Ein finanzieller Fallrückzieher vom feinsten

Backup-Deal... Die Münchener AZ berichtet ausführlich über weitere Hintergründe zum "Fall Hoeness" - Das Schweizer Magazin "Bilanz" berichtet ebenfalls.

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Ulrich Hoeness ist rechtskräftig verurteilt. Drei Jahre und sechs Monate Haft wegen Steuerhinterziehung im zweistelligen Millionenbereich. Inzwischen wundern sich viele über die schnelle Abwicklung des Verfahrens, obwohl bereits in den vier Tagen des Prozesses ständig von weiteren neuen Fragen die Rede war und sich die genannten Summen vom ersten Moment an sprungartig erhöhten.

Im Schweizer Magazin "Bilanz" und in der Münchener "AZ" wird außerdem offen die Frage gestellt, ob es in diesm Fall zu "Backup-Deals" kam. Diese Frage, oder vielmehr eine mögliche Antwort darauf, könnte einer der Gründe dafür sein, warum nur vier Tage verhandelt wurde und warum das Urteil gleich rechtskräftig wurde.

Was nun genau ist ein "Backup Deal"?

Angenommen, ein erfolgreicher Unternehmer in Deutschland betreibt zusätzlich ein Bankkonto im Ausland. Auf diesem Konto liegen Gelder, die einmalig in Deutschland versteuert wurden, oder Gewinne, die im Ausland erzielt wurden.

Auf seinem Bankkonto hier in Deutschland hat der Unternehmer den gleichen Betrag auch noch einmal zur Verfügung. Wenn jetzt, wie im Fall Hoeness, auf den Anstieg oder Fall von Währungen zueinander spekuliert wird, bietet diese Konstruktion die Möglichkeit, in einem Land, auf den Anstieg einer Währung zu spekulieren, und im anderen Land auf deren Fall.

Nun wird man fragen, wozu das gut sein soll, auch wäre das ja keine Spekulation mehr, sondern eher so, als würde man im Kasino beim Roulette sowohl auf Schwarz, als auch auf Rot setzen.

Das stimmt fast, aber nicht ganz, denn erstens hat man Experten, und die Chancen am Devisenmarkt sind etwas genauer einzuschätzen als beim Roulette. Es gibt also eher ein stärker zu erwartendes Ergebnis. Auf dieses Ergebnis (z. B. die Währung steigt) spekuliert man von dem Konto im Ausland. Auf das gegenteilige Ergebnis von dem Konto im Inland.

Tritt das erwartete Ergebnis nicht ein, sondern das gegenteilige, hat man nichts verloren, denn man hat ja im Inland auf einen sinkenden Kurs der Währung gewettet und der Gewinn im Inland gleicht den Verlust im Ausland wieder aus. In diesem Fall ist es ein Nullsummenspiel.

Tritt aber das erwartete Ergebnis ein, und die Währung steigt, dann erzielt man im Ausland einen steuerfreien Spekulationsgewinn und im Inland einen Spekulationsverlust, den man praktischerweise auch noch gegen seine Gewinne aus anderen Geschäften gegenrechnen, also steuerlich geltend machen kann.

Bei diesem Konstrukt, kann es sein, das man phasenweise keine nennenswerten Erträge erzielt, aber einen größeren oder möglicherweise sogar Totalverlust kann es nicht geben. Somit ist ein solches Verfahren auch keine Spekulation mehr, sondern ähnelt schon eher betrügerischem Handeln, was aber, und das muss an dieser Stelle betont werden, von staatlicher Seite Jahrzehnte lang geduldet wurde und, so lang man seine ausländischen Einkünfte im Inland versteuert, auch weiterhin legal ist.

Ulrich Hoeness ist verurteilt und nach unserem (guten) Rechtsverständnis darf niemand, nach einem ergangenen Urteil, erneut für die gleiche Tat angeklagt werden. Das sein Fall publik wurde ist bedauerlich, denn letztlich gelten auch für Prominente die Persönlichkeitsrechte und wohl ist dieses mit ein Grund dafür, das das Verfahren bereits nach vier Tagen beendet wurde.

Aber die Frage, inwiefern dieses schnelle Urteil auch verhindern soll, das auf weiterhin vollkommen legale Möglichkeiten der Gewinngenerierung für Wohlhabende, der "Ottonormalverbraucher" hat in der Regel kein Hotel oder keine Wurstfabrik, deren Gewinne er mit seinen Spekulationsverlusten verrechnen kann, ein verschärfter Blick geworfen wird, steht im Raum. Hier hat, nach hoffentlich weiteren aufklärenden Artikeln in der Presse, die Politik eine Bringschuld, denn es könnten auch Gesetze erlassen werden, die ein solches Vorgehen verhindern oder wenigstens erschweren.

Abschließend kann man sich vielleicht auch einfach mal die logische Frage stellen, inwiefern jemand, der angeblich aus fünf Millionen Euro und einer Bürgschaft von weiteren 15 Millionen, nur durch Spekulationen, phasenweise auf Beträge von fast 200 Millionen EUR, wie "Bilanz" berichtet, kam, noch eine Wurstfabrik braucht.

Weitere Informationen:

In "Bilanz"vom 25.03.2014 von Leo Müller

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Geschrieben von

knattertom

reisewütiger Mit40er der "D" den Rücken gekehrt hat, um neues zu entdecken. Interessierter Beobachter von aussen so to say...: knattertom@freenet.de

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