Die Universität – Ort der Aufklärung und des Humanismus – ist auch ein Ort der Männer. Nach wie vor klettern nur wenige Frauen die Berufsleiter hoch bis zur Professur. Dass die Chancenungleichheit im System liegen könnte, ist für viele Unis unerträglich. Gleichstellungsbeauftragte werden beschäftigt, dennoch ändert sich nur wenig. Die häufigste Begründung lautet, es gebe einfach keine qualifizierten Frauen. Auf den ersten Blick mag das so aussehen. Offene Diskriminierung findet man kaum noch, der Weg zur systematischen Ungleichheit besteht aus vielen kleinen Schritten.
Eine US-amerikanische Studie zeigt nun, dass Männer andere Männer im Schnitt deutlich häufiger als kompetent einstufen. Biologiestudentinnen und Biologiestudenten der University of Washington wurden befragt, wem aus ihrer Klasse sie ein „starkes Verständnis des Unterrichtsmaterials“ zutrauen, wer zu den „Klassenpromis“ gehört. Verglichen wurde das anschließend mit der tatsächlichen Leistung und der Präsenz im Unterricht, zum Beispiel durch häufiges Melden. Dabei kamen Männer im Durchschnitt deutlich besser weg. Da sagt der Antifeminist: Aber Männer sind ja auch oft besser. Doch selbst unter Berücksichtigung der tatsächlichen Leistung überschätzen sich Männer untereinander kräftig. Zwar machen das auch Frauen, der Effekt ist aber wesentlich geringer.
Der Forschungsschwerpunkt zur Geschlechtergleichheit liegt heute mehr auf anerzogenem schwächerem Selbstbewusstsein als auf direkter Diskriminierung. Niemand sagt jungen Mädchen noch „Du darfst nicht“, es ist vielmehr ein „Du kannst nicht“. Daher entscheiden sich Frauen seltener für technische Studiengänge und steigen seltener in Führungspositionen auf. Hierarchische Personalsysteme wie an der Universität führen dazu, dass wichtige Entscheidungsgremien häufig nur oder ganz überwiegend mit Männern besetzt sind. Nur etwa 20 Prozent der Professoren in Deutschland sind weiblich, obwohl das Geschlechterverhältnis bei Studienanfängern bei 50:50 liegt. Im technischen Bereich klafft die Schere noch weiter auseinander.
Und es sind die männlich dominierten Gremien, die ihre männlichen Kollegen als fähiger einschätzen. Sie reproduzieren damit den Effekt an jenem Ort, der um die eigene Ungleichbehandlung eigentlich am besten Bescheid wissen sollte. Aus der Sozialpsychologie ist bekannt, dass ein „Du schaffst das!“ die Leistung tatsächlich steigern kann. Ein Herunterspielen der Fähigkeiten der anderen reduziert sie hingegen. Wie die Studie an der University of Washington zeigt, hat das nichts mit geschlechtsspezifischer Fachkompetenz zu tun. Das Können ist gleich verteilt.
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