Beifall vom Himmel

USA Für viele Amerikaner ist die Frage nach der Hauptstadt Israels kein großes Thema – außer für Trumps Stammwähler
Ausgabe 50/2017
„Gott segnet die, die Israel segnen", glaubt Ronnie Floyd, früher Präsident der größten protestantischen Kirche der USA
„Gott segnet die, die Israel segnen", glaubt Ronnie Floyd, früher Präsident der größten protestantischen Kirche der USA

Foto: Saul Loeb/AFP/Getty Images

Sitzend vor einem mit roten Schleifen und goldenen Kugeln behangenen Weihnachtsbaum hat Donald Trump vergangene Woche eine Deklaration zur Anerkennung von Jerusalem als der Hauptstadt Israels unterzeichnet. Dies liege im Interesse der USA. Aus dem Ausland kamen weltweit Warnungen: Trump richte großen Schaden an für den „Frieden im Nahen Osten“. In der US-amerikanischen Politik freilich liegt seine Entscheidung gar nicht weit von Akzeptablem und „Normalem“. Kommentare rätselten allerdings über den Zeitpunkt der Deklaration.

Angeblich arbeitet der junge Immobilienmakler, Schwiegersohn und Berater für vieles, Jared Kushner, momentan an einem „ultimativen Deal“ für Frieden im Nahen Osten. Details gibt es angeblich Anfang 2018. Mit „Jerusalem“ wurde signalisiert, dass in der Ära Trump Palästinenser vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Und mit der Ankündigung verdrängte der PR-bewusste Trump vorübergehend die ewigen Russlandgeschichten, in deren Strudel Kushner zunehmend zu geraten scheint.

Nicht begeistert waren wohl Außenminister Rex Tillerson und der Chef des Pentagons, Jim Mattis – beides Politiker, die offenbar an der herkömmlichen Rolle der USA als dem angeblich „ehrlichen Makler“ festhalten möchten. Tel Aviv sei Israels Hauptstadt, hatte Mattis bei der Senatsanhörung über seine Ernennung unmissverständlich gesagt. Tillerson war bei der vorweihnachtlichen Unterzeichnung erst gar nicht anwesend. Er bemühte sich hinterher, die Tragweite herunterzuspielen. CNN zitierte den Minister „am Tag danach“ am Rande der OSZE-Konferenz in Wien so: „Realität ist, dass wir heute aufgewacht sind nach dieser Ankündigung. Nichts ist anders, außer dass der Präsident jetzt das Gesetz von 1995 implementiert hat.“ Bis zum Bau der US-Botschaft in Jerusalem werde ohnehin Zeit vergehen. 1995 hatte der US-Kongress mit überwältigender Mehrheit vorgeschrieben, die Botschaft der USA nach Jerusalem zu verlegen.

Politischen Schaden dürfte Trump nicht erleiden. Ganz im Gegenteil. Für die meisten US-Amerikaner ist „Jerusalem“ kein bewegendes Thema, die komplexe Geschichte der Stadt kommt kaum zur Geltung. Ganz wichtig ist Jerusalem freilich für viele von Trumps rechtschristlichen Stammwählern. Weiße Evangelikale, die etwa ein Fünftel der US-Bevölkerung ausmachen und zu 80 Prozent für Trump gestimmt haben, führen theologische Gründe an.

Die US-Außenpolitik decke sich endlich mit „der biblischen Wahrheit“, dass Jerusalem die „ewige und unteilbare Hauptstadt des jüdischen Staates“ sei, lobte der Präsident des Lobbyverbandes Family Research Council. Evangelikale seien begeistert, so die TV-Predigerin und Top-Glaubensberaterin des Präsidenten, Paula White. Gott werde Amerika segnen, sagte Ronnie Floyd, früher Präsident des Südlichen Baptistenverbandes, der größten protestantischen Kirche der USA, denn in der Bibel stehe: „Gott segnet die, die Israel segnen.“ Die jüdische Zeitung Forward kommentierte: Vornehmlich „christliche Aktivisten“ hätten Druck gemacht für die Anerkennung. Orthodoxe jüdische Gruppen hätten sich auch eingesetzt, doch manche jüdische Zionisten hätten die Kampagne nur „vom Rande aus“ unterstützt.

Große jüdische Verbände lobten Trump, darunter der Lobbyverband AIPAC, das American Jewish Committee, die Anti-Defamation League und der Verband der Präsidenten der großen amerikanischen jüdischen Organisationen. Die Zustimmung war nicht einhellig. Jerusalem sei nach Ansicht des reformierten Judentums die „ewige Hauptstadt“ des jüdischen Volkes, sagte der Präsident der Union for Reform Judaism. Doch ohne umfassenden Friedensplan könne man Trumps Entscheidung nicht unterstützen.

Demokraten mit im Boot

Die Republikanische Partei ließ wissen, Trump habe nur das getan, was die Politik seit Jahren fordere. Hillary Clinton erklärte 1999 im Wahlkampf um das Amt als Senatorin von New York, Jerusalem sei die „ewige und unteilbare Hauptstadt von Israel“. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Charles Schumer, hatte im Oktober verlangt, die US-Botschaft solle „so bald wie möglich“ nach Jerusalem verlegt werden. Dem „Gesetz von 1995“ hatten die meisten Demokraten zugestimmt, auch der spätere Außenminister John Kerry.

Mit Hilfe einer Aufschubklausel im Gesetz hatten die Präsidenten vor Trump die Botschaftsverlegung immer wieder vertagt. Rhetorik schien gut und recht, die Umsetzung zu riskant. Trump hat nun für neue Klarheiten gesorgt. Was aber dem nun en detail folgen soll, ist unklar.

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