Die Ostdeutschen sind 20 Jahre nach der Maueröffnung wieder interessant - als exotische und geheimnisvolle Spezies. Um sie zu finden, muss man nämlich in die neuen Bundesländer reisen - gefährlich? langweilig? tote Hose? blühendes Land oder Industriebrache?
Die Merinungsmacher (der Freitag-Mediengesellschaft) brechen jedenfalls im April und Mai in die neudeutschen Gefilde auf, und wollen mit echten Bewohnern ins Gespräch kommen.
Vielleicht hätte man auch ein Treffen gleich um die Ecke arrangieren können? Es soll auch in Berlin noch Ostdeutsche geben neben all den Zugezogenen.
Was machen die eigentlich so den ganzen Tag lang?
Kommentare 4
Sollte es tatsächlich noch Ostberliner geben, werden sie wohl in Hellersdorfer Hausgemeinschaften zusammenrücken (vielleicht auch in Marzahn). Sie spielen nach dem Aufstehen “Was ist denn heut bei Findigs los?” und schauen dann, ob es in der Kaufhalle Bananen gibt. Bis zum Mittagessen simulieren sie im Hobby-Keller einen Überwachungsstaat. Noch vor dem Nachtisch (Pflaumenkompott) wird ein Nachbar denunziert und danach in der Hellerau-Anbauwand die alte Wartburg-Anmeldung gesucht. Es soll einen Tauschinteressenten in Block 412 geben, der rückt dafür seinen Urlaubsplatz in Prerow raus. Bevor es dunkel wird, erzählt der Vati einen politischen Witz. Wenn Mutti mit dem Bügeln fertig ist, gucken sie noch das alte Video von Willi Schwabes Rumpelkammer. Dann geht’s aber ab ins Bett, es gibt ja morgen wieder viel zu tun. Nachts träumen beide von einer friedlichen Revolution, in der es Westgeld von den Barrikaden regnet und Hellersdorf (oder auch Marzahn) sich selbst regiert. Am nächsten Morgen erfahren sie im Frühstücksfernsehen, dass wieder alles anders gekommen ist. Sie spielen “Was ist denn heut bei Findigs los?” und schauen, ob es in der Kaufhalle Westberliner gibt. Gibt es nicht, kommen auch nicht wieder rein.
Ein guter Ort für eine Veranstaltung wäre der Prenzlauer Berg , wo schon in den 70er Jahre eine Opposition entstanden ist. Ein gutes Projekt wäre auch das die Ausgabe Nr. 46 vom FREITAG von Ehemaligen Oppositionellen gestaltet wird.
pfannkuchen nennt man in manchen regionen des landes auch "berliner", gefüllt und ungefüllt, manchmal auch mit vergangenheit, und ich bestehe drauf: das pflaumenkompott nur mit ganzen früchten, daß man was zum schlucken hat ...
Ostdeutsche sind ja vor allem interessant, weil es auch West-, Süd- und Norddeutsche gibt - mit wem sollte man sie vergleichen, wenn nicht mit den eigenen Landsleuten...
So gesehen bieten die Orte, wo die Schnittstellen zwischen Ost und West noch sichtbar sind, einfach am meisten Anschauungsmaterial. Und das ist 20 Jahre nach dem Mauerfall eben eher die Provinz als Berlin - insbesondere dort, wo die Grenze verlief. Das habe ich zum Beispiel vergangene Woche hier an dieser Stelle versucht (und war ganz enttäuscht, dass da keine Kommentare kamen, schluchz: www.freitag.de/community/blogs/thorstena/an-der-alten-staatsgrenze)
Ich verstehe übrigens den zweiten Absatz nicht so recht. Ist das eine Ankündigung oder eine Reaktion auf Beiträge zum "Thema Ostdeutsche"?