Henry Kissinger wird 100: Realpolitiker, der die Moral des Pragmatismus schätzte

Zeitgeschichte Hang zum Kriminellen: Henry Kissinger hofiert das Folterregime in Argentinien, weil es US-Interessen in Lateinamerika dient. Der als Staatsmann verehrte, skrupellose Politiker wird nun 100 Jahre alt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 21/2023
Henry Kissinger, 1976
Henry Kissinger, 1976

Foto: Keystone/Zuma/Imago Images

Am 10. Juni 1976 zeigte sich US-Außenminister Henry Kissinger wohlwollend. „Wir haben die Ereignisse in Argentinien genau verfolgt“, versicherte er seinem Amtskollegen, Admiral César Augusto Guzzetti von der argentinischen Militärjunta. „Wir wünschen der neuen Regierung alles Gute“, so Kissinger. Zu diesem Zeitpunkt lag der Staatsstreich, mit dem sich in Buenos Aires Obristen die Macht einverleibt hatten, drei Monate zurück. Man werde alles tun, damit diese Regierung Erfolg habe, versprach Kissinger. Je schneller, umso besser. Dabei häuften sich Berichte über die exemplarische Brutalität dieses Regimes, worüber Kissingers Ministerium Bescheid wusste. Robert Hill, US-Botschafter in Buenos Aires, sprach die Sache im Septemb