Die Grundeinkommens - Woche (42/2018)

Grundeinkommens-News Einmal wöchentlich kommentieren wir hier neue Ereignisse zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen". Ein Service von denkfabrik-grundeinkommen.de

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In dieser Woche gab es einige Beiträge namhafter Autoren, die sehr interessant sind, die aber auch zeigen, wie festgefahren die Diskussion um das Grundeinkommen ist.

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In seiner Kolumne auf ZEIT ONLINE sagt Marcel Fratzscher: "Abschottung und bedingungsloses Grundeinkommen: Die Antworten der Populisten auf unsere polarisierte Gesellschaft sind durchschaubar."

Was gegen die AfD hilft

Der Ökonom ist für seine treffsicheren Analysen bekannt. Auch hier trifft er zunächst voll ins Schwarze:

Fast alle westlichen Gesellschaften erleben eine zunehmende soziale, wirtschaftliche und politische Polarisierung. Globalisierung und technologischer Wandel haben in den vergangenen vier Jahrzehnten zwar sehr viel Wohlstand geschaffen. Dieser wird jedoch sehr ungleich verteilt, sodass viele Menschen abgehängt werden und immer weniger Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft haben. [...] Menschen, die starke lokale Wurzeln haben, die Stabilität und Sicherheit schätzen, die sich stark mit ihrer Heimat identifizieren. Es sind Menschen, die dadurch meist nicht sehr flexibel und mobil sind, eine eher weniger gute Bildung und Ausbildung genossen haben und deren Ambition nicht primär hohe Einkommen und eine berufliche Karriere sind. All das macht sie verletzlich gegenüber wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen.

Er geht darauf ein, welche Antworten Populisten in dieser Situation geben. Neben der Suche nach Sündenböcken und dem Weg nationaler Abschottung nennt er auch die Forderung nach stärkerer Umverteilung. Fratzscher sieht darin keine nachhaltige Lösung.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen oder eine Verdoppelung der Sozialleistungen würde helfen, die Ungleichheit in Chancen und Wohlstand zu vergrößern und eben nicht zu reduzieren.

Begründet wird dies nicht, und etwas später widerspricht er sich selbst:

Eine soziale Marktwirtschaft erfordert ein besseres Bildungs- und Ausbildungssystem, eine wirkliche Chancengleichheit, in der die Lebenschancen eben nicht von der eigenen Herkunft abhängen. Menschen brauchen Unterstützung, die diese nicht von ihrer Familie erhalten oder aus eigener Kraft aufbringen können.

Gerade ein BGE würde dafür ja eine Voraussetzung schaffen. Aber - wie eingangs gesagt - die Diskussion ist festgefahren, und jeder hat seine Vorstellung von Zweck und Wirkung eines Grundeinkommens.

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In der Süddeutschen Zeitung widmet sich Franziska Augstein dem BGE. Sie sagt: "Wer die Idee für Mumpitz hält - was auch in dieser Kolumne schon sinngemäß so zu lesen war -, muss sich indes klarmachen, dass die Arbeitswelt von morgen ganz anders sein wird als die von heute."

Augsteins Welt. Nach dem Ende der Arbeit

Einige Aussagen sind recht gewagt:

Freilich, niemand weiß zu sagen, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen motivierend wirken würde. Etliche Experimente wurden angestellt: in Kenia, Finnland, den USA, Kanada, Brasilien. Und sie glückten.

Was daran geglückt sein soll, wird nicht erläutert, aber sie sagt richtig:

Aber die Bedachten wussten, dass sie mit den Gratis-Zuwendungen zu Ausnahmemenschen wurden - und verhielten sich möglicherweise deshalb entsprechend verantwortungsbewusst.

Dies ist, neben vielen anderen Problemen, ein wichtiger Grund, warum sich das BGE nicht testen lässt.

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Christoph Butterwegge bringt sich auf Portal für Politikwissenschaft gegen das BGE in Stellung. Schon die Überschrift spricht Bände.

Pfadwechsel ins soziale Nirwana? Das bedingungslose Grundeinkommen als Irrweg der Wohlfahrtsstaatsentwicklung

In gewohnter Weise werden ohne jeden Diskurs alte Behauptungen aufgetischt:

Wegen der immensen Kosten des Grundeinkommens müssten seine Befürworter die Sozialversicherung und andere Transferleistungen (zum Beispiel Elterngeld, Wohngeld und Sozialhilfe) abschaffen. Durch das bedingungslose Grundeinkommen würden sich auch der Kündigungsschutz, Tarifverträge und Mindestlöhne erübrigen. [...] Dagegen sieht das Grundeinkommen von den konkreten Arbeits-, Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner Bezieher*innen ab. Es wird sämtlichen Bürgern in gleicher Höhe gezahlt – ganz egal, ob sie Spitzensportler oder schwerstbehindert, ob sie Villenbesitzer oder obdachlos, ob sie Multimilliardär, Müllwerker oder Multijobberin sind.

Immerhin haben die vielen Debatten, in denen Butterwegge immer wieder mit anderen Argumenten konfrontiert wurde, ihm ein Zugeständnis abgerungen:

Wenn das bedingungslose Grundeinkommen überhaupt einem Gerechtigkeitsprinzip genügt, dann jenem einer „Chancen-“ oder „Teilhabegerechtigkeit“, unter der neoliberale Kritiker des Sozialstaates die Möglichkeit der Individuen verstehen, sich gemäß ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten eigenverantwortlich zu entwickeln.

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Für seine direkte Art bekannt, kommt SPD-Politiker Ralf Stegner gleich auf den Punkt:

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist unsozial

Ich habe noch nie soviel Blödsinn über das BGE so komprimiert gelesen. Kostprobe:

Alle sollen blind gleich gefördert werden, unabhängig davon, ob sie bedürftig sind oder nicht. Ich will aber nicht die Pflegerin im Schichtdienst mit ihren Steuern dafür zahlen lassen, dass ein Star-Jurist einen netten öffentlichen Zuschuss für den nächsten Luxus-Urlaub bekommt. [...] Der Dachdecker würde für jene bezahlen, die keine Lust haben zu arbeiten, während Frauen in konservativen Familien mit einer Art Herdprämie 2.0 von der Erwerbsarbeit abgehalten werden würden.

Unbedingt lesen! Vielleicht können Sie ergründen, ob das Demagogie oder einfach nur Ignoranz ist.

Diese Übersicht wird zusammengestellt von

Denkfabrik Grundeinkommen

Hier finden Sie den Beitrag der Vorwoche

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Klaus Fürst

Es ist die unüberwindliche Irrationalität, die dem Menschen den Ausgang aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit versperrt.

Klaus Fürst

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