Wenn niemand mehr zeugt

Antisemitismus Im Zuge der Pandemie wird immer öfter der Holocaust geleugnet und relativiert – weltweit. Gleichzeitig fehlen immer mehr, die aus erster Hand von der Shoah erzählen können. Was hilft noch gegen die grassierende Dummheit?
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Der französische Premierminister Jean Castex (Mitte) bei einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau mit den Holocaust-Überlebenden Elie Buzyn, Leon Lewkowicz und weiteren Teilnehmern am 27. Januar 2021
Der französische Premierminister Jean Castex (Mitte) bei einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau mit den Holocaust-Überlebenden Elie Buzyn, Leon Lewkowicz und weiteren Teilnehmern am 27. Januar 2021

Foto: Bartosz Siedlik/AFP/Getty Images

Im November vergangenen Jahres besuchte ich eine Organisation in Jerusalem, in der sich Holocaust-Überlebende treffen und gemeinsam ihre Erfahrungen aufarbeiten. Viele der überwiegend Achtzig- bis Neunzigjährigen Überlebenden sprechen gut deutsch und verfolgen deutsche Nachrichten. Viele sahen die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen, hörten von Shoah-Vergleichen und fragten mich danach.

Was sollte ich ihnen sagen? Hier saßen Menschen vor mir, die das ganze Grauen Nazideutschlands am eigenen Leib erfahren mussten, die zum Teil nur mit Glück Folter, Hunger und Kälte überlebt und die Angehörige in Konzentrationslagern und bei Todesmärschen verloren hatten. Und ich sollte ihnen erklären, wieso sich Menschen mit Geld, Wohnun