Die spinnen, die Chinesen

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Wer vielleicht dachte, im Land des Lächelns müßte nach Deng Xiaopings karikiertem Aufbruch in die Marktwirtschaft als inzwischen längst pervertiertem Raubtierkapitalismus eine Besinnung darauf folgen, daß unter vermeintlich sozialem Banner gesegelt wird ... Der lasse sich des Absonderlicheren belehren.

Von Betretenheit ob kapitalistischer Wolfssymptome unter sozialistischem Schafspelz keine Spur. Nicht ein Jota. Niente, nada, nix.

Im Gegenteil. Frivol wie Uschi an der Hafenbar, schminkt man sich jetzt erst so richtig auf klassenfeindliches Luder.

Sozialer Schere, klaffend wie der Grand Canyon, explodierender Oligarchie und zementierter Korruption nicht genug, soll das Chamäleon offiziell geächteten Ausbeutens und menschenverachtenden Klassenwesens erst noch richtig Farbe annehmen und schamlos bekennen.

Kein schüchternes Anlegen des Mogulengewandes, sondern ohne jede Schamesröte, westlichen Abklatsch will man. In voller Montur, mit allen Bömmelchen und Bordüren nach Art der Kolonialen, bis -so offenbar die Hoffnung- von fernöstlichem Gewand kein Zopf wiederzuerkennen ist.

Der vorausgegangene Versuch, Marx Sinnstiftung aus dem Westen zu adaptieren, ging gründlich in die Hose, wo man nicht annähernd zu begreifen vermochte, worum es im Grunde ging.

Und auch diesmal, bei der Adaption des Gegenteiligen, versteht man dessen Gerüst nicht, doch der Umhang; der soll es sein.

In symbolischer Denkweise davon beeindruckt, wie führende Industrienationen zugleich unter den erfolgreichsten im Sport rangieren, soll es doch auch möglich sein, sich umgekehrt, durch Sport aus der empfundenen Zweitklassigkeit des Schwellendaseins zu befreien.

Mit Volldampf also Kurs auf Disziplinen der Leibesertüchtigung.

Premier Xi hat denn auch schon vorwegnehmend adaptiert, was Putin sich als sportlichen Gang ausmalt. Wenn der Chef des Milliardenvolks neuerdings zum Pult schreitet, dann mit hin- und her geworfenem Oberkörper. Eine motorisch eher hinderliche Entlehnung von Basketball verehrenden, gedachte Behendigkeit simulierenden Ghettokids der USA, die von dort über Kremlführer zum ersten Sekretär der Volksrepublik gelangte.

Und so, im Sinne zünftigen Selbstbewußtseins: Her mit dem Fußball.

Irgendwie muß es doch gehen.

Wen scheren Nöte von Landbevölkerung und Wanderarbeitern, wenn man Dollar-Milliardär sein kann, und wen enteignete Kleinbauern, während man opulente Devisengehälter an ausländische Fußballspieler und -trainer zahlt.

Denn Letzteres ist höherem Streben doch nur billige Anzahlung.

Auf´s westliche Vorbild schielend, möchte man chinesischen Fußball bald auch gleich eine Billion Dollar generieren lassen. Kleiner hat man es gerade nicht.

Etwas Training für irgendwo auf Platz 70+ der FIFA-Rangliste dümpelnde Mannschaften, bis sich die Welt für sie interessiert und schon kann´s los gehen. Einnahmen durch TV-Übertragungen, Spielerhandel und so, und Anerkennung samt Knete purzeln nur so herein. Chinesische Spieler, heute schon im Zuge von € 30 Mio. Nettovergütung Nachwuchs für einweisendes Schalke, werden trippelnd in die weltweiten Clubs superreicher Ball-Eleven ausschwärmen und zeigen, wozu man imstande ist. Planwirtschaft kapitalistischen Chinas eben.

Noch kümmern allein schon Werbeeinnahmen landeseigener Fernsehsender bei wenig mehr als $200 Mio. jährlich und lächerlich vor sich hin. Da hat noch mächtig Luft nach oben drin zu sein.

Sozialperverse Unart und Unsummen für Nichtiges im Westen scheint ja schließlich auf dortigen Bäumen zu wachsen. Daß sich bei näherem Hinsehen herausstellte, wie solcher Zirkus der Milliardenbeträge in einer Realität von kleinen Leuten aufgebracht werden muß, die dafür durch Überpreisung und Zwangskollekte in allen Lebenslagen aufzukommen haben, interessierte ja nur, wer auch verstünde, was es eigentlich bedeutet, rote Fahnen zu schwenken. Und Haarigkeit derartiger Konklusion kommt im Herrschaftsbereich des Xi nun einmal nachweislich nicht vor.

Statt kleinteiligen Klamüserns erklärt sich Denken doch durch Insignien wie Mao-Anzügen, Dreiteilern oder eben Sporttrikots. Und daß der Daimler einem Lada wegfährt, weiß doch jedes Kind. Wozu also studieren, was Andere schon probiert haben?

Wenn China erst Star am Fußballhimmel ist, sieht doch keiner mehr Fußvolk, das Jauche in Eimern auf Felder trägt. Schon gar nicht beim Blick aus zahllosen Luxusrestaurants in Wolkenkratzern Schanghais.

Alles halb so kompliziert; gar nicht bizarr. Und nun lächel endlich und laß die Suppe nicht kalt werden, akribischer Gweilo.

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Geschrieben von

Knossos

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Knossos

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