Wer es böse meint, sagt: Aldi ist der Sieg des Billigen über die Ästhetik. Wer es besser meint, sagt: Aldi ist der Sieg des Inhalts über die Markenblase. Auf der Annahme, dass das allseits bekannt sei, beruht die deutsche Aldi-Werbung: In mal großzügig, derzeit etwas weniger großzügig verteilten Prospekten steht, was man zu welchem Preis wann kaufen kann. Ohne Slogan, ohne Lifestyle. Unsympathisch ist das nicht: Alle wollen ja nur verkaufen – aber allein Aldi behauptet auch nichts anderes.
In Großbritannien ist Aldi nun, anders als in Deutschland, mit einem Spot im Fernsehen vertreten: Eine ältere Frau sitzt vor einem mit Krimskrams gepflasterten Wohnzimmerbuffet, vor sich zwei Teepackungen. Sie sagt, ihr Mann möge beide. Dazu werden die Preise eingeblendet: Tee von Aldi ist natürlich billiger. Und die Frau schließt: „Ich mag keinen Tee. Ich mag Gin.“
Mit dem gealterten Testimonial vor Milieu-Dekoration und dem zum Schluss eingeblendeten Claim „Aldi. Wie Marken. Nur billiger“ erscheint die Kette hier als das, was sie angeblich nicht ist: eine Marke, angedockt an den Lifestyle seiner Kunden – die daher auch ein Gesicht bekommen, das einer älteren Frau. Gesellschaftlich von Belang ist in Deutschland allerdings vor allem ein anderer Aspekt: Während die unabhängig voneinander agierenden Gruppen Aldi Süd und Nord mit unterschiedlichen Produkten bisher dafür sorgten, dass zwischen Nord- und Süddeutschland eine unsichtbare Grenze verlief, heißt der neue Konkurrent nun Aldi Großbritannien: Dort gibt es jetzt auch Pointen.
Kommentare 7
? Ich steh im Wald und seh diesen vor lauter Bäumen nicht. Wo ist jetzt die Kritik, was ist die Kritik (schon bei Ihrem Problemgabel-Text hatte ich Fragezeichen auf der Stirn), was wird hier konstruiert?
Ich bin ja dafür solche Riesen unter die Lupe zu nehmen, aber dann auch richtig, strukturell. GB ist nicht D, die Briten haben einen eigenen Humor, die Deutschen auch "ihren", also wirbt man da auch anders. Das können Sie erstmal niemandem vorwerfen, dass er seine Arbeit macht. Dass er sie dann auch noch so "britisch" macht, das ist rein werbemäßig gelungen.
Das Unternehmen an sich könnte man beleuchten, wenn man wollte.
Darüber hinaus: es gibt so viel wirklich dämliche und fragwürdige Werbung, für die man vielleicht mal woanders als im Netz nachschauen müsste, da ließen sich Romane an Werbekritik verfassen. Wenn man wollte.
? Sorry, aber wo ist jetzt das Problem? Dass ich aus einer kleinen Werbekritik, die es im Freitag jede Woche gibt, keine Wirtschaftsreportage mache? Gruß KR
Das Problem ist, dass ich die Kritik nicht sehe, also kritisieren Sie die Werbung an sich für so einen Discount-Riesen, oder geht es darum, dass die nun auch in GB offensiv werben? Das verstehe ich nicht.
Es gibt da richtig schlimme Beispiele an Werbung, z.B. BASF wirbt für sein Image (die haben es wohl nötig) - beginnt mit "wenn Liebe eine chemische Reaktion ist, dann müsste unsere Chemie die Welt doch besser machen", die Bilder sind gut, aber der Inhalt ist nicht nur falsch, sondern geht in Richtung Verarsche. Oder die Image-Werbung des RWE für seine "Grünheit", Angelina Jolie wirbt für Louis Vitton (und reist danach ins Krisengebiet).
Diese Werbung für Aldi ist, das muss ich leider sagen, gelungen, auch wenn es an und für sich immer zweifelhaft ist, was solche Billiganbieter treiben.
Ich verstehe Kritik nicht als Vernichtung eines Gegenstands, und ich habe ja auch eigentlich nicht vernichtend darüber geschrieben. Sondern mit Kritik ist erst einmal gemeint, dass man sich mit einer Werbung auseinandersetzt.
Und was all die Werbung angeht, die Sie anführen – wir haben, wie gesagt, jede Woche ein Werbekritik. Wir hatten schon Bono für Louis Vuitton, und wir hatten schon massenhaft Greenwashing.
Schönes Wochenende, KR
Ok, da hab ich tatsächlich eine andere Auffassung von Werbekritik, liegt aber auch daran, dass ich Kritik an Werbung um die Ohren und auf den Deckel bekomme.
Richtig gut wäre die Werbung, wenn im Abschlußbild die Preise für Gin verglichen würden :-)
Pff... :-)