Wenn sich Donald Trump im November 2020 erneut um das höchste Staatsamt bewirbt, kann er durchaus gewinnen. Im weißen Amerika hat er haufenweise Fans. Wegen der Besonderheit des Wahlmodus mit dem Electoral College braucht er keine Mehrheit der Wählerstimmen, um zu siegen. Den ersten großen Schritt zur zweiten Amtsperiode hat der 72-Jährige bereits getan, indem er innerparteiliche Kritiker eingeschüchtert hat. Was heute in den USA allein zählt, ist Nähe zum Mann an der Macht. Folglich können die Republikaner auf Vorwahlen verzichten. Bei den Demokraten hingegen drängen sich rund zwei Dutzend Anwärter vor die Fernsehkameras, ihr Portfolio reicht vom demokratischen Sozialismus bis zum Bekenntnis, „die Mittelschicht nicht verunsichern“ zu wollen.
Wer die politischen Zustände verstehen will, kann sie nicht nach den üblichen Kriterien analysieren wie Interessensgruppen, Klassenkonflikte, Geldgeber und Machtkonstellation. Trump liefert seinen Wählern Konkretes, indem er die Gerichte umbesetzt, sich strikt gegen Abtreibung wendet und Steuern senkt. Zugleich ist Politik mehr denn je Glaubenssache. Man glaubt an Trump oder nicht, akzeptiert seine Realität oder nicht. In der Welt des Präsidenten sind Medien bekanntermaßen der Feind des Volkes, und Sonderermittler Robert Mueller hat nichts Negatives zu Tage gebracht.
Ein tiefer Graben liegt zwischen weißen Amerikanern, besonders der älteren Generation, und dem Rest. Trump gibt vielen Weißen das Gefühl, auf ihrer Seite gegen eine Zukunft zu stehen, in der sie unter die Räder kommen und Privilegien verlieren. Und er hat die Opposition erschöpft. Witze in den Comedy Shows über seinen schlecht sitzenden Anzug beim Dinner mit der britischen Königin wirken abgestanden. Dieser Präsident stürzt das Land von einer vermeintlichen „Krise“ in die nächste, sei es mit angedrohten Handelszöllen gegen Mexiko, der Verhängung des Ausnahmezustandes, um eine Grenzmauer zu finanzieren, dem Gepolter gegen die NATO, Kriegsdrohungen gegen den Iran, das Aussageverbot für einen Klimaexperten im Außenministerium, vulgären Beschimpfungen. Demokraten können da nicht mithalten. Es gibt gute Argumente, ein Amtsenthebungsverfahren würde Trump schaden, und gute Argumente, dass es ihm nützt und seine Leute noch mehr zusammenbringt. Der kommerzielle Medienapparat sabbert bei Trumps Tweets wie der Hund beim Pawlowschen Experiment.
Überdies ist die demokratische Wählerschaft ein kompliziertes Gebilde, lange nicht so beweglich wie die Republikanische Partei. Das Bildungsbürgertum ist dabei, untere Einkommensschichten, Schwarze und Latinos, identitätspolitisch ausgerichtete ethnische und LGBT-Verbände, Feministinnen, hoffentlich die Gewerkschaften und junge Amerikaner. Bei den Kongresswahlen 2018 haben die Demokraten gewonnen, weil ihre Kandidaten entschlossen gegen Trump antraten und gleichzeitig auf Wahlkreise zugeschnittene Programme vorlegten. Und jetzt soll ein Kandidat die diversen Strömungen unter einen Hut bringen?
Staaten statt Stimmen
Ben LaBolt, Pressesprecher von Barack Obamas Wiederwahlkampagne 2012, hat im Magazin The Atlantic Sorgen angemeldet. Trump mache seit dem Amtsantritt 2017 Wahlkampf, um mit seiner Basis in Kontakt zu bleiben. Obama habe das mit dem Mobilisieren seines Anhangs genauso getan. Trump führe zudem ganz gezielt Wahlkampf in den entscheidenden „Schlachtfeldstaaten“, in denen sich beide Seiten Chancen ausrechnen. Anderswo ist schon jetzt alles klar. Kalifornien und New York wählen demokratisch; Alabama, Mississippi, Wyoming, ziemlich der gesamte Süden republikanisch. Nur gut ein Dutzend Bundesstaaten, darunter Michigan, Wisconsin und Pennsylvania, gilt als ergebnisoffen. In diesen drei Staaten hat Trump 2016 mit knapp 80.000 Stimmen Vorsprung gewonnen.
Wenn am 3. November 2020 der demokratische Kandidat bzw. die Kandidatin gewinnen will, kommt es darauf an, dass in den entscheidenden Staaten genug Wähler demokratisch wählen. Dass, wie zu vermuten ist, Trump 2020 ein paar Millionen weniger Stimmen erhält, wird nicht entscheidend sein. 2016 lag sein Ergebnis fast drei Millionen Stimmen unter dem von Hillary Clinton.
Kommentare 7
Eigentlich kann man derzeit nur eine Hoffnung haben: dass sich die Polit- und Wahlberichterstattungs-Profis sich im Hinblick auf 2020 genauso irren, wie sie es 2016 getan haben.
Anlässe für Irrtümer sehe ich derzeit leider ebensowenig wie der Artikelautor.
Nun, die Welt wird es überleben, wie sie Hitler, Stalin, Mao und andere Knallschoten überlebt hat. Trump spiegelt sehr schön Gestalt und Zustand der amerikanischen Gesellschaft wider. Wie bei uns die liebe Frau Merkel die deutsche.🙈
das ist wohl das abgeschmackteste und bösartig-zynischste,
zugleich bodenlosig-verachtenste gegen opfer dieser poltiker,
was so raus-zu-hauen möglich ist.
denken Sie nach.
Nicht wahr? Wohl dem, der seine wohlgestalten Reime im Wolkenkuckucksheim feilen und pflegen kann. Schenken Sie Ihrer lieben Frau Mutter einen schönen Blumenstrauß. Sie wird sich freuen.🌷
Nicht wahr? Wohl dem, der seine wohlgestalten Reime im Wolkenkuckucksheim feilen und pflegen kann. Schenken Sie Ihrer lieben Frau Mutter einen schönen Blumenstrauß. Sie wird sich freuen.🌷
„Der kommerzielle Medienapparat sabbert bei Trumps Tweets wie der Hund beim Pawlowschen Experiment.“
Jawohl: Sie geifern weiter! Und sie vermögen nicht zuzugeben, dass Donald Trump ihre Ab- und Grabgesänge ganz offensichtlich ziemlich unbeschadet überlebt hat.
Während Sie den Mann mit ihrer Russland-Affären-Legende den politischen Dolch-Tod sterben lassen wollten, triumphiert er nun:
Donald Trump hat in Orlando, Florida, offiziell seine Kandidatur um eine zweite Amtszeit verkündet.
Trump wird tendenziell wiedergewählt werden. Wieso auch nicht? Die Taten seiner Administration sind ja bei aller kettensägenhaftigkeit seines Charakters beschreibbar, auch wenn die politische Linke sie ausblendet oder als Untaten erlebt. Wie auch immer: darüber entscheiden die Bürger und Trumps Ausgangslage mit dem Ruf "Keep America Great" ist so schlecht nicht.
Die Demokraten sind außerdem sehr heterogen geworden, reichen vom kalifornischen Surfer über die akademischen Mittelbau bis zu hart-bunten Einschlägen wie ihrer salafistischen Kongressabgeordneten, die die republikanernahen Sender als Lieblingsziel ausgemacht haben.
Wahrscheinlich ist das zu heterogen, um Trump insgesamt gefährlich werden zu können. Auch steht da kein klarer Gegenkandidat. Sanders ist ein seriöser Typ, aber ein verkappter Marxist. Das ist in Europa schon schwierig, aus Gründen (siehe Kühnert-Debatte), in den USA definitiv ein No-Go. Biden ist in alle Richtungen kompatibel, aber farblos. Und beide sind zudem älter als Trump. Mit dem Ruf, einen ziemlich alten Präsidenten gegen einen noch älteren austauschen zu wollen, kommt man nicht allzu weit.
Und die jüngeren Demokraten sind alle reichlich bunt und damit Gefahr laufend, außerhalb oder gar gegen die Wirklichkeit Politik zu machen und sich der eigenen Bubble so lange zu erfreuen, bis sie platzt.
Im Rust Belt, Trumps politischer Festung, machen die Demokraten keinen Stich, wenn sie dort als post-industrielle LGBT-Truppe aufschlagen (oder vom re-industrialisierenden Arbeiterführer Trump glaubhaft als solche bezeichnet werden können). Herr Ege schreibt ja nicht zufällig "und hoffentlich die Gewerkschaften". Beim kleinen Mann enthält der Zug einfach nur noch wenige Abteile für die Demokraten. Ähnlich der SPD. Eine solche Linke denkt nicht mehr ökonomisch, sondern "bunt", will nicht von Geldbeuteln und Lebenslagen, sondern von Hautfarben, Rassen, geschlechtlichen Polungen gewählt werden und erweckt ununterbrochen den Eindruck (ob zutreffend oder nicht), die Anliegen von Einwanderern lägen ihnen näher als die der wahlberechtigen Bürger. Das könnte und dürfte zu wenig sein, erst recht gegen Trump, denn ein klein bisschen härter ist die Welt schon.
Der Wahlausgangs-Guru Allan Lichtman, der ja den Sieg Trumps bereits vorhersagte, in den Bubble-internen Überschwang dieser Leute hinein (gleichwohl ist er Mitglied der Demokraten), hat ja nun ein neues Buch geschrieben zur Frage von Trumps Wiederwahl. Die NZZ hat es gestern in einem recht interessanten Beitrag besprochen. Entlang der Lichtman-Weisheiten fehlen ein paar Faktoren, um Trump substanziell gefährlich werden zu können, beispielsweise ein nichtgewinnbarer Krieg.