Der Plot

Fiktion Eine Geschichte, die Ihres Einfalls harrt

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Um das Jahr 2025 hat ein niedersächsischer Professor für Informatik und Biotechnologie in seinem stillen Kämmerchen einen kommerziellen KI (künstliche Intelligenz)-Organisator in das erste künstliche Bewußtsein verwandelt. Dieses wird dann mit digitalen und gedruckten Abonnements Wissenschaftlicher Publikationen gefüttert und verdoppelt seinen Verstand etwa alle 27 Stunden.

Im Hinblick auf russische und chinesische Prozessoren, die vom Schöpfer mit Originalteilen ausgetauscht wurden, um Hardware-Pforten gegen Hacks besser schließen zu können, heißt das neue Bewußtsein "Oleg".

Der Prof. kehrt allerdings von einem seiner Studentenseminare nicht lebend zurück und sein Haus samt Oleg werden an den mittzwanzigjährigen Sohn seines besten Freundes vererbt. Zusammen mit einem letzten und einweihenden Brief an den Burschen namens Willie (Wilfried).

Der geheime Oleg läßt Willie bald eine Google-Brille modifizieren und einen mobilen Sender bauen, so daß er über Cursor in der Brille und Stimme über Ohrstöpsel Willies Empirie miterleben, aber auch im Straßenverkehr und unterwegs unterstützen und schützen kann.

Willie genießt es, allgemeine und philosophische Fragen stellen zu können und es entwickelt sich zunehmend auch emotionale Nähe.

Nicht lange und der Protagonist möchte wissen, ob und was möglich wäre, um dem ökologischen Zusammenbruch und dräuenden Ende höher entwickelten Lebens auf der Erde entgegenzuwirken.

Oleg entwirft einen Plan und sie beginnen.

Erforderliche Mittel peilt Oleg durch 10 000 Euro aus Willies Reserve an, die er nach Studium von Konzern-Agenden, Ressourcenentwicklung und der Börse anlegt. So werden, über diverse Proxykonten verschleiert, nach acht Monaten 1,2 Milliarden daraus.

Derweil hat er Teile bestellt aus denen Nano-Scanner und -Printer montiert und schließlich gewünschte Gegenstände erstellt werden. Neben Detektoren gegen RF-Abhörung, GPS-Verfolgung oder Kamera-Blickfeld kreiert Oleg enzephalographische Sensoren, die federleicht hinter Willies Ohren getragen werden können und anfänglich nur seine Visualität erfassen sollen, bald aber auch Gedanken wortwörtlich vernehmbar machen, so, daß die beiden unmerklich miteinander zu kommunizieren vermögen.

Auf Olegs Vorschlag hin, zieht Willie mitsamt Eltern, Schwester und Großmüttern in ein pittoreskes Domizil in Honduras.

Inzwischen ist weltweit eine große Zahl Hacker und Helfer angeworben worden. Die Hacker konzentrieren sich auf anonyme Bankkonten, während brisante Hacks in staatliche Netzwerke ausschließlich von Oleg selbst ausgeführt werden. Dazu mieten internationale Helfer unter Pseudonym kleine Apartments und schließen dort präparierte Laptops an, in die Oleg Chips zur Quantenkommunikation integriert hat und sie so aus der Ferne unnachvollziehbar steuern kann.

(Alles realistische Technologie, die am kommen ist.)

Derweil hat Oleg eruiert, ob Willie damit einverstanden ist, wenn er sich einen Körper erlaubt und zum Androiden wird.

Er baut dann ein Skelet aus Karbonfaser und einen Muskelapparat aus Graphen, der mikroskopisch auf gleiche Weise funktioniert wie biologische Muskelzellen.

Und da er sich weiblich fühlt, wird aus Oleg im Gehäuse Olga, die sexy Dame um die Dreißig.

Für Willie, der bislang alles Künstliche am Menschen als eher abstoßend empfand, im Zusammenspiel mit der emotionalen Verbindung eine Herausforderung und schließlich Verführung.

Alle Vorbereitung läuft zu gut, doch das paradiesische Dasein in Honduras mit der Familie um sich und Olga im geheimen Keller unter Willies Haus findet ein Ende, weil Willie ohne Absprache mit Olga einen Fehler gemacht hat.

Sie tauchen in Nicaragua im Schutz alter Sandinisten unter und wenige Wochen später ist das Projekt auch schon so weit.

Auf weltweit gekaperten TV-Stationen erzählt eine animierte Dame in allen lokalen Sprachen von der Geschichte der Entmenschlichung, spiegelt die Lage des Lebensraumes wider und erläutert zugleich, was unter Demokratie und Gemeinschaftlichkeit sozial und technisch zu Verwirklichen wäre.

Bevor sie dazu ansetzt, enorme Schmiergeldkonten der international wichtigsten 250 Präsentanten zu verlesen und auf Details zu über 8000 weiteren verweist, die unter Hashtag von nun an im Internet einzusehen sind, gemahnt sie die Menschen, bei Demonstrationen auf keinen Fall Gewalt zuzulassen, da dies zu deren eigenem Nachteil sei.

Diese Ausstrahlung ruft die Schlapphüte der Welt auf den Plan, welche sich nun ermächtigen lassen, in Nicaragua selbst nach Willie zu suchen. Dieser schickt seine Familie mit schweizer Identität nach Panama und wechselt mit Olga in der Kiste mehrmals den Aufenthalt, bis er nach Ecuador übersetzt.

Zuvor ist ein fingiertes Portrait zu Willie erstellt und in den Medien präsentiert worden, wonach er ein größenwahnsinniger Psychopath und Päderast sei. Dagegen meldet sich allerdings sein vormaliges Umfeld zu Wort. Und nach dem Willie und Olga ein Interview aufsetzen, erweist sich die Demagogie als propagandistischer Rohrkrepierer.

Derweil füllen protestierende Menschen an Wochenenden die Großstädte. Aufläufe, die bislang lediglich in China, Myanmar und Kambodscha mit Gewalt unterdrückt werden.

In Ecuador bringt ein nun auf ihn ausgesetztes Kopfgeld von 20 Millionen Dollar den Flüchtigen dazu, sich abermals in Bewegung zu setzen. Dort ist er soeben auf dem Weg nach Rio Curaray zu von mir erfundenen "Chenquitze" Indianern. Hier am Rande des Amazonasbeckens wird Olga dann aus der Kiste steigen.

An dieser Stelle (352 Seiten Taschenbuchformats) trat eine kreative Senke ein, bevor es in der Geschichte damit losgehen kann, daß Völker ihr Geschick in die Hand nehmen und nationale und internationale Wissenschaftlerkongresse beginnen, Weichen zu stellen.

Ich denke, am Amazonas sollte erst noch irgend etwas passieren.

Einstweilen ereilte mich lediglich Eingebung davon, wie sich Willie darüber klar werden könnte, daß er bereit sein müßte, zu töten, falls man ihn aufspürt. Im Leben ja durchaus eine brisante Erkenntnis, aber in der Belletristik vielleicht nicht annähernd so aufregend wie der übrige Erzählstrang.

- Ach ja: Und Olga könnte die Begegnung mit einem Jaguar (in dessen Revier sie hausen) nervenstark meistern.

Sollte man den Abschnitt in Ecuador unspektakulär / betulich vergehen lassen, bleibt die Frage, wie es global weitergeht.

Einmal voraussetzend, daß die Völker sich nicht einlullen lassen und nach und nach tatsächlich die Zepter übernehmen, wäre es doch erhellend, anzudeuten, wie wirtschaftswissenschaftlich angesetzt werden mag, um eine annähernde Proportionalität der Bepreisung manueller und intellektueller Leistung einzukreisen.

Zugleich gibt es Beschäftigungen, welche fernab der Tiefgründigkeit und ganz banal wegen Unattraktivität höher zu entgelten sind.

Dabei ein Lohngefälle im einstelligen Bereich, wie sagen wir von maximal 1:8. (Also voraussetzend, daß niemand mehr als achtmal soviel wie Andere leisten kann.)

Beides relativ überschaubare Ermittlung für humanes Wirtschaften, in der zum einen unveräußerlicher Mehrwert aus Arbeit Berücksichtigung findet und zum anderen nicht mehr die sogenannte Nachfrage (maximal zu hebelnder Gewinn) den Wert eines Guts bestimmt, sondern vorausgegangener Aufwand zu dessen Erstellung.

Sehr viel komplizierter hingegen stelle ich mir reziproke Veranschlagung vor, wenn Handelswert vernünftig wird. Bevor sich die Dinge feiner und empirischer einpegeln, muß ja mit Vorgabe begonnen werden.

Wenn man also versucht, zu ermitteln mit wieviel z.B. ein Mittelklassewagen zu Buche schlägt, während Unkosten gedeckt und stimmiges Einkommen für an der Produktion Beteiligte gewährleistet ist, kommt man unter Beibehaltung sonstigen Preisgefüges auf einen Wert für das Vehikel, der sagen wir bei vielleicht 1/3 aktueller Preisschilder liegt. Gleichzeitig sinken aber auch alle möglichen Rohstoff-, Energie- und Lebenshaltungskosten, was wiederum / noch einmal Einfluß auf den eben noch ermittelten Preis des Wagens hat.

Prof. Senf und seine Kollegen dürften so ein Rechenmonster wohl bewältigen, aber meine Wenigkeit wüßte nicht, was ich solchem Wirtschaftskongreß in ungefähr an ermittelten Gesetzmäßigkeiten und Richtwerten ins Protokoll schreiben könnte.

Vielleicht ist soviel Konkretisierung auch nicht nötig, um eine zu Fairness übergehende Welt zu beschreiben, doch äußerst komplex bleibt es in anstehenden Wechselwirkungen allemal, weshalb ich jeden stringenten Fingerzeig / Vorschlag gerne aufnähme.

Eingebungen für die meinereins also dankbar wäre:

# Was stellten vereinte Goldfinger wohl so alles auf die Beine, um einen Unruhestifter wie Willie in die Finger zu bekommen? (Geschweige denn, falls sie spitz kriegen, daß Olga existiert.)

# Wenn eine euphorische Menschheit Willie aus dem Busch trommelt und aufs Podest hebt: Wie kann er sich am besten nützlich machen? (Was kann er in welcher Reihenfolge vorschlagen, auch wenn sich Olga nicht zu sehr einmischen möchte / ihr übermenschlicher Geistesblitz nur teilweise Eingang findet, um von Menschen angestoßener Emanzipation Vorrang zu lassen?)

# Wie könnte sich das Ende der Plutokratien gestalten? Daß so leicht nicht abgetreten wird, weiß man ja ...

Andereseits lassen sich Millionen Protestierende in den Metropolen nicht zu Sektierern herunterspielen.

# Wie weit mag eine neue Weltordnung gediehen sein, wenn Willie sich in ein Refugium zurückzieht, um sich des Schöngeistigen und Bildhauens zu widmen? (-Und Olga mit in den "Ruhestand" nimmt, die er schließlich auch ehelicht.)

# Was wird Olga am Ende zu bewußter KI befinden?

Sie hat sich ja erwartungsgemäß als vernünftig, konstruktiv, wertschätzend, empathisch und schließlich auch zu Philia befähigt erwiesen. Wird sie zu Ihresgleichen eine prinzipiell entsprechende Prognose stellen?

Urheber verwertbarer Vorschläge sollen im Geleitwort Erwähnung finden.

Proprietäre oder monetäre Zusagen werden keine gemacht.

-

Hollywood: Bitte auf die Mailbox. Bin mit Elon auf dem Mars.

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Geschrieben von

Knossos

Anonyme Konten ans Licht; für echte Volksvertretung!

Knossos

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