Mogulismus IV

Focus 1930er - Die Auseinandersetzungen um die Aktivitäten der Hearst-Presse werden in der Polemik von Hamilton Basso in "The New Republic" v. 08.05.1935 zusammengefasst.

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Die bereits in Teil III verlinkte polemische Antwort von Hamilton Basso in "The New Republic" auf eine Anzeigenkampagne der Hearst-Presse, ist der vierte Teil der Mogulismus-Reihe.

Der Originaltitel lautet:

From the Stacks: “Mr. Hearst's Apostolic Creed”

Ein Inserat

Mr. Randolph Hearst lies vor kurzem Werbeanzeigen in verschiedenen Zeitungen abdrucken. Es ist eine lange Werbeanzeige. Zweispaltig füllt sie eine gesamte Seite. Da Mr. Hearst selbst eine Reihe von eigenen Zeitungen besitzt, in welchen er alles veöffentlichen kann, was ihm beliebt, bedeutet die Tatsache, dass er für eine Anzeige bei fremden Zeitungen bereit ist, Geld auszugeben, eine bemerkenswerte Nachricht. Die Anzeige besagt in ihrer Titelzeile: „Die Hearst Zeitungen stehen für Amerikanismus und für die wahrhafte Demokratie“. Das ist sehr schön. Mr. Hearst veröffentlicht nun schon seit 1887 Zeitungen und nach all den Jahren ist es gut zu wissen, für was die Hearst-Presse steht. Man könnte allerdings meinen, und das nur am Rande, dass ein Herausgeber es nach 48 Jahren nicht mehr nötig haben sollte, Werbeanzeigen zu kaufen, um mitzuteilen, wofür seine Zeitungen stehen. Diese Anzeigen, erfüllen jedoch noch einen anderen Zweck. Sie beschreiben, was man wohl als Mr. Hearsts „Credo“ verstehen soll: „Das ist, woran ich glaube. Das sind meine Verlagsprinzipien. Das ist meine Philosophie.“ Aus diesem Grund, verdient dieses Veröffentlichung mehr als nur kurze Aufmerksamkeit – auch wenn es nicht möglich sein wird, sämtliche Erklärungen zu hinterfragen. Sie sollte nicht nur daran gemessen werden, was Mr. Hearst sagt, sondern auch daran was er getan hat. Solch eine Betrachtung, brächte nicht nur die Operationen der mächtigsten Zeitungskette der Welt ans Tageslicht, sondern wäre auch ein (natürlich unvollständiges) Portrait eines Mannes.

"Die Hearst-Zeitungen sind amerikanische Zeitungen für Amerikaner. Sie unterstützen das amerikanische Regierungssystem, die amerikanische Verfassung, amerikanische Institutionen und amerikanische Ideale."

Das ist keine Aufklärung sondern nur Wiederholung. Mr. Hearst redet über seinen Amerikanismus seit nun fast 50 Jahren. Wie beispielsweise Anfang 1917, als anti-deutsche Stimmung zunahm und man ihn, nicht unbegründet, einer pro-deutschen Einstellung verdächtigte, und er den Redakteur seines „New York – American“ anwies, die Titelseite mit amerikanischen Flaggen einzurahmen, natürlich, um seinen Patriotismus zu demonstrieren. Mr. Hearst stand schon immer für Patriotismus. Ginge es nach ihm, gäbe es keinen anderen so patriotisch wie er selbst. Nehmen wir den Spanisch-Amerikanischen Krieg. Hatte er nicht das Land in einen Zustand der Hysterie versetzt und gegen [den Präsidenten] McKinley gewettert, weil er glaubte, ein ordentlicher Krieg würde auch die Geschäfte ordentlich ankurbeln, oder weil bestimmte seiner Freunde aus der Industrie, deren Freundschaft er sich durch seine Unterstützung für Bryan [Präsidentschaftskanididat] erworben hatte, und die 50 Mio. US$ in kubanischen Minen, Plantagen und der Eisenbahn investiert hatten? Nicht im geringsten. Er sorgte für den Krieg auf Cuba, weil er ein Patriot ist. Das dabei zufällig innerhalb von sechs Wochen die Auflagen des „The New York Evening Journal“ über 500.000, und die des „The Morning Journal“ über 200.000 stiegen, hatte für ihn keine Bedeutung, rein gar keine.

Mr. Hearst war auch ein Patriot, gemäß seinen eigenen Editorials, als er versuchte uns zu einem Krieg mit Mexico zu drängen. Ein Artikel in einer seiner New Yorker Zeitungen, veröffentlicht am 24. April 1916, war ein höchst patriotisches Dokument. „Der Krieg hat begonnen“, hieß es dort reißerisch, „die Vereinigten Staaten und ihre Männer und die Schiffe sind unterwegs, auf dem Weg in den Krieg mit einem Land, um ein Land und für die Annektierung und dauerhafte Befriedung jenes Landes...., schon bald werden Sie die Landkarten eines neuen großen Teils der USA studieren, der heute noch Mexico genannt wird. Diese neue Landkarte, als Teil der U.S.A, mit dem Rio Grande, der das Land durchfließen und nicht mehr begrenzt, wird der neue Teil der Vereinigten Staaten von Nordamerika sein.“ Und sollte dies, warum auch immer, für Sie wie Chauvinismus und Imperialismus klingen, würde Ihnen Mr. Hearst klarmachen, das Sie spinnen. Das ist Patriotismus. Und als Mr. Hearst den Fall Dean Jennings auskämpfte und sich gegen die N.R.A. [National Rifle Association] stellte, war das ebenfalls Patriotismus. Er ist ein sehr patriotischer Mann.

"Die Hearst-Zeitungen stehen auf der Seite amerikanischer Unabhängigkeit, amerikanischer Rechte und Freiheiten, freie Rede, Versammlungsfreiheit, Freiheit der Meinung und der Tat, und der Pressefreiheit."

Da sehen Sie's. Was könnte mutiger, nobler und besser sein als das? Hätte George Washington etwas überzeugenderes sagen können – oder Thomas Jefferson oder Abraham Lincoln oder Patrick Henry? Egal von welcher Seite Sie es betrachten, kommen Sie nicht drum herum zu erkennen, dass Mr. Hearst ein patriotischer Mann ist. Es ist ein Privileg in dem gleichen Land mit Mr. Hearst zu leben. Nicht jede Nation hat einen wie ihn an der Spitze einer Zeitungskette, die zehn Millionen Leser erreicht und deren Freiheiten verteidigt.

Über die "ACLU"

Betrachten Sie bloß die Art und Weise in der Mr. Hearst „Amerikanische Rechte und Freiheiten“ in dem Editorial mit dem Titel „Civil Liberties Union“, veröffentlicht im „The New York American“ vom 27. März diesen Jahres, verteidigte:

"Wenn von Roger Baldwin, Direktor und Vordenker in der „American Civil Liberties Union“, etwas in der Presse erscheint, lüftet er die Maske dieser Bewegung ein wenig. Die Maske ist Rot, Weiss und Blau. Das Gesicht aber, das teilweise hinter der Maske zum Vorschein kommt, ist ROT....., Die Maske begann zu zerbröseln, als Roger Baldwin am 8. April 1933 in der New York Times schrieb: „Zivile Freiheiten, wie Demokratie, nützen uns nur als Werkzeuge für Veränderungen... Ich will diese Freiheit der Agitation erhalten, denn sie dient nicht vorrangig als ein politisches Prinzip an sich, sondern vor allem als Mittel zur Überwindung von wirtschaftlichen Konflikten mit einem Minimum an Gewalt.“Was ist diese „Veränderung“, auf die Mr. Baldwin und seine Gewerkschaft abzielt? Es ist nicht Faschismus, es ist auch nicht MEHR Demokratie, Es ist ganz sicher keine Theokratie. ES KANN NUR KOMMUNISMUS SEIN...... Nochmal sagt er an anderer Stelle: „Ich halte grundsätzlich wirtschaftlicher Freiheit für wichtiger als zivile Freiheit.“ Diese „wirtschaftliche Freiheit“ ist, natürlich, die Etablierung einer Herrschaft des Proletariats in Amerika und die weitreichende Beschlagnahmung allen privaten Eigentums.Und jetzt kommt er auch noch mit einer langen Schmähschrift gegen die „Rote Angst“ in einem Wochenmagazin daher. Er heult, wimmert, bellt und spuckt gegen die anti-Kommunistengesetzte vor dem Kongress – sich auf die, im insgeheimen verachteten, verfassungsmässigen Bürgerrechte berufend. Er berfürchtet, dass diese Gesetze unsere Bürgerrechte bedrohen – diese besonderen bürgerlichen Freiheiten, von denen er selbst sagt, sie seien nur ein Werkzeug in seiner Hand um die „rote Angst“ in eine TATSACHE in Amerika zu verwandeln.Wenn sie bedroht sind, wenn sie mit dem Rücken zu Wand stehen, diese Angreifer gegen die bürgerliche Freiheit, verweisen sie auf die fundamentale amerikanische Doktrin der bürgerlichen Freiheiten um sich zu schützen.Der Kongress sollte der „American Civil Liberties Union“ damit antworten, dass die politischen Überzeugungen und geheimen politischen Verbindungen ihrer Mitglieder genauer untersucht werden."

Also dann! Wenn Sie das nicht überzeugt, dass Mr. Hearst an die „Bill of Rights“ glaubt, dann sind Sie ein hoffnungsloser Fall. Dann sind Sie nur ein böser, alter Zyniker mit chronischen Verdauungsbeschwerden und Magengeschwüren. Sie würden noch nicht einmal einen Patrioten erkennen, wenn Sie versehentlich auf einen drauftreten. Bedenken Sie nur, Sie alter Stalin-Freund, wie sich Mr. Hearst für die Verteidigung unserer Versammlungsfreiheit in seinem Editorial über „Schulhof-Propaganda“, veröffentlich im „The New York American“ am 9. April bemühte:

"Unter Anstiftung der „American League Against War and Fascism“ - eine der offensichtlichsten Frontorganisationen des Kommunismus in diesem Land – wurden Vorschläge dazu gemacht, dass Schüler in den staatlichen Schulen ihre Klassenräume verlassen, oder die Erlaubnis dazu haben, um für eine Stunde am Freitag gegen Krieg zu demonstrieren.

Der Superintendent der Schulen, Campbell, hat daher einen Rundbrief an alle Fakultäten versandt, in dem dieser Vorschlag förmlich abgelehnt wird.

Die Schulverwaltungen müssen sich an diese Erklärung von Prinzipientreue und Disziplin gebunden fühlen.

Halten Sie die professionellen Agitatoren von den Schulen fern!"

Nun wie, im Namen von Bunker Hill, könnte irgendjemand stärker und militanter für die Versammlungsfreiheit eintreten? Was wollen Sie eigentlich noch? Sie sind offensichtlich einer von denen die glauben, dass einer, der nicht an den Krieg glaubt und daran, sich in Stücke schießen zu lassen, das Recht hat, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Ein schöner Amerikaner sind Sie mir. Sie sollten sich was schämen. Und Sie sollten sich ein Beispiel an der Verwaltung des Hunter College in New York City nehmen, die sechs Studenten für ihre Teilnahme an den Demonstrationen suspendiert haben. Das sind wahre Amerikaner. Die wissen, wie man unsere Freiheiten beschützt.

Sie müssen verrückt sein

Und wenn Sie glauben, dass Mr. Hearsts mutigen Forderungen irgendetwas mit der Sichtweise dort zu tun hatten – sind Sie verrückt. Dann sind Sie so verrückt, dass Sie nicht einmal wissen, wie verrückt Sie sind. Unmöglich für Sie, bei diesem Grad der Verrücktheit, zu erkennen, wie tapfer Mr. Hearst die Meinungsfreiheit in seinem Editorial „Keep the faith of our fathers“ verteidigt hat. Veröffentlicht im „Los Angeles Examiner“ am 24. Februar:

"Einhundert Vassar und Skidmore Collegemädchen sind am Dienstag im Protest gegen die Nunan Bill nach Albany marschiert, in welcher gefordert wird, dass Studenten den Treueeid auf die Vereinigten Staaten ablegen müssen.

Es ist schwierig zu erkennen, aus welchen, möglicherweise ehrenwerten und begründeten Motiven, diese lächerlichen jungen Frauen, einen Treueeid auf die Nation ablehnen, die Ihnen den Schutz des Lebens, der Freiheit und dem Streben nach Glück ermöglicht und Sie beim erlangen dieser Privilegien schützt.

Es sollte Schluss damit sein, verräterische Einstellungen und Aktivitäten in diesem Land nicht als solche zu bewerten. Jene in diesem Land, die durch die Nation geschützt werden, die sowohl die Vorteile als Staatsbürger nutzen, als auch die allgemeinen Vorteile, welche das Land den Mitgliedern seiner Gemeinden bietet, sind entweder loyal oder unloyal gegenüber dem Gewährer dieser Vorteile.

Sind sie unloyal, sollten Ihnen die Vorteile eines Staatsbürgers verwehrt werden; und wenn sie die Staatsbürgerschaft ablehnen, sollten sie ausgewiesen werden, um späteren subversiven Aktivitäten, gegen den Frieden und die Sicherheit der Nation vorzubeugen.…..

Was soll mit den verbundenen Professoren der Sowjet-Erziehung, jenen Mitgliedern der Beratungsgesellschaft der Moskauer Universität, jenen befugten Multiplikatoren kommunistischer Propaganda in den Vereinigten Staaten passieren?.......

Was soll man mit Lehrern wie Hallie F. Flanagan, Professor am Vassar College und Susam M. Kingsbury, Professorin am Bryn Mawr College machen? Was soll mit solchen Professoren wie George S. Counts, John Dewey, I. L. Kandel und William F. Russell von der Columbia University passieren? Was fängt man an mit Professoren wie Henry Pratt Fairchild und Harry Woddburn Chase oder John W. Withers und Harry W. Zorbaugh von der New York University? Was mit den Professoren Robert M. Hutchins und Charles H. Judd von der University of Chicago und den Professoren Frank P. Graham und Howard W. Odum von der University of North Carolina?…...

Wie lange werden solche Lehrer und solche Lehrinhalte noch von den loyalen Menschen in den Vereinigten Staaten toleriert? …..

Wie lange wird unsere Regierung das Fortführen dieser aufrührerischen Aktivitäten erlauben und die Verbreitung subversiver Propaganda direkt vor den Augen unserer Volksvertreter zulassen?"

So wie Sie ticken, erkennen Sie es vielleicht nicht, aber all dieses dient der Verteidigung der Meinungsfreiheit. Es ist die Erneuerung der Prinzipien, auf denen dieses Land einst gegründet wurde. Es ist Amerikanismus. Es handelte sich auch um Amerikanismus, als Mr. Hearst seine Reporter, als Studenten getarnt, an die Columbia University und die Syracuse University schickte, um dort Professoren zu interviewen , mit dem Auftrag, jenen ein Bekenntnis zum Kommunismus zu entlocken; um anschliessend mit brüllenden Schlagzeilen: „fegt die Kommunisten vom Campus“ [„drive the reds from the Campus“] zu fordern. Für einen denkenden Menschen ist es einfach unmöglich zu glauben, das dieses eine „rote Socken Kampagne“ ist. All diese Leute, die sagen, dass Mr. Hearst versucht eine Welle des Terrors und der Einschüchterung in die Universitäten zu tragen, sind einfach alles einsame Rufer im Wald.

Mr. Hearsts Zeitungen stehen für Amerikanismus und aufrichtige Demokratie. Falls Sie das nicht glauben, lesen Sie dieses Inserat. Das sollte Sie überzeugen. Ja, Sir, da gibt es keinen Weg drum herum. Dieses Land hatte niemals einen wirklicheren, überzeugteren Amerikaner als Mr. Hearst.

Der Patriot

Wer, ausser einem solchen Amerikaner, würde über einen Professor der University of Chicago sagen, dass er ein vergifteter Köder „für die Moskauer Mafia“ war, den man, als Kommunisten, schnell los werden sollte? Wenn die Zeit für eine Liste der patriotischsten, 100prozentigen Amerikaner, die dieses Land je hatte, gekommen ist, wird Mr. Hearsts Name diese vor allen anderen anführen, in 72-Punkt-Gothic-Fettschrift. Sie werden Ihm sogar ein Denkmal setzen.

"Die Hearst-Zeitungen sind Anwälte eines verbissenen Individualismus und der industriellen Unabhängigkeit und des Unternehmertums, welches unser Land zum reichsten und großartigsten in der Welt gemacht haben,..... Sie glauben an das, so genannte, kapitalistische System,welches das einzig praktikable System von nachweislichem Wert ist, mit angemessener Belohnung als Verdienst."

Darüber wird sicher niemand mit Mr. Hearsr streiten wollen. Es soll jedoch daran erinnert sein, dass Mr. Hearst nicht nur einer der mächtigsten Zeitungsherausgeber ist. Er ist auch einer unserer größten Kapitalisten. Seine Zeitungsflotte, im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar repräsentiert nur einen kleinen Teil seinen Glücks. Er hält große Anteile an der San Luis Mine in San Dimas, Mexico (was etwas mit seiner Annexions-Kampagne von 1914 zu tun gehabt haben mag), der Ophir Mine in Nevada, der Ontario Mine in Utah, der Anaconda Mine in Montana und der Homestake Mine in South Dakota – letztere, derzeit grösster Goldförderer der Welt. Die Homstake allein erreichte im Jahr 1933 einen operativen Nettoprofit von 8.735.225 US-Dollar und zahlte eine Extradividende von 18 US-Dollar pro Anteil in 1934 und einen weiteren von 4 Dollar im Februar 1935. Er ist auch einer der Haupteigner der Cerro de Pasco Copper Company [Kupfer] in Peru, eine Gesellschaft, deren Aktiva mit 40.000.000 US-Dollar gelistet sind und der 730 Claims mit einer Fläche von mehr als 5.000 Hektar gehören.

Diesen Anteilen hat Mr. Hearst noch eine Mehrheitsbeteiligung an der American Metals Company hinzugefügt, die Erze im- und exportiert, und deren Aktiva im Dezember 1933 mit 77.771.443 US-Dollar notierten, und andere Beteiligungen in Nordrhodesien [Sambia], New Mexico, Cuba, Oklahoma, und Pennsylvania. Er ist außerdem stark beteiligt an der Pacific Title and Trust Company, der National Surety Company, dem Irving Trust und der Santa Eulalia Mining Company. Nicht der wertloseste Teil der Hinterlassenschaft seines Vaters an Mr. Hearst, war dessen Finanzberater Mr. Edward H. Clark. Dieser zurückhaltende Gentleman dient Mr. Hearst mit voller Hingabe, er beaufsichtigt nicht nur die Einflußnahme von Hearst auf Firmen wie die Homestakes Mine, deren Präsident er ist, sondern fungiert auch als Direktor in den Aufsichtsräten der Hearst Film, Radio und Zeitungsunternehmen, sowie den New Yorker Immobilienfirmen und verschiedenen kalifornischen Landwirtschaftsbetrieben.

Dann, noch obendrauf (was nicht den Anspruch hat, eine vollzählige Auflistung von Mr. Hearsts Reichtum zu sein) kommen seine enormen Landwirtschaft- und Immobilienbeteiligungen. Mr. Hearst besitzt so viel Land in Kalifornien, dass niemand, vielleicht nicht einmal Mr. Hearst selbst, weiss, wieviel er sein Besitz nennt. Sein Anwesen in San Simeon, wo er lebt wie ein feudaler Lord in einem Phantasieschloß, bekannt unter dem Namen „Der verzauberte Hügel“ [La Cuesta Encantada], umfasst allein mehr als 400 Quadratmeilen. In Mexico, wo er eine weitere Ranch besitzt, muss er 73 Meilen fahren, um zu seinem eigenen Haus zu gelangen und wenn er dort ankommt, könnte er weitere 60 Meilen in die gleiche Richtung fahren, ohne sein Land zu verlassen.

Von daher ist es nicht schwierig zu verstehen, warum Mr. Hearst und die Hearst-Zeitungen glauben, dass Kapitalismus das einzig praktikable System von nachweislichem Wert und angemessener Belohnung als Verdienst ist. Nun kann man über das Wort „Verdienst“ jedoch schon ins Grübeln kommen. Wie hat Mr. Hearst seinen königlichen Reichtum verdient? Das Zeitungsgeschäft genoss ziemlichen Respekt, bevor er sich diesem zuwandte. Es kann heutzutage kaum noch so genannt werden. Mr. Hearst, mit seiner Manie nach Macht und Auflage, hat jegliche Integrität und jeglichen Anstand, den es mal hatte, über Bord geworfen. Er erlaubte es dem Wichtigen niemals, der Sensation im Wege zu stehen. Er hat Verbrechen und Sex aus dem Innenteil genommen und befüllt jetzt seine Titelschlagzeilen damit. Beim Verbreiten seiner Zeitungen, hat er jede Art der Täuschung, Verzerrung, Falschzitierung und Unehrlichkeit genutzt. Er hat seine Zeitungen mit Gewäsch, Oberflächlichkeit, Schluchzgeschichten und Mist gefüllt. Und hat damit dem Verstand, dem Geschmack und den Gefühlen von Millionen seiner Leser geschadet – alles was gemein und, geschmacklos ist zu glorifizieren, und das wertvolle und wichtige zu verdammen oder zu ignorieren. Er ist, wie George Washington, einer der Väter seines Landes. Er mag stolz auf seinen Nachwuchs sein, aber machmal wendet sich Nachwuchs gegen die Eltern. Und Mr. Hearsts Reichtum, ist seine Belohnung als Verdienst für das was er getan hat – aber, bitte erinnern; „angemessen“, stets angemessen.

"Die Hearst-Zeitungen glauben, wie Thomas Jefferson, dass das am wenigsten regierte Land auch das bestregierte Land ist, insbesondere in Hinblick auf kürzliche politische Experimente, die nur wieder bewiesen haben, dass das am meisten regierte Land auch das am schlechtesten regierte ist."

Falls Sie nicht wissen, welches Land Mr. Hearst mit „meistregiertem Land“ und „am schlechtesten regiertem Land“ meint, er meint Russland. Der russische Bär, sagt Mr. Hearst, ist voller Läuse. Und, um auch zu zeigen wie verlaust er ist, veröffentlichte er in seinen New Yorker Zeitungen lange Artikel über die russische Hungersnot.

Die ersten dieser Artikel, veröffentlicht im Februar und früh im März diesen Jahres [1935] (etwa zu der Zeit als in vielen Staaten über Anti-Aufruhr-Gesetze nachgedacht wurde), waren von einem Korrepondenten namens Thomas Walker geschrieben. Der Raum hier erlaubt keine umfassende Besprechung von Mr. Walkers Erfindungen, aber es reicht aus zu sagen, dass sie so geschrieben waren, dass es dem Leser den Eindruck vermittelte, dass die Menschen in Russland jetzt in diesem Moment zu Tode hungern. Es sollte auch erwähnt werden, dass sich Mr. Walker nach sowjetischen Angaben für 13 Tage, im Spätherbst 1934, in Russland aufgehalten hat und das Mr. Lindsay Parrott, Moskaukorrespondent für Hearsts International News Service, alle Behauptungen Walkers zurückwiess und behauptete, derzeit gibt es keine Spur von Hungersnot. Alle anderen verlässlichen Berichte aus Russland stützen Mr. Parrott und sagen aus, dass man im Land die Früchte zweier guter Ernten geniesst.

Mr. Hearst lies den Artikeln von Walker eine zweite Serie von Mr. Harry Lang folgen, einem Miglied des Redakteurteams der jüdischen Zeitung The Daily Forward, Ihm wurde Übertreibung vorgeworfen. Jedenfalls behauptet er, dass die beschriebenen Bedingungen so in den Jahren 1932-1933 beobachtet wurden, aber Mr. Hearst hat sie so präsentiert, dass es den Eindruck vermittelt, die gegenwärtige Situation sei für die Sowjetbürger nicht oder nur sehr wenig besser. Es ist sicher bekannt, dass es eine allgemeine Nahrungsmittelknappheit im gesamten Land in 1932-1933 gab, und dass es in einigen Regionen der Ukraine, der unteren Wolga und im Nordkaukasus zu Hungersnöten kam. Mr. Hearst hat wenig über die Nahrungsmittelknappheit geschrieben, als sie tatsächlich passierte – sie wurde zu der Zeit allerdings umfassend in „The New Republic“ und anderen Magazinen besprochen. Aber zwei Jahre nachdem die Knappheit überwunden werden konnte, berichtet er das ganze als aktuelle Neuigkeiten, übertreibt es und verändert die Zeit des Geschehens, um das Ganze für eine Kampagne zu nutzen, die sich nicht nur gegen den Kommunismus richten wird, sondern gegen alle, die nicht an das gleiche glauben wie Mr. Hearst. Was, wie sie vermutlich inzwischen verstanden haben, unter Patriotismus verstanden werden muss. Mr. Hearst wird, wenn er nicht aufpasst, in Kürze selbst den Platz von Uncle Sam einnehmen.

Mr. Hearst beendet sein Inserat, nach verschiedenen Versicherungen, einschliesslich der Bestätigung, dass sich die Hearst-Zeitungen gegen Intolleranz und Fanatismus (Na, Na, Mr. Hearst) stellen, mit einem kolossalen Resümee:

"Die Hearst-Zeitungen glauben an die echte Demokratie, die Regierung der Mehrheit. Sie glauben, daß Amerika für die Amerikaner da sein sollte, und Amerikaner für Amerika. Jene, die dieser Politik so nicht zustimmen, sollten diese Zeitungen nicht lesen, weil dieses ihre Politik sein wird, so lange diese erscheinen werden."

So sieht es also aus, nimm' es , oder lass es. Mr. Hearst ist der Boss und er wird der Boss bleiben – so lange wie er kann. Er hat entsetzlich viel einzusetzen und zu verlieren.

Übersetzung und Zwischenüberschriften vom Autor

Link zum Originalartikel: From the Stacks: “Mr. Hearst's Apostolic Creed” May 8, 1935 in "The New Republic"

Teil VII

Teil VI

Teil V

Teil III

Teil II

Teil I

Mogulismus = Oligarchismus =
Turbo-Kapitalismus

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

knattertom

reisewütiger Mit40er der "D" den Rücken gekehrt hat, um neues zu entdecken. Interessierter Beobachter von aussen so to say...: knattertom@freenet.de

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