Wird "Wowereit" echt?

Netzgeschichten Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit hat annähernd 5.000 Fans bei Facebook. Das Profil wirkt echt, ist es aber nicht. Noch nicht? Die SPD überlegt, ob sie es autorisiert

Klaus Wowereit ist der Name des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, manche haben vielleicht über Facebook von ihm gehört. "Klaus Wowereit" hat dort derzeit etwa 4.600 Fans, Tendenz steigend. Am 2. Dezember bekamen seine Facebook-Freunde eine Frage serviert: "Würdet ihr eine Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters durch das Volk begrüßen?"

Nun gibt es ja den einen oder anderen Prominenten-Account, hinter dem kein Prominenter steckt; etwa @Angie_Merkel bei Twitter ("Mein neuer #Sommerhut wirkt leicht aufgesetzt") oder @martinagedeck, die erfundene Ergebnisse von der Bundespräsidentenwahl durchstach, die dann in die ARD-Berichterstattung eingingen. Doch Abstimmungen über Fragen, die sich gerade nicht stellen, sind ein beliebtes Mittel, um Usern vorzugaukeln, dass man sie beteilige. Kurz: "Klaus Wowereits" Frage wirkte irgendwie echt. "Wowi will sich direkt wählen lassen", war daraufhin in der Zeitung zu lesen, und zwei Tage später lief die brandheiße Information über die Nachrichtenticker, dass sich bei Facebook "erst acht Nutzer zu Wort gemeldet" hätten. Wowi wendet sich ans Volk, keine Sau hört zu.

Der Bürgermeister hat kein Profil

Auch Wowereits Umfeld wurde so "Klaus Wowereits" gewahr. Man fühlte sich bemüßigt klarzustellen, dass der Bürgermeister kein Facebook-Profil habe. Senatssprecher Richard Meng erklärte, es gebe zudem keine Debatte über eine Direktwahl.

Dass die Geschichte nach all den Fake-Profil­geschichten noch erzählenswert ist, liegt daran, dass der Übergang ­zwischen "ist nicht echt" und "ist wohl echt" nie so fließend war. Das hat zwei Gründe: Der eine ist Wowereits Gegenkandidatin Renate Künast, die, als sie zur ­Direktwahl-Diskussion befragt wurde, antwortete, das müsse man "in Ruhe diskutieren". Sie sei "durchaus offen dafür". Aus der nicht geführten Debatte ist so eine geführte geworden; eine kleine zwar, aber sobald sich eine Spitzenpolitikerin beteiligt, muss nur noch Emotion eingerührt werden, dann reicht das für Hart aber fair (also die Wirklichkeit).

Der andere Grund ist, dass die Berliner SPD zur Kenntnis nahm, dass der Fake-Account "ordentlich gemacht" (also wohlwollend) sei. Und nachdem sich nach dem mittleren Presserummel laut SPD-Sprecherin Daniela Augenstein mittlerweile ein junger Parteigenosse dazu bekannt hat, hinter dem Face­book-Wowereit zu stecken, will man sich nun mit ihm zusammensetzen. Augenstein schließt nicht aus, dass das Fake-Profil noch autorisiert wird: "Wowereit" könnte Wowereit werden. 4.600 Fans wegzuwerfen, das kann sich nicht mal die SPD leisten.

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