Die Zeit arbeitet gegen die Republikaner

US-Wahl Obama liegt vorne, was auch daran liegt, dass die Konservativen seit Jahrzehnten vor allem die Interessen der weißen Bevölkerung vertreten. Und das reicht nicht mehr
"He saved our jobs", steht auf dem T-Shirt dieser Obama-Anhänger, die Republikaner hingegen kümmern sich wenig um die amerikanischen Minderheiten
"He saved our jobs", steht auf dem T-Shirt dieser Obama-Anhänger, die Republikaner hingegen kümmern sich wenig um die amerikanischen Minderheiten

Foto: Mladen Antonov/AFP/Getty Images

Nun könnte es also doch knapp reichen für Barack Obama. Jedenfalls sieht es derzeit so aus. Nach dem Parteitag der Demokraten in Charlotte ermittelte die New York Times in ihrer jüngsten Umfrage 51,5 Prozent der Stimmen für den US-Präsidenten und 47,5 Prozent für seinen republikanischen Gegner Mitt Romney. Im entscheidenden Electoral College hätte Obama 315 Wahlmänner, Romney 223.

Zwar kann noch viel geschehen bis zum Wahltag am 6. November – Wirtschaftsflaute, Iran-Krise, Wahlkampfausrutscher bis hin zu republikanischen Versuchen, traditionellen Wählern der Demokraten die Stimmabgabe zu erschweren.

Doch die Konservativen haben ein grundlegendes Problem, das sich in den verbleibenden acht Wochen wohl nicht reparieren lässt: Sie vertreten seit Jahrzehnten vor allem die Interessen der weißen Bevölkerung. Und das reicht nicht mehr.

Denn der Bevölkerungsanteil der Weißen schwindet – allein in den vergangenen zehn Jahren sank er von 69,1 auf 63,7 Prozent. Entsprechend stieg der Anteil der Schwarzen, Latinos und Asiatisch-Stämmigen. Für den Ausgang von Wahlen wird das immer entscheidender. Obama erhielt 2008 nur 43 Prozent der weißen, aber 95 Prozent der afro-amerikanischen und 66 Prozent der hispanischen Stimmen. Und er gewann.

Minderheiten als Sündenböcke

Es gibt gute Gründe, warum Minderheiten auf Distanz zu den Republikanern bleiben. Die Partei ist einwandererfeindlich, sie lehnt Anti-Diskriminierungsgesetze ab und lässt kaum eine Gelegenheit aus, Schwarze und Latinos zu Sündenböcken für gesellschaftliche Probleme zu machen. Muslime sowieso. Sarah Palin spricht gerne von „wirklichen Amerikanern“ – als Gegensatz zu den „anderen“. Die Wirtschaftpolitik der Republikaner orientiert sich zudem weiter an den oberen Einkommensschichten, wo Minderheiten weniger vertreten sind.

Mitt Romney sieht wohl ein, dass er bei Minderheiten auf verlorenem Posten steht. Er spielt daher mit Ideen, die von weißen Stammwählern verstanden werden. So behaupten republikanische Werbespots fälschlich, Obama wolle die Arbeitspflicht für Sozialhilfeempfänger abschaffen. Die Botschaft: Der schwarze Präsident tut den oft schwarzen Wohlfahrtsempfängern etwas Gutes.

Bei manchem Wähler verfängt das Misstrauen gegen Obama, besonders bei Senioren und Weißen ohne Ausbildung. Nach einer Umfrage von Pew Research klassifizierten sich Weiße über 65 vor acht Jahren zu 46 Prozent als Demokraten und zu 46 Prozent als Republikaner. Heute fühlen sich 54 Prozent der weißen Senioren als Republikaner. Bei den Weißen ohne College sind es ebenfalls 54 Prozent; nur 37 Prozent verstehen sich als Demokraten.

Trotzdem: Die Zeit arbeitet gegen die Republikaner. Viele junge Wähler haben nicht viel Lust auf einen Kulturkampf gegen gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung. Und viele Frauen fühlen sich abgestoßen vom offenen Sexismus einiger republikanischer Politiker und von der ideologischen Abtreibungsfeindlichkeit der Partei.

Sie alle tendieren eher zu Obama. Nun muss er in den restlichen Wochen diese Wähler für sich mobilisieren. Obama hat deutlich mehr Potenzial als Romney. Und an Geld mangelt es ihm offenbar auch nicht. Im August nahm Obama 114 Millionen Dollar an Spenden ein.

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