S21 Nicht mehr aufzuhalten ?

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Jetzt scheint es endgültig unumkehrbar zu sein. Stuttgart stirbt.

Und der Großteil der Stadtbewohner schaut unbeeindruckt zu. Fühlt sich nicht betroffen. Noch. Wenn die Getäuschten in ein paar Jahren das Verhängnis erkennen werden, dann ist es ohnehin unumkehrbar. Die kommenden 20 Jahre werden fürchterlich, für alle Menschen für die der Hauptbahnhof oder seine weitere Umgebung zum täglichen Leben dazu gehören.

Stuttgart, meine Heimatstadt, damit für mich erledigt. Die Politiker -aller Parteien- (wo ist der Unterschied ?), erledigt. Haben die schlimmsten Vorwürfe, die den Politikern im allgemeinen gemacht werden noch haushoch übertroffen.

Die Medien, zum allergrößten Teil, erledigt.

Gerade jetzt fühlt man sich beim Blick in die Medienlandschaft in ein Orwell'sches Wolkenkuckuksheim versetzt.

Es gibt Meldungen über Stuttgart 21, ja ja, auffällig nur, fast sämtliche Medien berichten lediglich, (außer über den Juchtenkäfer) teils schon höhnisch, über die nur noch ca. 150 Demonstranten die während der landesüblichen Arbeitszeit am frühen Nachmittag beim Bagger-Anbiß ( was für ein niedliches Wort ) beim Südflügel anwesend waren.

Von den (nach Feierabend ) vorm Südflügel demonstrierenden „Fünftausend/Halbe“ erfährt man nur beiläufig in einzelnen Medien (z.B. t-online news).

nachrichten.t-online.de/tausende-demonstrieren-gegen-stuttgart-21-/id_53621012/index?news

Während sämtliche Wulffschen Lappalien ("Wulffs Kinder bekamen ein Eis geschenkt …“)in epischer Breite öffentlich seziert werden, gab und gibt es über den kriminellen Komplex S21 offenbar gar nichts inhaltlich berichtenswertes.

(Nur zur Klarstellung, bei den Enthüllungen samt beigepackter moralischer Entrüstung geht es großteils um Lappalien. Jedoch Wulffs diletantischer verlogener Umgang damit gegenüber der Öffentlichkeit ( seinem Volk … ) ist der eigentliche Skandal und damit hat Wulff sich definitiv unmöglich gemacht für ein ernsthaft repräsentatives Amt.)

Interessante Zeitungs-Überschriften zu S21 aus jüngster Zeit , über ‚Google’ nicht mehr greifbar.

Dafür werden Sensationen wie die folgende AFP-Meldung ins Volk gestreut :

"Stuttgart 21" geht voraussichtlich erst 2020 in Betrieb

Frankfurt/Main — Der umstrittene Tiefbahnhof "Stuttgart 21" wird voraussichtlich ein Jahr später als geplant in Betrieb gehen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es 2020 wird, ist sehr groß", sagte Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube im Hessischen Rundfunk. Bislang war geplant, dass der Bahnhof bis 2019 fertig wird. Grund für die Verzögerung dürften vor allem die massiven Proteste und das anschließende Schlichtungsverfahren sein.

(AFP) – 31.01.201211:45

Also, zum einen, als ob es heute irgendeine Relevanz hätte, ob das kriminelle Monsterprojekt in 8, 10 oder nach 20 Jahren zu irgend einem Ende gebracht wird !

Und die Lach-Grübchen verdächtige Begründung der Verzögerungen, naja, Schwamm drüber. Einfach zu lächerlich. In Anbetracht der traurigen Ereignisse. Es ist wie bei einem geliebten Menschen, die Ärzte kämpfen noch um sein Leben, aber man stellt sich gedanklich darauf ein, dass dieser bald sterben könnte. Ist es dann soweit, ist es trotzdem unfassbar.

Und ganz unfassbar auch hier diese breite Gleichgültigkeit bei den vielen davon betroffenen Menschen. Nicht nur diese Gleichgültigkeit gegnüber der Zerstörung ihres einzigartigen Baudenkmals, dessen architektonischer Wert zwar der New York Times (!) aufgefallen ist, hierzulande aber kaum jemandem etwas bedeutet. DAS ist Ausdruck tiefster Provinzialität.


Was bedeuten "Denkmalschutz", "Natur- oder Landschaftsschutz" ?

N I C H T S.

Leere Begriffs-Hülsen zur Beruhigung der Bevölkerung, sollen vorgaukeln, der Staat schütze diese Werte vor ökonomisch getriebener Vernichtung.

Quatsch !

Rascheln die Geldscheine, wird die dekorative Fassade blitzschnell beiseite geschoben.

Und in 20 Jahren mag eine, aus der heutigen hervorgegangene, Generation dastehen, der solche unverwechselbaren einmaligen Zeugnisse der eigenen Geschichte vollends nichts mehr bedeuten. Die die Lebensqualität eines Gemeinwesens endgültig nur noch in Quadratmetern Shopping-Fläche pro Länge zurückgelegtem Fußweg bewertet.

Dann steigt der zerstörte, zur Shopping-Halle degradierte Kopfbahnhofs-Torso möglicherweise tatsächlich wieder in der Wert-Schätzung.

Lesenswert : Offener Brief von Martin Poguntke vom 29.01.2012 an die Grüne Landtagsfraktion.

www.radio-utopie.de/2012/01/29/stuttgart-21-offener-brief-an-die-landtagsfraktion-bundnis-90die-grunen-von-baden-wurttemberg/

"Warum schweigen die GRÜNEN zu alledem? Das ist für mich unerträglich! [ ...]

Selbst wenn der Volksentscheid nicht durch massive Beeinflussung und Falschinformation zu einer Schande der Demokratie geworden wäre (statt zu einem „Leuchtturm“) – keine Mehrheitsentscheidung der Welt kann Sie, als Abgeordnete, von der Verantwortung entbinden, vor Umsetzung dieses Volksentscheids die ausstehenden wichtigen Fragen klären zu lassen. Das ist schon allein um der Würde des Parlaments willen notwendig. [...]

Zu verlieren ist kein Makel. Aber sich dann auf die Seite der Sieger zu schlagen, ist erbärmlich. Wir GRÜNEN-Wähler/innen wollen Sie kämpfen sehen!"


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Geschrieben von

Kopfmachen21

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Kopfmachen21

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