Kristina Schröders Homo-Ehen-Realismus

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Dass Kristina Schröder wenig Verständnis für Menschen hat, die nicht ein Leben lang Mutter-Vater-Kind in den immer gleichen Rollen spielen wollen, haben wir schmerzlich einsehen müssen. Und lautstark kritisiert – leider bisher ohne nennenswerte Resonanz.

Ich persönlich befürchte allmählich, dass Schröder ihre Positionen nicht aus innerer Überzeugung vertritt sondern weil sie sich unter konservativer Familienpolitik, einfach nichts anderes vorstellen kann. Familienministerin sein ist auch nur ein Job, und den will sie gut machen. Sie will das tun, was dem konservativen Wähler gefällt.

Am Rande eines Interviews, das sie gestern der Schwäbischen Zeitung gab, blitzt ein cleveres Stück Strategie durch, das der Ministerin ein überraschendes Maß an Realitätsgewinn bescheinigt:

SZ: Obama will die Schwulen/Lesben-Ehe erlauben. Bisher war der amerikanische Präsident nur für eingetragene Partnerschaften, wie es sie bei uns gibt. Sollte die Homo-Ehe auch in Deutschland kommen?

SZ: Obama will aber die Ehe.

Schröder: Der Begriff der Ehe wird wohl weiterhin erst mal für eine gemischte Partnerschaft von Mann und Frau gelten.

SZ: Aber Lebenspartnerschaften sind rechtlich nicht gleich gestellt, zum Beispiel in der Steuer oder beim Adoptionsrecht.

Schröder: Richtig, aber das sind nur noch wenige Dinge, und ich denke, das entwickelt sich noch. Es hat sich schon so viel getan.

In meine Sprache übersetzt bedeutet das:

  • Die Homo-Ehe ist super. Sie spart dem Staat viel Geld. Schließlich sind sich die Partner ja gegenseitig zu Unterhalt verpflichtet und zwar auch über das Ende der Partnerschaft hinaus.
  • Wir müssen die Homo-Ehe noch eine Weile "eingetragene Lebenspartnerschaft" nennen. Konservative Wähler mögen das sichere Gefühl, dass manche Institutionen unantastbar sind. Gerade wenn und weil sich die Wirklichkeit um sie herum verändert. Sie wissen schon: Wenn ich jetzt mit Gleichstellung komme, kommen die sofort mit dem besonderen Schutz der Ehe im Grundgesetz und dem "C" im Namen der Partei.
  • Das mit der Gleichstellung müssen wir elegant machen. Es darf nicht so aussehen, als hätten wir das gewollt. In den letzten zehn Jahren sind wir sehr gut damit gefahren, Recht um Recht einklagen zu lassen. Stichwort: Erbrecht, Stichwort: Hinterbliebenenversorgung, Stichwort: Ehegatten-Splitting. Die Gleichstellung passiert so peu à peu und niemand regt sich auf. In der Gesetzgebung können wir uns immer darauf berufen, nur die Gerichtsentscheidungen umzusetzen.

Mutig ist das nicht. Auch nicht visionär, nicht einmal aufrichtig. Darüber kann man sich ärgern. Aber weil man Schröders Familienpolitik noch nie in diesen Kategorien messen konnte, kann man sich ebenso gut freuen: Darüber nämlich, dass sie offenbar doch bereit ist zu akzeptieren, dass Familie auch jenseits von Mutter, Vater plus x-Kinder möglich ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

kopfkompass

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