Evolutionäre und kognitive Erdung

Verstand Zur Diskrepanz zwischen potentiellem und zeitgenössischem Verstand

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Darstellungen von Tieren, ob altertümlich oder aus der Hand zeitgenössischer Amateure, fallen durch ungelenken Schritt von Vierbeinern auf. Der Gang verschiedener Spezies wurde erst vor wenigen Jahren mit moderner Beobachtungstechnik entschlüsselt.

Eine Wiederentdeckung. Schon auf zehntausende Jahre alter (Höhlen-) Wandbemalung beherrschten Künstler nachvollzogene Koordination. So auch die optimale Form von Steinwerkzeugen als diverse Messer, Handsensen usw., deren Funktionalität sich in gleicher Gestalt moderner Werkzeuge aus Stahl wiederfindet. Die Formgebung war nicht zu verbessern.

Ebenso manche Instrumente, die der Mediziner Claudius Galenus vor fast 2000 Jahren fertigen ließ, und dessen "zu umfangreiche" Niederschriften, der Faulheit und des Vergessens in nachfolgender Zeit um Ären zurückfallenden Fachwissens anheimfielen.

Vor etwa 15000 Jahren wurden sakrale Stätten errichtet, deren Logistik jeweils mehrere Dutzend Tonnen schwerer Elementen noch heute Herausforderung und teils unlösbare Aufgabe darstellen.

Akustik, heute ein mystisch anmutendes Feld, dem selbst großes Budget und eingeflogene Spezialisten nicht ohne nachträgliches Absorbieren und zumeist dennoch unzureichend Herr zu werden vermögen, war man beim Bau antiker Amphitheater und Schauspielhäuser bereits bis zur Perfektion kundig.

Manches an verlorenem Verstand, an Stagnation und Rückschritt ist dem Zufall geschuldet, Vieles jedoch nicht.

Daß z.B. Sicherheit umfriedeter Siedlung und stationärer Versorgung nach der Seßhaftwerdung zu größerer Unabhängigkeit von natürlicher Unbill, wie Freßfeinden und saisonaler Kargheit, führten, war der Sache inhärent. Nicht jedoch Aufkündigung über Millionen Jahre ausgebildeter Solidarität und gemeinschaftlicher Weisheit im Gegenzug für das Aufkommen von Kasten Hochwohlgeborener und obligater Knechtschaft.

Eine längst nicht zwangsläufige Entwicklung, die kaum in von Klerus und Feudalen bestellten und teils bis heute konservierter Deutung von der "Natur des Menschen" zu verorten ist.

Einer Doktrin, die dem ersten gefundenen Gesichtsfragment des Neandertalers den Hinterkopf eines Gorillas modellierte, denn ungeschlacht, selbstsüchtig und furios, wie man sich diesen ausmalte, hatte der Frühmensch zu sein, um den Glaubenssatz als von Geistlichen und fürsorglichen Herrschern zivilisierten Ungetüms Mensch bis heute zu behaupten.

Nichts von Assoziation und Empathie ausbauenden Menschartigen, die im Erlangen gesteigerten Bewußtseins Instinkt eintauschten und in mehrheitlicher Ausprägung von destruktiver und kriegerischer Zivilisation, ihre schwache Physis in mächtiger karnivorer Umgebung niemals durch den Äon gebracht hätten. -Was sich in Anbetracht mehrerer Flaschenhälse der Population auch schon für in der Ausnahme aggressive Kultur und mehrheitlich kooperative Hominiden beschwerlich gestaltete.

Auf breiter Ebene ungeliebtes Stiefkind der Wahrheit von solidarischer Unterart und Vorfahren, das sich ob metaphysischer Tradition auch in anthropologischen Akademien nur sehr schleppend, wenngleich in vergangenen Jahren zunehmend, durchsetzt.

Selbst deutlich wehrhafteren und wendigeren, aggressive Kultur tatsächlich überlebenden Verwandten, wie den Schimpansen, steht der obschon physisch unterlegen, zugleich deutlich besser lebende Bonobo entgegen. Unserem im Trieb genetisch entsprechenden Vorbild und Bruder im angeborenen Gemüt.

Ethik ist eben von mathematisch nachweisbarer Effizienz der Gemeinschaftlichkeit bis zur ökonomisch sinnigen Schonung von Wild durch satten Jäger von geradezu naturwissenschaftlicher Kohärenz und Praxis. Wie die Mathematik "ausgedacht", um im Leben wiedergefunden zu werden.

Konstante im Leben, die Mensch oder Tier als Individuum oder Generation lehrt, wie Anteilnahme und gemiedene Zerstörung dem eigenem Wohlbehalt gleichkommt.

Ein Leben, das erst in der Irrationalität der Umfriedung kein Gehör mehr findet. Ganz und gar nicht zwangsläufig, doch nun einmal durchaus.

In der Entkopplung für einen Wimpernschlag von 5000 Jahren beständig genug, bevor eine Seifenblase mentaler und praktischer Inkongruenz mitsamt Lebensraum platzt. Nach einer bizarren Blüte von über 80% Frustration originär für Sozialität Geborener und geistig eskalierter Diskrepanz zwischen Informationsoption und Erkenntnisfähigkeit. Den praktisch essentiellen doch brachliegenden Faktoren im Dasein des modernen Menschen.

Des Wesens, dessen Spezialisierung Vernunft und dessen artgerechte "Natur" Kultur ist, die dem Verstand folgt. Zugleich unfertiges Wesen, dessen Atlaswirbel oder Kniegelenk als körperliches Manko belanglos im Verhältnis zu des Menschen immanenter Schwäche sind.

Die ist seine völlige Abhängigkeit von Kultur. Gerät sie artfremd, wird Unsereins zu willkürlicher Schöpfung mit einzig erhaltenem Parameter der Intelligenz. Einer Kreatur, anders als irgend ein Mitgeschöpf, dann von erratischer Beschaffenheit und somit Irrationalität und Ungeheuerlichkeit.

Wiege des ereigneten Paradox ist in den Hintergrund tretender Makak, der seinem Artgenossen gleich drei seiner fünf Nüsse reicht und dann den Stein zum Knacken erhält. Und an seiner Statt das Hervortreten vermeintlich oberschlauen Zweibeiners, der etwa unterlegenem Zeitgenossen etwas abknöpft, bevor dieser aus dem Wasserloch trinken darf. Das Prinzip, aus dem Streben Dritter eigenen Vorteil zu generieren.

Ein Prinzip, ausschließlich anwendbar, wenn für Dritte eine Notlage vorausgeht. Vielseitigst nutzbare Notlage ist die Triebkompensation.

Kompensation setzt ein, wo Trieben keine Entsprechung zukommt. Zugleich weist sie die ökonomisch ideale Charakteristik unversiegbarer Quelle auf, da sie einer Befriedigung nicht gleichkommt. Mehr noch ausbeuterisch perfekter Umstand, daß Kompensation gleichzeitig den Ausbeutenden antreibt.

Konkreter veranschaulicht an zu Arbeit angehaltenem Individuum, welches weit über eigenes Einkommen hinaus für Begünstigte zu Werken, und da heraus erheblichen Anteil der Tageszeit gewerblich aufzubringen hat. Seine Elternschaft weist zwangsläufig Mangel in der Entsprechung des Nachwuchses auf. Ein schwerwiegender Einschnitt allein schon bezüglich Urangst, aber eben auch sämtlicher sonstigen Erfordernisse, die natürlicher Weise Stillung erführen.

Selbstverständnis und Balance in natürlicher Behütung aufgewachsener Seele bleibt aus. Statt ihrer stellt sich Ambivalenz des Selbstempfindens, Todesfurcht und Unsicherheit, Unreife und Minderwertigkeitskomplex ein.

Optimale Mechanismen zum Abrichten und Einspannen.

Unstillbare, desperate Suche nach Vervollständigung gegen empfundene Minderwertigkeit bedingt Ergebenheit des Beschäftigungsabhängigen zum einen. Zum anderen zementiert Fragilität des Egos, dem Neuerung und Unglück in erster Linie als vermeintlicher und gefürchteter Indikator der Unzulänglichkeit seiner selbst scheint, die Unerträglichkeit eines Wandels.

Schwer an sich tragend, bleibt auf dem Buckel kein Raum für Herausforderung und Überholung der Erkenntnis, die ja auch nur über abstraktesten Umweg schließen ließe, vorausgehend im Irrtum gelebt zu haben, und noch weniger Aufnahmebereitschaft für Unfertigkeit und Schrecknis außerhalb des Ichs, die sich doch wieder als Plage des Schuldgefühls ausnähmen.

Mit der Anfälligkeit nach Erlösung suchenden Gemüts für Akzeptanz, Euphorie und Normerfüllung, gewährt perfektionssüchtige Kompensation eine Versiegelung des aufgenommenen Weltbilds gegen 'informative Störung'.

Am anderen Ende destruktiver Zivilisation und Hierarchie wirkt dasselbe psychologische Phänomen. Was dem Übervorteilten Kognition und Kritikfähigkeit einschränkt, bedingt beim Minderwertigkeitskomplex des Privilegierten jene Unersättlichkeit, die mit keiner selbst noch astronomischen Dimension materiellen Gewinns Sättigung zu erfahren vermag.

Dieser primitive, inhumane Hintergrund hat über Jahrhunderte immer weiter verfeinerte Methoden zur Nutzung des trivialen Mechanismus hervorgebracht, der inzwischen in unterer Kaste darin mündet, die eigene Übervorteilung aktiv zu bewahren, und bei der Oberschicht darin, im Wirken nur mehr persönliche Lebensspanne zu veranschlagen. Das berühmte: "Nach mir die Sintflut."

Durch diesen Hintergrund anachronistisch abgehalten, über den Intellekt zum Verstand zurückzukehren, schickt sich inzwischen statt dessen isoliertes Fachwissen der Moderne über sein Produkt schematisch an, den Menschen aus Primitivität und Kompensation zu befreien.

Durch kommende Technologie, die Energie, Dienstleistung und materielle Güter zu nahezu beliebig verfügbarem Objekt für Jedermann möglich und ergo Hebel des Privilegs und Herrschens nichtig macht. In einer Zeit, in der alles Einbringen und Instrumentarium darauf verwendet werden kann, Mensch in menschlicher, pragmatischer Zeit zu sein.

Einer Zeit, in der man zurückblickte und sich fragte, wie es Jahrtausende lang möglich gewesen ist, die Menschen an der Nase um ihren Mehrwert herumzuführen und sie dermaßen zu entkoppeln, daß ihnen am Ende perverse Koinzidenz von Hundekot auflesenden Hungernden und kolossalen Krösussen als kulminierte Absurdität entfleuchte und zu beiwohnender Allerwelt werden konnte. Einer Zeit, in der man den Menschen abstrus weis machte, gewerbliche Arbeit sei des Menschen Voraussetzung und Erfüllung, sowie etwa Automatisation des folgsam Arbeitssüchtigen Bedrohung. Nicht zu reden von Vernichtung eigenen Lebensraumes zur manischen Aufstockung von Räumen voller Papierscheine und Gold.

Ein Jammer doch, wie Letztere einmal verstauben werden, falls sie noch im Stück vorkommen.

Apropos; fast zu vergessen:

Die Epoche der Befreiung ist konjunktiv zu formulieren.

Denn, so sehr sie in wenigen Jahren ante portas stünde, kommt ihr profaner ökologischer Zusammenbruch wohl zuvor.

Das Ende höherer Evolution in galaktischem Edelweiß eines blauen Planeten. Vollkommen unnötige Vernichtung, wie bereits Irrationalität, Entmenschlichung oder Überbevölkerung als Kinder unterschlagenen Menschenrechts am Mehrwert, und der Kompensation.

Höchste Einzigartigkeit und Komplexität der Lebensform blutend auf dem Altar der Primitivität.

Wo Einfalt es auf ihrem Kreuzzug eben lange schon unendlich müheloser hat als Vernunft, und wo selbst Gescheite nicht mehr erfassen, wie fatal es drängt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Knossos

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Knossos

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