Die gefährliche Uneindeutigkeit der CDU

#unteilbar Grenzt Michael Kretschmer sich gegen die Antifa ab, dann positioniert er die CDU außerhalb des antifaschistischen Grundkonsens der bundesrepublikanischen Gesellschaft

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Nie wieder: Für Michael Kretschmer scheint der antifaschistische Grundkonsens kein solcher zu sein
Nie wieder: Für Michael Kretschmer scheint der antifaschistische Grundkonsens kein solcher zu sein

Foto: John Macdougall/AFP/Getty Images

Die #unteilbar-Demo am 24. August 2019 in Dresden findet ohne Teilnahme der CDU und ohne Teilnahme des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer statt. Die taz (Dresden wird #unteilbar) zitiert Kretschmer mit dem Satz: „Ich finde es gut und wichtig, dass es Menschen gibt, die die Demokratie und den Rechtsstaat bei der ,unteilbar-Demonstration verteidigen möchten. Auch dass sie ein Zeichen gegen die AfD setzen wollen, kann ich nachvollziehen. Dafür haben sie meinen Respekt.“

Angesichts der vielen erschreckenden Nachrichten in den letzten Jahren über mangelnde Abgrenzung der Sachsen-CDU gegenüber der neu-faschistischen AfD und anderer rechtsextremer Gruppen und enger Beziehungen zwischen Teilen der sächsischen Polizei, Justiz und Verwaltung kann man einen solchen Satz lesen als vorsichtigen ersten Schritt in Richtung einer Abgrenzung gegen die extreme Rechte und rechten Terror.

Doch im gleichen Kontext sagte Kretschmer laut taz: „Aber ich kann als CDU-Vorsitzender und Ministerpräsident nicht bei einer Veranstaltung dabei sein, bei der auch Kräfte wie die Antifa mit von der Partie sind.“

Dieser zweite Satz nichtet leider den ersten. Denn wenn Kretschmer sich nicht mit Antifaschisten von der Antifa gegen die AfD und andere rechte Gruppen stellen will, dann bringt er damit indirekt auch zum Ausdruck, dass er seine Partei, die CDU, nicht als antifaschistische Partei versteht. Da sich die #unteilbar-Demo gegen die von AfD und Pegida vertretene Politik richtet, gesteht Kretschmer damit auch implizit zu, dass sich bei AfD und Pegida um faschistische Gruppierungen handelt.

Der Konsens wird negiert

Bei allen politischen Differenzen zwischen den demokratischen Parteien in der Bundesrepublik gab es als historische Lehre auf der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur immer – zumindest theoretisch – den einen Grundkonsens, die eine Gemeinsamkeit: Die Abgrenzung gegen Nazis, die Abgrenzung gegen Faschisten. Mit seiner zweiten Aussage positioniert Kretschmer die CDU außerhalb dieses Grundkonsenses und außerhalb des Grundgesetzes.

Sollte Kretschmer sich tatsächlich nach recht stärker abgrenzen wollen, was man/frau seiner ersten Aussage entnehmen kann, dann ist das zu begrüßen – weil lange überfällig. Dann muss er aber um seiner Glaubwürdigkeit willen die zweite Aussage zurücknehmen und zeigen, dass er bereit und fähig ist, die Spannungen eines solchen antifaschistischen Grundkonsenses auszuhalten und sich gemeinsam mit der Antifa gegen die extreme Rechte, gegen ein Wiederaufflammen des Faschismus stellen.

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Geschrieben von

klute

Jürgen Klute, Mitglied des Europäischen Parlaments von 2009 - 2014. Theologe, Sozialpfarrer, Publizist & Politiker aus dem Pott.

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