Pakt schlägt sich

Syrien/USA US-Truppen könnten mit der Armee Erdoğans aneinandergeraten
Ausgabe 05/2018
Für die Regierung Trump wird mit den Gefechten in Nordsyrien die Beziehung zur Türkei zum Balanceakt
Für die Regierung Trump wird mit den Gefechten in Nordsyrien die Beziehung zur Türkei zum Balanceakt

Foto: Ozan Kose/AFP/Getty Images

Die Sache mit Erdoğan und Trump war früher weniger komplex und folgenschwer. Da hatten sich noch keine Außen- und Verteidigungsminister eingemischt. „Danke, Ministerpräsident Erdoğan, dass Sie bei uns waren, um die Eröffnung der #Trump Towers Istanbul zu feiern“, schrieb Trump-Tochter Ivanka im April 2012 auf Twitter. Ihr Vater war offenbar auch begeistert. „Gerade abgereist aus Istanbul, Türkei, gestern, wo #Trump Towers gerade eröffnet wurden – großartig!“

Heute dagegen streiten sich amerikanische und türkische Regierungsvertreter über den Inhalt eines Gespräches beider Präsidenten zur türkischen Syrien-Offensive. Nach Telefonaten des Präsidenten mit Amtskollegen veröffentlicht die Pressestelle des Weißen Hauses sogenannte Readouts, kurze, oft wenig informative Zusammenfassungen. Die zwei Absätze zum Gespräch mit Erdoğan am 24. Januar allerdings waren relativ gewichtig. Unstimmigkeit wurde offenbar. Trump habe „Besorgnis“ geäußert über die „eskalierende Gewalt in Afrin, Syrien“. Dort, im syrisch-türkischen Grenzgebiet, gehen türkische Einheiten gegen von den USA bewaffnete Kurdenmilizen vor. Die Türkei solle deeskalieren, hat Trump nach Angabe seines Pressebüros gemahnt, und „Handlungen vermeiden, die Konflikte riskieren könnten zwischen türkischen und amerikanischen Streitkräften“. Sofort konterte die türkische Regierung: Trump habe sich gar nicht besorgt geäußert über die Gewalt. Die beiden Staatschefs hätten lediglich Ansichten ausgetauscht.

US-Verteidigungsminister James Mattis sagte bei einer Pressekonferenz, Ankara habe die USA vor den ersten Luftangriffen im Voraus in Kenntnis gesetzt. Die Regierung Trump versucht den Balanceakt: „Türkische Sicherheitsinteressen“ (Mattis) respektieren, doch auch Verbündete beim erfolgreichen Kampf gegen den Islamischen Staat nicht fallen lassen und den Handlungsspielraum vergrößern für das Syrien nach dem Krieg. Das birgt Gefahren. CNN zitierte Ende Januar Joseph Votel, Kommandierender General des für den Nahen Osten zuständigen Central Command: Er denke nicht daran, seine Streitkräfte trotz türkischer Warnungen aus dem nordsyrischen Ort Manbidsch abzuziehen. Das bedeute, so CNN, dass US-Einheiten in den Vormarsch der Türkei hineingeraten könnten. An die 2.000 US-Soldaten sollen in Syrien im Einsatz sein. Details sind kaum bekannt. Das Central Command beschränkt sich auf Statements wie dieses vom 25. Januar: Die Combined Joint Task Force – Operation Inherent Resolve („Inhärente Entschlossenheit“), wie die US-Militärkampagne gegen den IS in Syrien und im Irak heißt, bleibe bei ihrem Plan, „2018 zusammen mit unseren Partnern eine dauerhafte Niederlage des Daesh herbeizuführen und nicht militärische Stabilisierungsoperationen zu ermöglichen“.

Stabilisierung war auch Thema in den Interviews, die Minister Mattis zum Jahreswechsel gab. Tenor: Die USA und ihre Alliierten seien dabei, den Islamischen Staat zu zerstören („crushing the life out of ISIS“). Jetzt würden zunehmend „Contractors“ – Zivilisten und Diplomaten – gebraucht.

Keine Frage, Erdoğan dürfte sich mehr erhofft haben von Trump. Dessen außenpolitischer Berater Michael Flynn hatte doch hervorgehoben, die Türkei sei von „lebenswichtiger Bedeutung“ für die USA. Flynn, der Nationaler Sicherheitsberater wurde (und wegen der „Russlandsache“ gehen musste), äußerte sich selbst zu Fethullah Gülen, dem in den USA lebenden türkischen Geistlichen und aus Erdoğans Sicht Drahtzieher des Terrorismus. Die USA sollten, so Flynn, Gülen „keinen sicheren Hafen“ gewähren.

So ein toller Trump-Turm

Nach dem türkischen Verfassungsreferendum im April 2017, moniert vielerorts als Schritt weg von der Demokratie, gratulierte Trump Präsident Erdoğan und dankte ihm für dessen Zustimmung zur „Antwort auf den Einsatz chemischer Waffen durch das syrische Regime“ am 4. April 2017. Trump hatte zwei Tage später 59 Marschflugkörper auf einen syrischen Luftstützpunkt schießen lassen.

Den rechten Breitbart News erklärte Trump Ende 2015, die Türkei habe einen „starken Führer“ und sei „ein guter Partner“. Dass Ankara damals vorgeworfen wurde, von den Ölgeschäften des IS zu profitieren, störte nicht weiter. Freilich räumte Trump ein, er habe „einen kleinen Interessenkonflikt“ beim Thema Türkei, „weil ich ein großes, großes Gebäude in Istanbul habe, ein außerordentlich erfolgreicher Job“.

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