'Aufrücken bitte ! In die Mitte geh'n !'

Keine Experimente. Das hält nur auf. Wir wollen ja weiter kommen. Wohin ? Wer die Wahl hat, kann sich auch schwer damit tun. Wählen heißt ja nicht : entscheiden. Alles strebt zur Mitte.

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Nun hat Deutschland hat gewählt. Also, im Wahllokal die Stimme abgegeben.

(Und wie Dieter Hildebrandt jüngst so treffen bemerkte, damit ist sie dann auch erst mal weg, die Stimme. In einer Urne versenkt. ).

Ein Plebiszit für Mutti. Mutti ist die Beste. Knapp 44 Millionen Abstimmer können sich nicht irren.

Aber die Hessen haben für sich etwas anders abgestimmt.

Beide Male, so sieht es heute aus, darf die FDP nicht mehr mitspielen. Am Montag wird man wissen, ob die FDP wieder einmal gerade noch so ins Parlament hineingestolpert ist, oder tatsächlich draußen bleibt. Da verhält es sich wie in der Natur, was keine Funktion mehr hat stirbt ab. Macht anderem Platz.

Offizielles Bedauern in den Medien, über das 'schlechteste Ergebnis der FDP seit 1949'. 'Seit 1949 zum ersten Mal nicht im Bundestag vertreten'.Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Was hat die F.D.P der letzten 30 Jahre mit der freiheitlichen (freigeistigen) Partei der 50er und 60er zu tun ? (Genauso wenig wie die heutige SPD noch mit ihrer 150-jährigen Geschichte verbindet). Außer dieselben drei großen Buchstaben, die aber der besseren Unterscheidung wegen längst mit drei Pünktchen voneinander getrennt werden.

Bis Ende der 70er gab es ganz klare, eindeutige Lager in der deutschen Politik, die Parteien und ihre Vertreter standen für etwas, hatten Überzeugungen, waren unverwechselbar. Auf dem Weg ins Wahllokal gab es überhaupt keine Überlegung, welche Partei zu wählen war. Verglichen mit heute waren alle großen Parteien radikal. Eine liberale Partei war geradezu notwendig, mit liberalem Geist, unabhängig von den ideologisch verfestigten Blöcken.

Aber die heutige wirtschafts-liberale, von Geist unbeschwerte Plapper-Truppe ?

Wo zum einen alles beliebig geworden ist, auch politische Überzeugungen, und die Wirtschaft von CDUSPD bestens bedient wird, und die Grünen in dieser Beziehung auf Landesebene schwer aufgeholt haben ?

Trittin wanzte sich in der 'Berliner Runde 'ja schon hübsch artig an Mutti Merkel heran.

Im Bund wollte der Wähler nicht die grüne Kopie, sondern das Original CDU. Aber in den Ländern, aktuell Hessen, ist die Grüne Partei zunehmend wählbar, weil im System angekommen ! Das eine bedingt offenbar das andere: will eine Partei am Erwachsenentisch mitspielen, muß es seine Spielsachen am Kindertischchen zurücklassen und sich artig wie die Erwachsenen benehmen. Und benimmt sie sich dort ordentlich, dann wird sie auch belohnt. Mit Wählerstimmen. Die Grünen insbesondere in Baden-Württemberg sind mittlerweile genau so beliebig und austauschbar (verwendbar) wie die schon länger etablierten Parteien.

Schwarz-Grün in Hessen wäre keine Überraschung.

Aber mit Blick auf die Bundestagswahl , könnte es sein, dass die Grünen Mutti auf den Leim gegangen sind ? Anstatt ihre Kernthemen nach wie vor selbstbewusst zu vertreten, auch nachdem Mutti ihnen nach und nach ihre Kernkompetenz-Themen (Umwelt, Energiewende und so'n bisschen Mindestlohn) geklaut hatte, wollten die Grünen (sozusagen als Revanche) im Gegenzug verstärkt wirtschaftliche Themen besetzen. Ging schief. Hier sieht der Wähler immer noch CDUSPD zuständig.

SPD und Steinbrück konnten sich nicht entscheiden, unter welchem Label sie die SPD nun vermarkten sollten. Steinbrückhätte sicherlich keine Gewissensbisse gehabt, seinem Infrastruktur-Volk die Erfolge von Agenda 2010 und anderen wirtschaftsliberalen Weichenstellungen unter Rot-Grün und Schwarz-Rot in Erinnerung zu rufen, wie z.B. die Steuerbefreiung /-entlastung von Veräußerungsgewinnen.

Es schien aber auch nicht opportun, ihr abhandengekommenes soziales Herz suchen zu gehen und die selbst mit verschuldeten sozialen Verwerfungen anzuprangern. Dann käme ja vielleicht die Frage nach den Ursachen für die Verschärfung der gesellschaftlichen Gegensätze, massenhaft prekäre Beschäftigungsverhältnisse, sinkendes Realeinkommen der meisten Beschäftigten und der Rentner u.s.w.

War ja auffällig, wie unauffällig die SPD ihren 150sten Geburtstag in der Öffentlichkeit (nicht) beging. Die wenigen vernehmbaren Festredner mussten in der Geschichte schon weit zurückgehen, um bemerkenswertespräsentieren zu können. Historische Verdienste, zukunftsweisende Weichenstellungen unter schwersten Bedingungen, unbestritten, wie sähe es in diesem Land aus wenn es die SPD vor 150, vor 100, vor 80, vor 44 Jahren nicht gegeben hätte ?

Aber die SPD heute ?

Eine linke, eine sozial handelnde Kraft tut not. Die Zuwächse der Linken sind klare Zeichen. Die einst soziale Kraft der SPD ging verloren, die Linken stolpern über ihre eigenen Füsse, über ihre ideologischen Marksteine, weil sie meinen nur diese könnten ihnen Orientierung bieten. In dem sie diese schon fast vom Gras der Zeit überwachsenen Marksteinemühselig suchen und wieder ausgraben, verpassen sie die Abzweigung auf den neuen Weg in die neue Zeit. Wer ständig und unverändert nur die 'neue Zeit' besingt, besingt zunehmend die alte Zeit.

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Geschrieben von

Kopfmachen21

S21 Das dümmste Großprojekt

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