Henry Kissinger: Realpolitiker, der die Moral des Pragmatismus schätzte

Zeitgeschichte Hang zum Kriminellen: Henry Kissinger hofierte das Folterregime in Argentinien, weil es US-Interessen in Lateinamerika diente. Nun ist der als Staatsmann verehrte, skrupellose Politiker im Alter von 100 Jahren gestorben
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 21/2023 | Aktualisiert am 30.11.2023, 15:30
Henry Kissinger, 1976
Henry Kissinger, 1976

Foto: Keystone/Zuma/Imago Images

Am 10. Juni 1976 zeigte sich US-Außenminister Henry Kissinger wohlwollend. „Wir haben die Ereignisse in Argentinien genau verfolgt“, versicherte er seinem Amtskollegen, Admiral César Augusto Guzzetti von der argentinischen Militärjunta. „Wir wünschen der neuen Regierung alles Gute“, so Kissinger. Zu diesem Zeitpunkt lag der Staatsstreich, mit dem sich in Buenos Aires Obristen die Macht einverleibt hatten, drei Monate zurück. Man werde alles tun, damit diese Regierung Erfolg habe, versprach Kissinger. Je schneller, umso besser. Dabei häuften sich Berichte über die exemplarische Brutalität dieses Regimes, worüber Kissingers Ministerium Bescheid wusste. Robert Hill, US-Botschafter in Buenos Aires, sprach die Sache im Septemb