Schusswaffen, Rassismus, Migration: Diese Themen kochen in den USA. Es wäre schön, zu glauben, dass die beiden Massaker im August zu Aufschrei und Wandel führten. Doch die Zustände sind nicht so. Aufschrei ja, nach Wandel sieht es nicht aus. Die Massenmorde von El Paso in Texas mit 22 Toten und Dayton in Ohio mit neun Toten bestärken vielmehr ein Gefühl der Machtlosigkeit. Die Hoffnung auf Reformen beim Schusswaffenrecht liegt auf der Intensivstation. Wegen Trump, aber nicht nur. „Tu etwas, tu etwas“, riefen Hunderte bei einer Gedenkstunde in Dayton, als Gouverneur Mike DeWine das Wort ergriff.
Der Republikaner war 2018 mit Rückendeckung der Schusswaffenlobby National Rifle Association gewählt worden. Republikanische Politiker stellen sich hart gegen die meisten Kontrollgesetze. Demokraten sind dafür, jedoch nicht unbedingt bereit, politisches Kapital zu investieren. Vielleicht aus guten realpolitischen Gründen.
Spätestens seit Dayton und El Paso geht es allerdings nicht nur um Waffengesetze, sondern um die geistige Mittäterschaft. El Paso war ein Einschnitt, es handelt sich um eine Stadt an der Grenze zu Mexiko, mit mehrheitlich hispanischer Bevölkerung. Der Todesschütze, ein junger weißer Mann, hat in dem ihm zugeschriebenen „Manifest“ betont, seine Tat sei eine „Antwort auf die hispanische Invasion von Texas“. Er wehre sich gegen die „kulturelle und ethnische Verdrängung“ der Weißen (die Motive in Dayton sind ungeklärt). Streckenweise könnte der Manifest-Verfasser bei Trump abgeschrieben haben. Warnungen vor Invasoren, gegen die man eine Mauer errichten müsse und die „zu Millionen“ deportiert werden sollten, gehören zum alltäglichen verbalen Ausstoß des Präsidenten. Wohl noch nie in den Trump-Jahren war es so offensichtlich, dass Worte, nämlich Hetze gegen Migranten oder Politiker of color, Konsequenzen haben. Auch wenn Trump nicht der direkte Verursacher ist: Wenn in einer Nation mit Hunderten Millionen Schusswaffen der Präsident vor einer „Invasion“ warnt, ist es nicht undenkbar, dass jemand mal losschießt.
Irgendwie ist es nun ein bisschen schwierig für Republikaner, dass ein Massenmörder ihre Sprüche aufgreift. Also tut man so, als treffe das nicht zu, als warne Trump nicht ständig vor einer „Invasion“ der Migranten und Asylsuchenden. Folglich verkündete er nach El Paso in einer Rede an die Nation: Rassismus, Fanatismus und die Ideologie weißer Vorherrschaft müssten überwunden werden, er zelebrierte Trauer vom Teleprompter. Es überraschte, dass der Präsident überhaupt von der Ideologie „weißer Vorherrschaft“ sprach. Glaubhaft ist das nicht, seine Fans müssen sich wohl keine Sorgen machen, ihr Idol werde sich plötzlich dem „liberalen Establishment“ beugen. Das Anfeuern der rechten weißen Basis ist Kern seiner Identitätspolitik, dies gilt als Strategie seit den Wahlen 2016. Was der Gipfel des Zynismus ist: Trump stellte vor der Ansprache vage definierte Schusswaffengesetze in Aussicht. Als Gegenleistung verlangte er Konzessionen der Demokraten bei der Einwanderungsreform. Am ehesten sind die Republikaner dazu bereit, „Red Flag“-Gesetze zu verabschieden, denen zufolge Richter gefährlichen Personen die Waffe zeitweilig entziehen dürfen.
Demokratische Präsidentschaftsanwärter suchen nun nach dem passenden Ton. Kandidat Beto O’Rourke, vormals Kongressabgeordneter von El Paso, wurde deutlich. Natürlich habe der Präsident etwas mit der Tat in El Paso zu tun. Trump ermutige zum Rassismus. „Wir müssen die Dinge beim Namen nennen: einheimischer Terrorismus“, meint Elizabeth Warren, „wir müssen Donald Trump herausfordern, weil er diesen todbringenden Ideen Raum verschafft.“
Leider sind die Vorschläge der Demokraten limitiert und konzentrieren sich gern auf die halbautomatischen Sturmgewehre (assault weapons), mit denen man viele Schüsse schnell hintereinander abfeuern kann. Die Todesschützen in Dayton und El Paso hatten laut der örtlichen Polizei ihre Sturmgewehre legal gekauft. Wie viele davon überhaupt in Privathänden sind, ist so umstritten wie die Frage, was denn eigentlich als „Sturmgewehr“ zu gelten hat.
Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris sagte CNN, sie würde den Background-Check von Käufern verschärfen, Schusswaffendealer stärker kontrollieren (bis zu 90 Prozent der bei Straftaten verwendeten Waffen stammen von nur fünf Prozent der Händler) und den Import von Sturmgewehren verbieten. Schadet Heckler & Koch, freut aber gewiss die US-Firmen Colt wie Smith & Wesson. Kandidat Bernie Sanders würde den Verkauf der Sturmgewehre gänzlich verbieten, sein Rivale Cory Booker Waffenscheine einführen. Die Begrenztheit der Optionen reflektiert den Umstand, dass es schwer ist, von Rhetorik auf Reformen umzustellen. In den USA sind an die 300 Millionen Schusswaffen im Umlauf. Den Bürgern die Waffen zu nehmen, gilt als undenkbar. Beim Thema Schusswaffe geht es vielen Besitzern nicht nur um die Knarre selbst, repräsentiert sie doch Freiheit und Bürgermacht, auch gegen die Regierung. Trump versteht das. Seine „Make America Great Again“-Nation ist nicht vorstellbar ohne Revolver im Holster und Gewehr im Schrank. Und ohne die Warnung, man müsse Amerika vor Eindringlingen schützen. Das weiße Amerika, versteht sich.
Kommentare 33
Die Aussage des El-Paso-Täters, seine Aktion sei eine Reaktion auf die »hispanische Invasion von Texas«, ist in Sachen Realitätsverkehrung kaum zu toppen. Texas – ebenso wie der ganze US-Südwesten – wurden Mexiko in zwei blutigen Kriegen abgeknöpft. Ein wesentlicher Grund für Krieg Nummer zwei war die mexikanische Weigerung, der – damals ihren US-Beitritt vorbereitenden – Republik Texas auch den Südzipfel des heutigen Bundesstaats zu überlassen. Entsprechend verhält es sich mit der »Invasion« gerade umgekehrt: Die weißen Yankees (beziehungsweise genauer: die auf imperiale Expansion gebürsteten Südstaaten-Demokraten, also die seinerzeitigen Sklavenhalter) waren es, die großflächig eine Invasion tätigten und ihre neuen mexikanischen Mitbürger (heute: Hispanics) wirtschaftlich und gesellschaftlich ins letzte Glied verwiesen.
Auf fällt das heutzutage vermutlich deswegen nicht mehr, weil die gesamte USA auf geraubtem Grund basieren. Die Aufführung dieser »Gründungsbedingungen« (die – das stimmt ebenfalls – heute kaum noch jemand grundsätzlich revertieren möchte) ist keinesfalls billiger Agitprop aus der antiamerikanischen Kiste. Die US-Gesellschaft wurde von der jahrhundertelangen Frontier-Situation wahrscheinlich weitaus stärker tiefen-geprägt, als es gemeinhin angenommen wird. Entsprechend dünn ist die zivilisatorische Firniss. Wovon neben den Mass-Showdowns Marke El Paso ein Zeugnis abgibt, sondern ebenso das barbarische Justizsystem mit weltweit der zweithöchsten Inhaftierungsrate, Todesstrafe und natürlich auch der im Beitrag skizzierte Waffenkult.
Nachhaltig runterzufahren wäre diese seltsame US-Folklore wohl nur, wenn das Land aktiv Anschluss suchte an die zivilisatorischen Basics vergleichbarer Länder – hier vor allem Kanada und Australien. Die Progressiven unter den Demokraten haben diese Richtung roundabout im Blick. Den anachronistischen Gewaltkult runterzufahren mitsamt dem ebenso anachronistischen der Härte und des Ellbogeneinsatzes dürfte jedoch selbst im besten Fall fünfzig Jahre dauern – als Minimum.
darin ist der verdrehte mythos
von den verteidigern des forts* enthalten,
die sich gegen "wilde" heroisch zur wehr setzen.
*the alamo
Nuja – Santa Anna war wirklich ein Kotzbrocken allerobester Güteklasse. Und Crockett – der wäre heute sicher ein Parteigänger von Bernie Sanders.
Ich empfehle zum Mythos immer diesen Film.
nanu.
als typischer krieger seiner zeit kämpfte santa anna gegen
den kolonial-herren spanien, separatisten und fremd-ländische eindringlinge
der (kaukasischen)nord-amerikanischen art,
die auch gegen die sklaverei nichts einzuwenden hatten,
und suchte das mit der heimat verbundene tejas :
gegen ÜBERFREMDUNG zu halten.
sagt meine mexicanische alma und wird von wiki unterstützt:
-->texanischer unabhängigkeitskrieg.
»Spätestens seit Dayton und El Paso geht es allerdings nicht nur um Waffengesetze, sondern um die geistige Mittäterschaft.«
Warum erst „spätestens seit Dayton und El Paso“? Warum nicht schon viel früher?
»Streckenweise könnte der Manifest-Verfasser bei Trump abgeschrieben haben. Warnungen vor Invasoren, gegen die man eine Mauer errichten müsse und die „zu Millionen“ deportiert werden sollten, gehören zum alltäglichen verbalen Ausstoß des Präsidenten.«
Dass die Rhetorik des Donald Trump ihren Anteil daran hat, „Hass zu schüren und Gewalt zu begünstigen“, ist sicher nicht zu bestreiten, aber ich sehe nicht, dass er sich da von den entsprechenden Abscheulichkeiten anderer Kandidaten unterscheidet.
In diesem Kontext frage ich mich dann auch, was Donald Trump so besonders macht!
»In den USA sind an die 300 Millionen Schusswaffen im Umlauf.« Es ist der US-amerikanische Waffenfetischismus zur Bedienung von Allmachtsfantasien, der den Bürgerinnen und Bürgern zum Verhängnis wird: »Beim Thema Schusswaffe geht es vielen Besitzern nicht nur um die Knarre selbst, repräsentiert sie doch Freiheit und Bürgermacht, auch gegen die Regierung.«
In Wahrheit geht es in erster Linie darum, dass weder die Demokraten noch die Republikaner ernsthaft daran interessiert sind, die Bewaffnung der Bevölkerung zu verhindern – andernfalls wäre dieses Trauerspiel schon längst beendet.
Und angesichts von US-Präsidenten, die ihrerseits selbst schon Massenmord begingen, finde ich den Einleitungssatz
»Wenn in einem Land mit Millionen Schusswaffen der Präsident ständig vor „Invasion“ warnt, kann ein Massenmord die Folge sein«
geradezu an den Haaren herbeigezogen.
Wenn eine Nation, wie die USA, demnächst nahezu 1 Billion Dollar für Kriegsausrüstung ausgibt, setzt das eine bestimmte Mentalität voraus. Und die heißt bekanntlich, schlimm ist nur, wenn es einen selbst trifft.
Die Massenmorde von El Paso in Texas mit 22 Toten und Dayton in Ohio mit neun Toten werden – wie schon in der Vergangenheit – massierte ritualisierte Heuchelei auslösen, kaum mehr.
Ich fürchte, auch dieser Text gehört dazu!
Nunja – bereits die Begrifflichkeiten, die Sie verwenden, zeigen, dass das von Ihnen gezeichnete Bild eine Menge Feinschliff benötigt.
weder hollywood noch die -->"daughters of the american revolution"
können mich auf die seite sam houstons zerren! :-)
Das nenne ich mal eine klare Ansage ;-).
stört Sie etwa: das treffende wort "überfremdung",
das ungesetzliches einwandern von
glücks-rittern und staaten-sprengern anprangert? :-)
Unter anderem.
disculpe.
Keine Ursache. Ist in der Hitze des Gefechts fast zwangsläufig ;-).
ja ,"das gift der mccarthy-ära" ist auch so ein selbst-läufer.
wie wär es, diese als über-dosis gegen das gift des stalinismus zu sehen?
aber, was red' ich: "differenzierung ist nur krampf! im klassenkampf."
wenige, dafür aber besonders entschiedene wissen,
wo das "evil empire"/das reich des bösen
in warheit/prawda wirklich zu finden ist!
Alles nur böswillige und üble Nachrede, nicht wahr? Sie reagieren wie ein Allergiker!
Das sehe ich genauso.
Der erfolgreiche politische Marionettenspieler Donald Trump, unterscheidet sich ausschließlich durch die Art seiner (Massen-)Kommunikation, die vor ihm technisch so nicht möglich war. Da ist er sicher viel volksnaher.
Er unterscheidet sich zwar von der geschniegelten Sprache des Rattenfängers Obama, doch halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass auch er keine politische Schandtat auslässt.
ach, vieles geht mir am a. vorbei, sonst könnt ich hier nicht bleiben.
und pickel krieg ich auch nicht so leicht.
ich hab sogar ein ziemlich festes standing gegen simplifizierungen:
kann man ja selbst nicht immer vermeiden.
aber wenns gar so süffig daher kommt,
erinnere ich vernunft-fähige beiträger
auch mal an ihre eigenen maß-stäbe.
Die Kritik an Obama ist berechtigt. Trotz der hier korrekt beschriebenen Fakten sollte man jedoch aus Obama keinen Bösen machen, so wenig man ihn zum Helden stilisieren kann. Er hat nach Innen zu versöhnen versucht, nach Außen hat er als Patriot eines Staates gehandelt, der auch bereit ist, schamlos seine ungeheuren Machtmittel gegen andere einzusetzen. Immerhin war sein Handeln ambivalent. Als die Alternative Trump-Clinton anstand, war ich im Lager von „Pest oder Cholera“, aber Obama war nicht Clinton, er ist nicht richtig in den Syrienkrieg eingestiegen, allerdings war seine Israelkritik ein folgenloses Lippenbekenntnis; er war nicht souverän, nicht klug genug, die amerikanische Politik wirklich zu ändern.
Obama hat viele zu Recht schwer enttäuscht, richtiger ist indes die Einsicht in tiefere Zusammenhänge, man muß von der persönlichen Ebene herunter kommen, Individuen austauschen bringt es nicht. Der Kapitalismus und der imperialistische Kapitalismus sind erfolgreiche, ihre eigene Zustimmung erzeugende Systeme, dem politischen Handeln der herrschenden amerikanischen Elite liegt ein Systemzwang zugrunde, dem fast alle Präsidenten mehr oder weniger aus Überzeugung gefolgt sind. USAmerika beruht nicht nur auf dem exponentiellen Wachstumsprinzip der Kapitalakkumulation, sondern auch auf dem der imperialen Machtakkumulation, des Kontrollwahns, von Exzeptionalismus und Paranoia, von moralischem und voluntaristischem Rigorismus, schrankenloser Freiheit und schrankenloser Herrschaft. Aber der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht. Oder in diesem Fall passender die Metapher des Zauberlehrlings, der in die Katastrophe führt. Die Tage des Imperiums sind gezählt, hoffen wir, daß rechtzeitig die Kräfte an die Macht kommen, die den Sturz etwas federn und die Chance zu einem neuen Gesellschaftsvertrag eröffnen können.
aus einer doku über die watergate -affäre(sinn-gemäß):
bis zu nixon hatten alle US-präsidenten
einen nicht zu sprengenden glorien-schein für die bürger.
nach seiner abdankung, dem sieg der kritischen öffentlichkeit
(aus verfassungs.verfechtern, presse, justiz)
wird bei jedem präsidenten auch eine dunkle seite vermutet.
Es braucht Protest, keine Erklärungen: Obama ist auch im Rahmen des bestehenden Systems ganz individuell selbst verantwortlich. Ihr Text hier hört sich für mich wie ein Entschuldigungsschreiben an, als könne er nichts dafür.
Ich sage Ihnen: Er war genau der richtige Mann in der richtigen Sekunde, wie Joschka Fisher (auch Gerhard Schröder) damals mit seinem Tabubruch, dass von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen möge.
Der Anspruch US-amerikanischer Präsidenten, quasi omnipotent zu sein leitet sich aus dem „american exceptionalism” ab, einer Philosophie, die der Hitlerschen ziemlich nahekommt und ja ganz offensichtlich zu ähnlichen zerstörerischen Ergebnissen kommt.
Und letztlich ist es völlig egal, woher es kommt: Der Anspruch ist infantil, eitel und völlig unangebracht!
Warum missbraucht dieser Artikel ein tragisches Ereignis, noch dazu auf so durchsichtige Weise? Um es gleich vorwegzunehmen, ich sympathisiere keineswegs mit dem Täter. Aber nach dem Lesen seines Manifestes ergeben sich doch andere Blickwinkel als die einseitige Parteinahme durch und für die Demokratische Partei und gegen Trump.
Der Täter schrieb, die Medienreaktion ahnend, dass seine Ideologie sich schon lange vor Trump ergeben hat. In seinem Augen ist die Automatisierung eines der Hauptprobleme unserer Zeit, weil sie mittelfristig zu einem Jobverlust in noch nie erlebten Größenordnungen führt. Dafür macht er in erster Linie Unternehmen verantwortlich. Immigration verschärft die Probleme jedoch erheblich.
"My opinions on automation, immigration, and the rest predate Trump and his campaign for president. I putting this here because some people will blame the President or certain presidential candidates for the attack. This is not the case. I know that the media will probably call me a white supremacist anyway and blame Trump’s rhetoric. The media is infamous for fake news. Their reaction to this attack will likely just confirm that. "
https://www.paulcraigroberts.org/2019/08/05/the-el-paso-shooters-manifesto/
Andrew Bacevich hat in seinem Buch "Grenzen der Macht" überzeugend dargelegt, was ein Präsident tun kann und wo ihm sehr enge Grenzen gesetzt sind. Es ist 2008 erschienen, kann Obama also nur kurz anreißen. An den bis dahin existierenden Mechanismen hat sich jedoch nichts verändert. Bacevich sieht den Hauptgrund für Obama's Sieg jedoch genau in dem Versprechen, diese Mechanismen zu brechen. Genau wie Trump es tat, der wie sein Vorgänger daran gescheitert ist.
- Ihren hinweis auf --->amerikanischen exzeptionalismus.(wikip.)
gebe ich gern weiter.
- in jedem modernen staat gibt es legitimationen,mythen-bildungen,
die staats-bürgerliche synthesen/gemeinschaften stiften sollen.
dabei werden nicht nur besondere qualitäten behauptet,
sondern auch aufträge abgeleitet,
für die sich die bürger einsetzen/krumm-machen sollen.
- imperiale programme, die priorität vor anderen be-anspruchen,
haben viel leid ausgelöst und zun es noch immer.
- die von Ihnen behauptete nähe dieser nationalen mythen
zu hitlerschen eliminierungs-/versklavungs-programmatik gegen
europäische völker ist aber eine ent-gleisung.
denn dieses auftrags-paket, an dem ehrgeizige deutsche akademiker,
fach-leute der industrie, der justiz, des militärs mit-getan haben,
war wirklich exzeptionell.
und entbehrte jeden universellen anspruchs.
Es geht doch darum, daß diese Art der Politik aufhören soll, richtig? In Einklang mit den Aussagen der Wissenschaft glaube ich nicht an die Effektivität von Verhaltensänderungen durch die Annahme von Schuld und Verantwortung aus schlechtem Gewissen (aktuell die Ineffektivität des Ökomoralismus). Individuelle Schuldzuschreibung ist geradezu eine Entlastung der Schuldzuschreiber und mündet in sinnloser Problemverschiebung. Es ist die rechte Methode, einzelne Politiker zu Versagern zu erklären und einen Macher als Heilsbringer zu inthronisieren.
Ich sage nicht, daß man Politiker schonen, sie aus ihrer Verantwortung entlassen soll, aber es ist nötig, sie als beliebige und beliebig ersetzbare Funktionsträger zu erkennen. So konnte es nicht darum gehen, Obama aus dem Amt zu jagen, weil er einen verschärften Drohnenkrieg führte, sondern den amerikanischen Militarismus zu beenden, der wie der gnadenlose Wirtschaftskrieg gegen die Mehrheit der eigenen Bevölkerung und die restliche Welt sowie der Raubbau an der Natur aufhören muß, beides tief in der usamerikanischen Kultur verankert. Nur wenn die Bürger diese Ebene in den Blick bekommen, kann es anders werden. Individuelle Bauernopfer bringen nichts.
Ein kleiner, aber nicht unbedeutender Unterschied zwischen Obama und Trump ist, daß die Aufhebung der Mechanismen durch letzteren nur zum Wohle USAmerikas gegen den Rest der Welt beabsichtigt war und ist, und er darum die Hoffnung der Rechten ist, während ersterer die Welt und Amerika verbessern wollte, und darum die Hoffnung der Linken war. Obama ist gescheitert, Trump wird scheitern, ersteres haben wir mit großem Bedauern erlebt, letzteres werden wir mit Genugtuung quittieren.
»(…) Um es gleich vorwegzunehmen, ich sympathisiere keineswegs mit dem Täter. Aber nach dem Lesen seines Manifestes ergeben sich doch andere Blickwinkel als die einseitige Parteinahme durch und für die Demokratische Partei und gegen Trump.«
Meines Erachtens begeben Sie sich mit dieser Form Erklärung auf ein äußerst wackliges Argumentationsgerüst. Die fehlenden Jobs waren somit der Grund, wahllos Unschuldige zu killen; ergo rechtfertigen sie letztlich auch das Killen. Ebenso fragwürdig wie argumentativ wackelig ist diese Kausalbeschreibung auch deswegen, weil mit dieser Art Schema letztlich alles gerechtfertigt respektive »erklärt« werden kann – die Nazis »mussten« so sein, weil D schließlich den Weltkrieg verlor und von den Siegern Versailles aufgedrückt bekam. Die Radikalislamisten »müssen« Selbstmordanschläge und sonstige Terrorakte begehen – sie wurden ja vom Westen Jahrzehnte kolonialisiert. Und so weiter.
Mit Verlaub: Diese Form Argumentationsketten sind (bestenfalls) krudes Zeug aus der Mottenkiste des Antiimperialismus (und letztlich nicht mal das – weil diesem zumindest ein strategisches Konzept sowie eine, wenn auch vage Perspektive innewohnte). Ich will jetzt nicht ungekehrt mit den gängigen neoliberalen »Selbstverantwortungs«-Clustern kommen, die letztlich ebensowenig erklären respektive die Schuld auf den »bösen« Einzelnen abschieben. Ich favorisiere nach wie vor die Erklärung, die linke, im Kampf gegen den Neoliberalismus befindliche Bewegungen für diese Art Terror gegen die Bevölkerung haben – Faschismus. Unabhängig davon, ob eine dieser tickenden Zeitbomben Breivig bemüht, sonstwie von einem berstenden Hass besessen ist oder »nur« anderweitig den möglichst spektakulären Abgang sucht.
P. s.: Und immer und immer und immer richtet sich diese Art Terror gegen die, die entweder schwächer sind und/oder in der Hackordnung der Täter als unter ihnen stehend / minderwertig angesehen werden. Also, ohne Anspruch auf korrekte Reihenfolge: Schulkinder, Migrant(inn)en, Frauen, sexuell Andersorientierte, Obdachlose und so weiter. Ich finde, DASS vor allem sollte zu denken geben.
"während ersterer (Obama, d. Verf.) die Welt und Amerika verbessern wollte"
Der Knaller der Woche.
"american exceptionalism", die geht aber noch einen Schritt weiter als in ihrem Vergleich, nämlich auf "God's own Country". Und wer bibelfest ist und das so sieht, der argumentiert dann zirkulär.
Vielleicht sind wir uns bei der Bewertung des Manifests näher als Sie denken. Mir geht es aber um den Punkt,dass im Artikel und in den MSM das tragische Ereignis propagandistisch ausgeschlachtet wird, indem falsch und selektiv auf dieses Manifest verwiesen wird. Wie man in der Diskussion sehen kann, funktioniert das erschreckend gut.
Natürlich ist Obama der unangefochtene Meister der schönen Worte, mit denen man die Herzen der Menschen so richtig erwärmen kann. Viel mehr Unterschiede zu Trump sehe ich nicht.
Ein Komparativ hat immer eine positive Signatur, mag sie so schwach sein, wie sie will. Die Normalisierung der Beziehung zu Kuba, die Bemühung um mehr Diplomatie, die für amerikanische Verhältnisse unerhörten Worte gegen die israelische Politik, der vorsichtige Antirassismus, von vielen Aspekten der Innenpolitik zu schweigen, rechtfertigt den Komparativ.
Siehe vorstehenden Kommentar. Und in der Demokratie sind die Politiker zu einem großen Teil Kommunikatoren, Animateure, Arbeiter am Beziehungsaspekt. Natürlich ist das ein bißchen wenig, aber wundert sich noch jemand, daß in unseren Parlamenten immer mehr Schauspieler, Komiker und Selbstdarsteller Einzug halten?