Protektorat des Klüngel und Raubes

Silentium Welt des Homo tagesschauinsis

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Wie viel vom globalen Tagesgeschäft sieht Homo tagesschauinsis? Also außer kredenzten Bösen wie Putin oder Maduro dort und umsorgender Mutti hier?

Sonst kaum weiter Gutes oder Schlechtes. Der Fassadendemokratie neue Gesetze erweiterter Bevormundung und Ausschnüffelei rauschen an ihm vorbei, so wie er zum Anderen nicht gewahr wurde, welch Heroismus im Nahen Osten stattfand, in dem sich kleine Trupps an Irakern und Syrern auf eigene Faust bei sagenhaftem Mut den Ungeheuern des IS entgegenstellten. Ohne Sold, ohne lukrative Aussicht und sehr oft dann tot.

Unserer Berichterstattung keine gesonderte Aufmerksamkeit wert. Sie ist damit ausgelastet, Plutokratie und Selbstermächtigung von Würdenträgern in einer ganz normalen Welt einzuebnen.

Und wo feist Dreck am Stecken haftet, weiß das Amt für politische Hygiene: Das braucht der Homo tagesschauinsis schon gar nicht ins Weltbild aufzunehmen.

Wenn EU-Parlamentsmimen sich die anonymen Klüngelkonten wasserdicht machen, dann läßt es sich prima paradox als gesetzestreue Disziplinierung von Steueroasen auf fernen Südseeinseln tarnen. Journalismus, der das aufrollte ist entweder tot oder auf nächtlichem Sendeplatz verödet.

Und, daß dort, wo Untertanen wegen ein paar mittleren Scheinen bis auf Unterhosen gefilzt werden, um deren sinisterer „Geldwäsche“ beizukommen, zur gleichen Zeit Verbrecher der Welt blutige Beute als Billionensummen komfortabel, diskret sowie ohne jedes Risiko an Zoll und Fiskus vorbei, von den eigenen Banken in sämtliche Länder des Anstands in der EU, GB, USA und Kanada geholt werden: Das können Hochehrwürdige im Reichstag und in Brüssel nach so vielen Jahrzehnten der Schleuser- und Waschroutine nun einmal unmöglich ahnen oder dem gar nachgehen.

Dazu ist, was von solchen Beträgen abfällt, offenbar einfach zu umwerfend.

Wer zu Mutanten des Homo tagesschauinsis gehört, mag vielleicht bemerkt haben, daß Mafiosi vor allem aber Despoten und Kleptokraten der Welt, einst noch relativ bescheiden hunderte Millionen abzweigend, heute Milliarden zu uns hinüberschleusend, nicht nur mit Kußhand empfangen werden, sondern auch, daß unsere Staatsräson eine Rückführung von geraubtem Staats- und Volksvermögen überhaupt nicht kennt.

Auch nicht nachdem die Räuber ihre „Amtsimmunität“ verloren haben, oder gar aus ihren Ländern verjagt worden sind.

Kaum jemals möchte sich die feine westliche Gesellschaft, die ja die unsere sein soll, mit dem Schaden der Völker und Rückführung von Raubgut beschäftigen.

Und wenn dergleichen kolossale Beute so seltener Weise doch einmal zur Sprache gelangt, also unglücklichen Umständen zur Folge thematisiert sein will, dann läßt man eine Gerichtsaufführung bei evtl. tatsächlich motivierten Staatsanwälten an kurzer Leine (die bei uns ohnehin Kanzleramt unterstehen / eine Leine sich also erübrigt) aufführen, wie just in der Schweiz mit dem Fall der Gulnara Karimova, Tochter ehemaligen usbekischen Präsidenten Islam Karimov, und deren läppischen Teilbetrags von $350 Millionen aus Gesamtposition von knapp einer Milliarde Dollar. (Schön rund; diese vom Aufteilen auf Depots entstehenden Summen, nicht wahr? Beim Sohn eines bayerischen Präsidenten waren es zufällig ebenfalls 350 Mio. DM.)

Den schweizer Staatsanwälten soll es (ganz wie deren deutschen Kollegen, die im Fall des Präsidentensohnes keine schnöden Bankauszüge zu beschaffen vermochten) an Beweis dafür ermangeln, daß das Geld aus illegalen Quellen stammt. (Es ist ja auch einleuchtend, daß Sprösse von Staatschefs aus deren Salären neunstellige Zahlen übrig behalten.)

Nun könnte man vermeinen, schweizer Unding, der Frau Karimova das Geld überlassen zu wollen, beruhe darauf, daß der Herr Vater Karimov Spuren in zentralasiatischer Heimat verwische. Doch ist der gute Mann längst verstorben.

Und mehr noch, soll den schweizer Staatsanwälten Beweislast abgehen, obwohl die Frau Karimova im März und in der Heimat wegen Geldwäsche und Erpressung zu 13 Jahren Gefängnis wohl kaum ohne Beweismittel verurteilt worden ist, welche sich die Schweizer ohne Zweifel zukommen lassen könnten.

Hier ein Artikel zur Sache, samt eines Photos dazu, wie sich unter westlicher Schirmherrschaft für Staatsraub lächeln läßt.

https://www.aljazeera.com/economy/2020/12/3/bbdaughter-of-late-uzbek-president-gets-shot-at-frozen-fortune

Apropos:

Können Sie sich an die heillose Empörung in unseren Parlamenten und Medien erinnern, als Russenmafia sich auf Räuberleiter der Westmächte Liegenschaften und die Bodenschätze des Größten Landes der Welt unter den Nagel riß, und die Menschen selbstgestrickte Socken auf der Straße anbietend zurückließ?

Nein?

Ach, tatsächlich: Ich meine fast, die hat es nicht gegeben. Also wirklich Null, nada, niente … NICHTS. Denn solche Praxis gehört bei uns zum guten Ton.

Sie weist als gepriesene Tugend der „Geschäftstüchtigkeit“ sogar eigenes Idiom und Segnung auf.

Sogar im EU-Lande selbst. Bei 40 Jahren Turbo an Ausheben der Staatsschatulle, Privatisierung für Apfel & Ei, oder auch gleich geschenkt plus mit Subventionen hinterhergeworfen, samt feistestem Abräumen der DDR in schlummerndem Deutschland auf absolute Niet- und Nagelfestigkeit von Geschäftstüchtigkeit geprüft.

Wie wollte man da Frivoles und soziale Kuriosität in Rußland, Iran, Nigeria oder Malaysia zum Gespräch machen? Fiele das auf einen zurück, wäre die Republik flach wie eine Flunder.

Also: Gute Fahrt, Gulnara!

Lassen Sie sich von Dosen auskratzenden Landsleuten nicht irritieren. Bei uns hat sich das Wühlen in Mülltonnen ja auch schon etabliert.

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Geschrieben von

Knossos

Anonyme Konten ans Licht; für echte Volksvertretung!

Knossos

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