Schreibers Flausen

Publikationslandschaft Seicht um heißen Brei herum gedruckt

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Was hast du dir gedacht?

Neben einem Glas Whiskey oder Rotwein in Tabernen sitzend, Anekdoten etwa aus der Sicht des Matadors statt des Toros festzuhalten, während aus der Ferne Schecks für zeitgenössisch als progressiv geltendes Genie hereinflattern, das kommenden Schulklassen zur Lektüre und Journalisten zur millionenfach stilistischen Vorlage dienen wird?

Vielleicht auch inspiriert gewesen von klugen Helden und Idealisten, die etwa ein viertel Jahrhundert lang Dinge aufdeckten, die kein Gemeingeist erahnte?

Oder hast du dir nichts ausgemalt; geschrieben, wie halt gründelnde Plots, prägnante Sprache oder zuweilen beides aus Innerstem drängen?

Vielleicht in eine Zeit verirrt, in der es Spitzwegs Poeten klamm aufs Lager tröpfelt während Hausfrauenromane und Infantiles längst ein Raunen à la: "Das kann ich auch!", und Belagerung von Verlagen durchs Land schickte, welche wiederum weniger gottverdammte Fertigkeit zu entdecken, als kommerziellen Bedarf zu befriedigen suchten, dessen Nachfrage sie schufen?

Schreibend aus feuchter Kammer wohl nach Frankreich blickend, wo Hinz & Kunz noch Chancen haben; weniger exklusive Kanäle, Verbindungen und Fügsames herrschen als noch offene Türen und Hände sachkundiger Lektorate?

Wo Namen- oder Mäzenlose, wenn nicht garstige Houellebecqs, Augenmerk finden?

In deutschem Lande frustriert wie einst ein Großer namens Heine?

"O Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich deiner, wein ich fast!

Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
Das leichte Volk wird mir zur Last. ...

Und alles dreht sich hier im Kreise
Mit Ungestüm, wie'n toller Traum!

Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
Wie angenagelt, rührt sich kaum."

Nepotismus der Nichtigkeit in den Künsten und willfähriges Pisa in deutschen Druckmedien stoßen dir auf? Sorge über Rückkehr zu Propaganda und Einebnung?

Sei doch nicht pathetisch, Compadre, und sieh ein, bloß Zeichen der Zeit zu verkennen.

Wärst du nicht verbohrt in Anspruch, und Entelechie des Taos nur fließen ließest, krönte dich eventueller Lorbeer fünfsternigen Ambientes.

Lohnenswert ist nicht Verstand, sondern eben Krämers Herz, dem gewitzte Publizisten in arglos spiegelnden Augen nachspüren.

Du erinnerst dich naiv stilisierter Blümchen, die deine Sitznachbarin in der Schule kritzelte, während deine Hefte Licht und Schatten des Realismus schmückten?

Dieser Tage sind zehn Millionen Hardcover eines ganzen mit solch Gewächsen zugemalten Buches verkauft worden. Viele Seiten davon nicht einmal der Mühe, farblich ausgefüllt zu sein. Stengel, Blätter und Blüten, wie sie Achtklässlern aus dem Füller kommen.

Du denkst, der Deutsche möchte von Findigkeit eingeholt werden, der er bis zur Erschöpfung flieht? Geschichten lesen, die illuminieren; überraschen, zu Denken geben?

Mag sein, daß Mancher Solches möchte und andere sich verleiten ließen.

Doch romantischer Tropf bei der Kreation, verstehst du nun einmal eingeübte Bedienung deutschen Marktes nicht.

Wenn du dich verplemperst, dann mach es anderweitig von Acht bis Fünf, Montags bis Freitags, oder zieh irgendwo hin zwischen Frankreich und Lateinamerika.

Bleibst du aber als dröge Ameise doch daheim, begegnet dir hinterm Portier vielleicht einmal ungemein aufgeschlossen neugierige Patronage der Avantgarde, die dich womöglich für Mobiles aus Bierdeckeln, Kleidung aus Brillentüchern oder Fabeln über Max & Liese groß rausbringt.

Mit, ob virtuos oder linkisch einerlei, was in vorgegebenem Rahmen, an Belanglosem ausgefallen scheint oder als Retro durchgeht, nur als Brutus deiner selbst nicht am Kern gesellschaftlichen Pudels rührt.

Auf daß ein Lotterielos nicht ausgeschlossen ist in Heinrichs heute wieder gar freiheitlich eingehegter Heimat.

Denn, hast du´s nicht vernommen: Die Gedanken sind frei, -ausgeblasen wie ein Ei dem anderen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Knossos

Anonyme Konten ans Licht; für echte Volksvertretung!

Knossos

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