Staatenlos = Vogelfrei?

Staatsbürgerrecht "Staatsbürgerschaft ist ein Privileg, kein Recht", sagt der britische Einwanderungsminister Mark Harper in der Diskussion um die Billigung von Pass-Entzügen als Sanktion.

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Yahoo berichtet über die billigende Abstimmung des britischen Unterhauses zum Gesetzeszusatz, welcher es erlaubt, Terrorverdächtigen, welche zuvor eingebürgert wurden, den Reisepass zu entziehen und die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, auch wenn den Personen dann Staatenlosigkeit droht.

Weitere Befugnisse und Verpflichtungen, die der Gesetzeszusatz in Zukunft vorsieht, denn vor Inkrafttreten muss noch das Oberhaus zustimmen, wären:

- die Abschiebung krimineller Ausländer wäre erlaubt - bereits vor dem Ende ihres Berufungsverfahrens, welches künftig nur noch vier statt bisher 17 Einspruchsgründe zuließe.

- Vermieter und Banken wären gezwungen, die Aufenthaltsgenehmigung ihrer Mieter/Kontoinhaber zu überprüfen.

- Standesämter müssten Hochzeitspläne zwischen Briten und Nicht-EU-Ausländern wegen des Pauschalverdachts auf Scheinehen melden.

Inwiefern es sich hierbei nur um Europawahlkampfgetue, oder um einen wahrhaft maßgeblichen Verstoß gegen den Anstand und unser bisheriges europäisches Selbstverständnis, handelt, wird die Entscheidung des Oberhauses zeigen.

Wenn wir Europäer und fast alle Regionen in der nördlichen Hemisphäre eines gemeinsam haben, dann doch wohl das Einverständnis, das ein jeder von uns einer Nation angehört und somit automatisch Staatsbürger eines Landes ist.

Wird dieses Selbstverständnis verhandelbar, und zwar bereits gegenüber Verdächtigen, nicht erst bei verurteilten Straftätern, dann sind wir leider tatsächlich auf direktem Weg zurück in das frühe Mittelalter, wo z.B. in Skandinavien die Verbannung aus der Gemeinschaft und die Erklärung, von nun an "vogelfrei" zu sein, die Höchststrafe für einen Übeltäter darstellte.

Welch gefährliches Instrument ein solches Gesetz sein kann, sollte jedem klar denkenden Menschen einleuchten, denn zum Terrorverdächtigen kann Mann und Frau fast nach belieben erklärt werden.

Die interessante Aussage des Einwanderungsministers Harper, dass man sich das Staatsbürgerrecht sozusagen durch Wohlverhalten verdienen müsse und kein automatisches Recht darauf bestehe, schmerzt doppelt bei dem Gedanken, inwiefern nicht-britischstämmige Mitbürger im Vereinigten Königreich nach Verabschiedung eines solchen Gesetzes noch bereit wären, z.B. für soziale Errungenschaften zu demonstrieren und ganz allgemein Ihre Rechte einzufordern.

Das britische Unterhaus hat mit überwältigender Mehrheit einem umstrittenen Gesetzeszusatz zugestimmt, mit dem zuvor eingebürgerten Terrorverdächtigen nachträglich die Staatsbürgerschaft entzogen werden könnte. Der von der konservativ geführten Regierung eingebrachte Entwurf wurde am Donnerstag in der Parlamentskammer mit 297 zu 34 Stimmen angenommen und muss vor dem Inkrafttreten noch das Oberhaus passieren. Er würde erlauben, eingebürgerten Briten den Pass abzuerkennen, wenn ihr Verhalten als "ernsthaft schädlich für die zentralen Interessen des Vereinigten Königreichs" eingestuft wird - selbst wenn die Betroffenen dadurch staatenlos würden. (Quelle: Yahoo - AFP)

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Geschrieben von

knattertom

reisewütiger Mit40er der "D" den Rücken gekehrt hat, um neues zu entdecken. Interessierter Beobachter von aussen so to say...: knattertom@freenet.de

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