Minute der Aufklärung im deutschen Fernsehen. Offen bleibt, woher das gefährliche Weiß kommt. Es machen bereits erste Weissagungen über eine Verlängerung der Wehrpflicht die Runde. Die Weiße Flotte soll an die Baumgrenze vorrücken. Im Zuge der allgemeinen Schneemobilmachung wird das Rentenalter auf 70 angehoben. Den Winterdienst vorzeitig zu quittieren, bedarf es eines Persilscheins (in Einzelfällen gilt auch Weißer Riese). Jede Nachrichtensendung beginnt mit den Worten "Vom Eise befreit sind Strom und Bäche", gesprochen von Jens "The Voice" Weißflog. Die diplomatischen Beziehungen mit Weißrussland liegen auf Eis. Und am Reichstag kann die weiße Fahne wehen, bis sie schwarz wird.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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