Gegen den braven Literaturbetrieb

Ambition In ihrem Roman „36,9°“ will Nora Bossong nicht nur den Linksintellektuellen Antonio Gramsci würdigen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 35/2015
Der Linksintellektuelle Antonio Gramsci (1891-1937)
Der Linksintellektuelle Antonio Gramsci (1891-1937)

Foto: Leemage/Imago

Was man gemeinhin Literaturbetrieb nennt, ist eine ziemlich kleine Gemeinde. Und eine ziemlich träge. Der Literaturbetrieb regt sich eigentlich nur, wenn man ihn in seinem Selbstverständnis angreift, das da lautet: Wir sind zwar klein, aber oho! Derartiges ereignete sich zuletzt im Januar 2014, als Florian Kessler die deutsche Gegenwartsliteratur in einemArtikel für die Zeit als brav und konformistisch beklagte, weil sie sich stets aus demselben saturierten Milieu reproduziere. Für einige Wochen brodelte es in der kleinen Gemeinde.

Auch Nora Bossong, Jahrgang 1982, Professorentochter und von Kessler namentlich genannt, replizierte damals. Allerdings widersprach sie nicht der Konformismus-These, sondern kritisierte das selbstironische Argumentationsmuster des Professorens