Und sie fraßen das Tor

Kampagnenkritik Das "Neue Deutschland" wirbt mit dem Onlinespiel "Rette uns wer kann" um neue Testleser – einem manichäischen Drama, in dem gewinnt, wer die Heuschrecken verjagt

Dann aber kamen die Heuschrecken, und „sie bedeckten das Land und verfinsterten es. Und sie fraßen alles Kraut im Lande auf und alle Früchte auf den Bäumen“. So steht es bei Moses. Schön blöd, wer sich von einem solchen Stoff nicht inspirieren lässt.

Das Neue Deutschland hat ihn nun, regietheatermäßig quasi, ins Heute geholt und lenkt damit nebenbei die Konkurrenz von der Arbeit ab, denn die muss das neue Onlinespiel erstmal austesten: Die Heuschrecken kommen in rette-uns-wer-kann.de, mit dem die Zeitung (auch im Freitag) um neue Testleser wirbt, als Glied einer veränderten Nahrungskette über das Land. Sie interessieren sich nicht für Kraut. Nein, sie nagen das Brandenburger Tor ab, bis das Bauwerk die Armutsgrenze (!) unterschreitet. Und sie haben mächtige Gefährten, etwa einen gut aussehenden Mann im gelben Sportwagen, von dem man, wüsste man es nicht besser, beinahe glauben könnte, er ähnele Guido Westerwelle.

Der Held des Spiels heißt Gregor: Er steht auf dem Tor, sammelt, bewegt vom Cursor, vom Himmel fallende ND-Ausgaben („Wer weiß, was gespielt wird, gewinnt“), Euro-Münzen („für eine sozialere Politik“) und faule Eier ein und versucht mit Letzteren die Heuschrecken zu vertreiben („Verteidige den Haushalt“). Die Besetzung des Helden in diesem manichäischen Drama lässt Raum für Spekulationen: Gregor wird dargestellt von einem kleinen, bebrillten, untersetzten, haarlosen Mann. Hat das Neue Deutschland tatsächlich den Schauspieler Danny DeVito gewinnen können? Oscar-reif.

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