Der nächste Kennedy?

US-Vorwahlen Dass er Hoffnungen auslöst und Veränderung will, hält Barack Obama vorn

Erst Iowa, dann New Hampshire: Nach den ersten Vorwahlen darf man noch träumen. "Change", das heißt Wandel oder etwas Neues und ist ein Begriff, der ankommt. Nach sieben Jahren George Bush im Weißen Haus, dem Irak, den ermüdenden Floskeln von Sicherheit und Terrorismus, der Starrheit beim Klimaschutz und dem Ansehensverlust im Ausland, hätten viele Amerikaner gern etwas Anderes, um wieder so richtig stolz auf ihre Nation sein zu können. Hillary Clinton, die erst punkten wollte als "bestqualifizierte" Politikerin mit Erfahrung, ist nun auch für Change.

Erfahrung sei ohnehin nicht ausschlaggebend, sagt Obama, und hat die Lacher auf seiner Seite mit dem Kommentar "Dick Cheney und Don Rumsfeld hatten viel Erfahrung." Obama setzte den Begriff Change am wirkungsvollsten ein. Er werde Amerika helfen, soziale Gräben zu überbrücken. Um Probleme zu lösen, "können wir Amerikaner doch zusammenkommen als ein Volk", sagt er - und die Zuhörer jubeln. Besonders junge Menschen machten mit beim Obama-Wahlkampf in Iowa und New Hampshire und machen wohl auch mit, wenn es weiter geht in South Carolina am 26. Januar und am vielleicht schon alles entscheidenden "Super-Dienstag" (5. Februar) mit Vorwahlen in 19 der 50 Bundesstaaten.

Dass er Hoffnung verbreitet in den für die Demokraten düsteren Zeiten, hat Obama nach vorn katapultiert. Dass ein Afro-Amerikaner reale Chancen hat, Präsident zu werden, ist in sich selber Beweis, dass Veränderung möglich ist. Wenn aber Obama spezifische Programme vorlegt, wird erkenntlich, warum er so viele Millionen bekommt von der Wirtschaft, die bei Change an etwas anderes denkt als der Wähler mit dem Einfamilienhaus, der sich seine Krankenversicherungsprämie nicht mehr leisten kann.

Obama ist bei Wirtschaftsthemen so sehr ein Politiker des Establishments wie Clinton. Die Vorschläge der beiden zur Gesundheitspolitik sind sehr ähnlich und stützen sich auf private Versicherungen. Obamas Reden vom "gemeinsam Probleme lösen" seien naiv oder Augenwischerei, sagt der demokratische Kandidat John Edwards. Die Versicherungs-, Pharma- und Ölindustrie würden ihre Profite nicht freiwillig aufgeben. Und progressive Reformen der Steuerpolitik seien nur möglich, wenn Bushs Freunde, die Millionäre, zur Kasse gebeten werden. Bei der Umweltpolitik sehen die Demokraten nur gut aus, weil Bush eben so schlecht war.

Bei der Irak-Politik halten Friedensaktivisten Obama zugute, dass er nie für den Krieg gestimmt hat. Allerdings macht der Bewerber mit dem außenpolitischen Berater Zbigniew Brzezinski im Rücken klar, dass er keinen umfassenden Abzug befürwortet. Wie Hillary Clinton will Obama nur Kampftruppen zurückholen. Tausende GIs - genaue Zahlen nennt er nicht - würden aber unbefristet im Irak bleiben, um die irakische Armee auszubilden und Stützpunkte zu sichern.

Die Republikaner machen den Eindruck, als seien sie festgefahren. Die Partei erlebe eine "Graswurzel-Revolte", erklärte der konservative Kommentator Paul Edwards nach Huckabees Sieg in Iowa. Sozialkonservative hätten die Nase voll von Kandidaten wie Rudy Giuliani und Mitt Romney, die "moralische Anliegen" nicht wirklich ernst nähmen. Bei dem gelernten Baptistenprediger Huckabee, der sich nach eigenen Angaben auf eine höhere Macht stützt, weiß man, was kommt. Er ist ein strikter Gegner der Abtreibung ("Kindermord") und verbat als Gouverneur von Arkansas (1996 - 2007) das Fluchen und Rauchen im Capitol. Aber Huckabee passt nicht ganz in die "typisch rechte Schublade". Er beklagt die "außerordentliche Armut" in den USA. Als Gouverneur führte er eine Krankenversicherung für Kinder aus einkommensschwachen Familien ein. Huckabee sei ein "neues Phänomen", erklärte der demokratische Autor Matt Taibbi. Er vereinige "christlichen Fundamentalismus und wirtschaftlichen Populismus", wenn Unternehmer zu viel verdienten. Das stiftet Unruhe unter den großen Spendern der Partei.

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