Zum Davonlaufen: Drei Farben Wein

Trinkkultur Das schlägt dem Fass den Boden aus: Vingooo heißt eine Erfindung für Leute, die nicht mehr alle Gläser im Schrank haben.

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Es soll ja überaus gesund sein, dieses Laufen. Sagen die Sportschuhhersteller. Wohingegen ein Badehosen-Fabrikant in dieser Woche mit dem Umfrageergebnis überraschte, „dass Schwimmer darin übereinstimmen, dass Schwimmen dabei hilft, Stress und Anspannungen abzubauen, Selbstsicherheit in Bezug auf das Aussehen und ein Gefühl der mentalen Frische verleiht“. Allein die eine oder andere Olympia-Schwimm-Staffel könnte im Moment zu anderen Aussagen finden.

Ähnlich verhält es sich mit dem Laufen. Womit in unseren Fall das Gehen gemeint ist. Nicht das mit Skistöcken, sondern das wie früher. Schritt für Schritt und, wenn’s geht, recht zügig. Nun ist es aber so, dass der moderne Mensch es leid ist, einfach so vor sich hin zu latschen. Er hat ein Ziel vor Augen und die Zeit im Nacken. Essen, trinken, reden – alles geht im Gehen. Muss ja.

Nur aus diesem Grund wurde der „Coffee to go“ erfunden. Das Müsli to go gefällt sich als Riegel, in sehr verschneiten Wintern gibt es Nahverkehr to go, und Beziehung to go geht ab, wenn's zum Davonlaufen ist. Um der nun auch in unseren Breiten stets drohenden Dehydrierung zu entkommen, weiß besonders die jüngere Generation, dass niemand jemals ohne Wasserflasche in der Hand das Haus verlassen sollte. Wer sich nach 21 Uhr noch ohne Bier to go auf der Straße blicken lässt, kann auch gleich im Seniorenstift einchecken.

Doch irgendetwas fehlt. Fehlte noch. Gemütliches Beisammensein mit Wein und Menschen verlangte nach Tischen, Stühlen, Gläsern – einem Ort zum Sitzen. Vorbei. Dank Wein to go. Den gibt es in den handelsüblichen Farben Weiß, Rosé und Rot. Er ist glasförmig mit abschließender Alufolie.

Mit Rebsorten halten sich die Hersteller nicht lange auf. Sie konzentrieren sich auf die "ideale Wein-Idee für alle, die unterwegs gerne einen guten Wein trinken, dabei aber Korkenzieher und zusätzliche Gläser zuhause lassen möchten.“ Also nichts für die harten Jungs vor der Kaufhalle, die sowieso alles aufkriegen. Nein, dieses Produkt ist „zum Aufreißen“, was durchaus mehrdeutig gemeint sein will

Einen Haken aber hat die Schnellverpflegung: Das „formschöne PET-Glas“ ist bruchsicher. Es lässt sich also nicht mal an die Wand werfen, bevor man geht.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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