Frank Junker ist ein guter Rechner. Der Geschäftsführer der ABG Frankfurt, einer der größten Wohnungsgesellschaften Deutschlands, verwaltet rund 23.000 Wohnungen und entwickelt und betreut Immobilienprojekte. Und zwar klimaverträglich. Seit 17 Jahren baut die ABG neue Gebäude so, dass sie als Passivhäuser keine Energie von außen brauchen oder sogar als Aktivhäuser über ihren eigenen Bedarf hinaus welche produzieren. Zwei der drei Millionen Quadratmeter Fassaden, die das Wohnungsunternehmen betreut, sind gedämmt. „Wir würden das nicht machen, wenn wir keine positive Rendite erwirtschaften könnten“, sagt Junker. Das Beispiel zeigt: Klimaverträgliches Wohnen ist schon heute möglich und rentabel. Und das nic
d das nicht wegen, sondern trotz der Regierungspolitik der vergangenen vier Jahre.Die Bundesregierung hat sich 2013 das Ziel gesetzt, bis 2020 rund 40 Prozent der deutschen Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen. Dieses Ziel wird die Regierung nicht mehr erreichen: sie müsste in den nächsten drei Jahren noch 160 Millionen Tonnen jährliche Emissionen einsparen. Das ist das Vierfache dessen, was in den letzten Jahren geschafft wurde.Für die Energiewende im Gebäudesektor bräuchte es zweierlei: eine gute Dämmung und erneuerbare Energien fürs Heizen und Kühlen. Bis 2020 will die Regierung den Wärmeenergiebedarf der Gebäude um 20 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2008 senken. Geschafft sind erst knapp zehn Prozent. In dieser Legislaturperiode ist kaum etwas passiert, weil die Große Koalition vor allem auf Info-Kampagnen setzte, statt anspruchsvolle energetische Standards für Gebäude durchzusetzen. „Die reine Information reicht nicht aus, wir brauchen auch ordnungsrechtliche Vorgaben“, sagt der Energieexperte Veit Bürger vom Öko-Institut in Freiburg.Von Ambitionen ist nicht mehr viel übrigKurz vor der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens im November 2015 berechnete die Bundesregierung, wie viel Wärmeenergie Gebäude in Deutschland verbrauchen dürfen, damit die Immobilien im Jahr 2050 klimaneutral sind. Als die Regierung im Frühjahr 2017 einen Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorlegt, ist von dieser Ambition nicht mehr viel übrig. So gelten die neuen Regelungen nur für Neubauten und erst einmal nur für öffentliche Gebäude. Private Bauherren dürfen noch bis 2021 nach einem sehr weichen Standard weiterbauen. Damit erfasst das neue Gesetz gerade mal den kleinen Zeh des „schlafenden Riesen“, wie Klimaschützer die deutsche Wärmewende nennen.Doch es kommt noch dicker: Mit einem Brief an Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hat ein kleiner, aber einflussreicher Kreis von Unionspolitikern im Frühjahr 2017 das Gebäudeenergiegesetz von der Tagesordnung verschwinden lassen. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Vizechefs der CDU/CSU-Fraktion Michael Fuchs und Georg Nüßlein.Geplatzt ist das GEG aufgrund von Lobbyinteressen. Der Gesetzesentwurf verlange einen Standard für Neubauten, der nicht wirtschaftlich sei, ließ sich Kanzleramtschef Altmaier in dem Brief belehren. Das Argument hatten die größten deutschen Immobilienverbände GDW und ZIA vorgebracht – aus Angst, der Standard für öffentliche Gebäude könne künftig auch für die Privatwirtschaft gelten.Auch bei Heizungen geht es nicht voranNeben der Dämmung kommt der Klimaschutz auch beim Einsatz von erneuerbaren Energien zum Heizen nicht voran. Seit Jahren ist im Gespräch, nicht nur für Neubauten, sondern auch für bereits bestehende Gebäude festzulegen, dass sie einen Teil ihrer Wärmeenergie aus erneuerbaren Energien beziehen müssen. Baden-Württemberg hat eine solche Pflicht eingeführt. Auf Bundesebene lehnten SPD und CDU einen entsprechenden Vorschlag der Grünen ab.Der Anteil verkaufter Heizungen, die erneuerbare Energien nutzen, ist im Gebäudebestand in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, sondern stark gesunken: von 37 Prozent im Jahr 2009 auf zuletzt unter 23 Prozent (siehe Grafik).Eine Besteuerung etwa durch eine CO2-Abgabe könnte daran etwas ändern. Stattdessen fördert der Staat über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Einbau von Öl- und Gasheizungen mit durchschnittlich 1.300 bis 1.400 Euro. Und zwar immer häufiger: 2009 war nur jede zehnte geförderte Heizung eine Öl- und Gasheizung – heute ist es fast jede zweite. Jede fossile Heizung aber führt dazu, dass die Abhängigkeit von den Fossilen auf Jahrzehnte zementiert wird – auch wenn sie als moderne Gasheizung effizienter ist als ihre Vorgängerin.Ein Ausstiegsdatum für fossile Heizsysteme ist nicht in Sicht: Aus dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist die ursprüngliche Formulierung, „spätestens mit dem Jahr 2030“ auf die Neuinstallation fossiler Heizsysteme zu verzichten, herausgestrichen worden.Wie die Bundesregierung damit in gut dreißig Jahren einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen will, bleibt schleierhaft.