Covid-19 ausrotten - mit 2 APPs!

Corona-Pandemie: Der Impfstoff verspricht Rettung, aber die Herdenimmunität werden wir erst im Herbst erreichen. Besser wäre es, vorher das Virus auszurotten – mit moderner Technik.

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Wir alle wollen das Virus loswerden. Es nervt. Der Silberstreif Impfstoff ist da, aber es braucht noch Zeit, bis er unters Volk verteilt ist. Ein schnellerer Fluchtweg aus der Pandemie wäre wünschenswert. Und Überraschung, diesen Fluchtweg gibt es sogar. Aber weder in der Politik noch in den Medien kocht das Thema KI-APP hoch. Unverständlich. Wenigstens hier soll der "schnelle Fluchtweg" am Köcheln gehalten werden.

Wenn alles klappt, (aber nur dann) werden wir im zweiten Halbjahr mit Hilfe des Impfstoffes so langsam wieder in normale Vor-Corona-Verhältnisse zurückkehren. Dabei gibt es noch viele Unwägbarkeiten, beispielsweise bzgl. Verträglichkeit des Impfstoffes und Dauer der Immunität. Warum wollen wir nicht schon früher die Plage los werden? Aber wie soll das gehen?

Mit Technik. Das klingt vorlaut und anmaßend, ist es aber nicht. Um das zu verstehen, zunächst ein paar Vorbemerkungen.

Das Virus benötigt den Mensch als Wirt und verbreitet sich nur durch Kontakt zwischen Menschen. Daher gibt es zwei Ansätze das Virus zu bekämpfen: Einerseits Kontakt vermeiden (was zur Anordnung unterschiedlich strenger Lockdowns geführt hat) und andererseits Herden-Immunität durch Impfstoff schaffen. In beiden Fällen wird die Viren-Ausbreitung eingedämmt, aber nicht ausgerottet.

Geht Ausrotten überhaupt? China und Inselstaaten wie Taiwan und Neuseeland haben das mit extrem harten Lockdowns fast geschafft. Nur Einreisende bringen ab und an frische Viren ins Land. Harter Lockdown bedeutet, Kontakte zwischen Menschen in Pandemie-Gebieten werden rigoros verboten und auch durchgesetzt. Die „chinesische Diktatur“ konnte das mit harter Hand durchsetzen. Taiwan und Neuseeland hat die Insellage geholfen. Einreisende lassen sich dort für Tests einfacher selektieren.

Das Virus hat eine Überlebensdauer von 2 Wochen. Danach hat sich der menschliche Körper gewehrt oder er ist zugrunde gegangen. Zur weiteren Ausbreitung muss das Virus vorher einen neuen Wirt finden. Das besorgen Kontakte von Infizierten mit Nicht-Infizierten. Würden alle Menschen auf der Erde zur gleichen Zeit zwei Wochen in die totale Isolation (sprich Quarantäne) gehen, wäre das Virus ausgerottet. Leider nur ein theoretischer Ansatz, zeigt aber die Kampflinie.

Gibt es einen anderen Weg, das Verbreiten des Virus zu unterbinden?

Es müsste uns gelingen, alle Infizierten gleichzeitig zu erkennen und sie alle konsequent zu isolieren. Ersteres geht nur über Tests, letzteres über Quarantäne.

Auch beim Testen besteht das Problem der Gleichzeitigkeit. Für die derzeit angewendeten Verfahren PCR-Test und Antigen-Schnelltest fehlen dafür die notwendigen Kapazitäten.

In Deutschland sind rund eine Million PCR-Tests pro Woche möglich. Diese reichen gerade mal aus, die Kandidaten mit typischen Symptomen zu testen und zusätzlich ein paar Kandidaten aus der Kontaktkette der positiv Getesteten.

Dieses Testen, ausgerichtet auf Symptome, kommt immer zu spät, denn Covid-Infizierte können schon andere anstecken, bevor sich Symptome zeigen. Dazu kommt noch die Wartezeit auf das Testergebnis. Erst dann beginnt die Quarantäne. Aus Sicht der Ansteckung betrachtet heißt das, die Hälfte der Infektionszeit bewegt sich der Infizierte unbewusst als Verbreiter des Virus in der Gesellschaft. Dazu kommt noch die versteckte Ansteckung durch Infizierte, die nie Symptome zeigen – sich gesund fühlen. Und die machen etwa 20 Prozent aus.

Die Antigen-Schnelltest zeigen sofort ein Ergebnis und sind preiswerter als die PCR-Tests. Aber die in Deutschland verfügbaren Schnelltests reichen noch nicht mal aus, um die besonders gefährdeten Altenheime und deren Pflegepersonal regelmäßig zu testen. Zudem wird für die Durchführung der Tests medizinisches Personal benötigt (immer noch). Um die Test-Unterstützung durch Apotheken kümmert sich in Deutschland niemand. Und noch ein Manko: Offensichtlich fühlen sich weder der Gesundheitsminister noch das RKI dafür zuständig, die Wirksamkeit der vielen Schnelltests auf die Schnelle prüfen zu lassen.

Werden Schnelltests und/oder PCR-Test konsequent und regelmäßig in bestimmten Bereichen durchgeführt, verbreitet sich das Virus dort kaum noch. Die Bundesliga mit PCR-Tests und Altenheime, die Schnelltests anwenden, beweisen die nachhaltig eindämmende Wirkung.

An dieser Stelle kommt APP-1 ins Spiel.

Seit November wird über KI-basierte APPs berichtet, die anhand einer Husten- oder Sprech-Aufnahme Corona-Infizierte erkennen können.
Die Plattform „Lungenärzte-im-Netz.de“ berichtet, eine „neue, KI-gestützte APP des Massachusetts Institute of Technology kann anhand des Geräusches, das beim Husten entsteht, COVID-19 diagnostizieren.“ Das ZDF schreibt dazu: „Die Trefferquote liegt demnach bei 98,5 Prozent bei symptomatisch erkrankten Personen. Bei erkrankten Testpersonen, die keine Symptome zeigten, lag die App sogar in 100 Prozent der Fälle richtig.“
Ebenso kann die Schweizer Husten-App der Hochschule EPFL in Lausanne mit Hilfe künstlicher Intelligenz Covid 19 erkennen.
Auch die Sprach-APP der Universität Augsburg soll Corona erkennen.

Die Parallelität der Erkenntnisse ist überraschend. Doch das mehrfache Auftreten ähnlicher Forschungsergebnisse lässt vermuten, das ist ein gangbarer Weg, um Corona auszurotten, zumindest auf eine Restgröße einzudämmen. Das Besondere dabei: KI-basierte Anwendungen verbessern mit jedem neuen Fall die Datenbasis und „lernen dazu“. Aber es gibt auch einen traurigen Aspekt. Es fehlt den Instituten das Geld, die APPs fertigzustellen. Mehr zur schwierigen Entwicklungs-Situation der APPs ist in spektrum.de zu lesen.

Wie aber können diese APPs Corona ausrotten?

Die neue Testhilfe ist in zweierlei Hinsicht einsetzbar: Zum einen als Hilfe für jedermann zuhause sowie für Familien und Freunde vor einem Treffen (Ist einer infiziert?); zum anderen als „Zugangsschranke“ für alle öffentlichen Orte und Einrichtungen, an denen Menschen zusammenkommen – Altenheime, mobile Altenpflegedienste, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Polizei und Feuerwehr, Verkehrsmittel wie Flugzeuge und Bahn, Kirchen, Verkaufsstellen wie Supermärkte und Baumärkte, Veranstaltungsräume wie Kinos und Theater, Restaurants und Hotels, …

Mit der APP kann das Erkennen von Covid-Infizierten dezentralisiert und vervielfältigt werden.

Das Prozedere: Schulen und Kindergärten prüfen täglich in Eigenregie zu Beginn des Betriebs, ob alle negativ getestet sind, ebenso Krankenhäuser, Altenheime, Polizei und Feuerwehr. Die Anbieter von Dienstleistungen wie Fluglinien, Supermärkte, Restaurants, Kinos, Theater oder Kirchen dürfen den Zugang für Personal und Kunden nur dann ermöglichen, wenn vorher negativ getestet wurde. Positive werden an die Gesundheitsämter gemeldet; dazu später mehr.

Dieses Testen wartet nicht auf Symptome, sondern prüft täglich vollumfänglich dort, wo Menschen zusammenkommen und die Gefahr des Ansteckens am größten ist. Dieses Testen kann mit Hilfe von Handys umgesetzt werden und benötigt kein medizinisches Fachpersonal und keine Labore. Eine tausendfache Vervielfältigung des Corona-Testens wird möglich.

Konsequent umgesetzt identifiziert man innerhalb weniger Tage (fast) alle Infizierten und kann sie isolieren. Das Verfahren wird solange fortgesetzt, bis über längere Zeit kein Infizierter mehr aufgespürt wird.

Nur für Infizierte kommt APP-2 zum Einsatz

Positiv Getestete müssen konsequent isoliert werden, sie müssen durchgängig in Quarantäne verbleiben. Das führt zum zweiten Erfolgsfaktor, ebenfalls notwendig für die Ausrottung der Pandemie: Es ist die Überwachung der Quarantäne.

Komischerweise ist das Einhalten der Quarantäne in Deutschland kein Thema; in anderen Ländern ist das anders, etwa in Südkorea.

Deutschlands Exekutive – genauer die Gesundheitsämter – vertrauen weitgehend darauf, dass die für Covid-Infizierte angeordnete Quarantäne eingehalten wird. (Es geht wohl auch nicht anders, denn das Personal dafür fehlt.)

Doch einigen Infizierten wird das Einhalten der Quarantäne schwer fallen, vor allem jenen, die die Gefahr des Virus verniedlichen. Und gerade die können den Erfolg des Auffindens aller Infizierten wieder kaputt machen; verlassen sie die Quarantäne, werden sie zu Superspreadern. (Ein Lichtblick: APP-1 als Zugangsschranke zum öffentlichen Bereich hilft auch die Quarantäne-Sünder aufzuspüren, wenn die Meldung an das Gesundheitsamt geht.)

Die APP-2 gibt es noch nicht. Sie sollte zu einer dringenden Investition der Bundesregierung werden (und kann die überteuerte Kontaktverfolgungs-APP überflüssig machen). APP-2 entlastet die Gesundheitsämter bei der vernachlässigten Aufgabe, die Einhaltung der Quarantäne zu kontrollieren. Außerdem kann das Hinterher-Telefonieren der Kontaktkette von Infizierten entfallen.

Die oben erläuterte KI-APP-1 sollte bei der Erkennung von Infizierten direkt eine Meldung an die Gesundheitsämter senden und automatisch die Identifizierten registrieren. Quarantäne-Sünder fallen dabei als Doppelmeldung auf.

Die Ämter veranlassen Zusatztests mit dem PCR-Verfahren und sichern die Einhaltung der Quarantäne ab. Dafür wird auf das Handy jedes Infizierten eine Kontroll-Software (APP-2) aufgespielt, die sein Bewegungsprofil überwacht und die die telefonische Erreichbarkeit prüft.

So kann das Gesundheitsamt mit wenig Kapazität das Einhalten der Quarantäne überwachen. Schwierige Kandidaten können so herausgefiltert werden und ggf. in besonderen Einrichtungen, z.B. Hotels, kaserniert werden.

Was ändern die APPs?

Wenn jeder sich zuhause testen kann und wenn vor Zusammenkünften von Menschen an öffentlichen Orten APP-Testen vorgeschrieben wird, werden innerhalb kürzester Zeit alle Infizierten erkannt. Wird das Corona-Virus konsequent durch Quarantäne isoliert, droht ihm die Ausrottung.

Ausprobieren ist angesagt – es könnte sich lohnen. Bei Erfolg werden sich schnell weitere Länder dem Verfahren anschließen. Denn es ist effektiv, preiswert und erlöst vom Lockdown.

Mich wundert, warum das Verfahren bisher keinen politisch Verantwortlichen elektrisiert hat.

Wahrscheinlich liegt es daran, dass Politiker schlechte Krisenmanager sind – oder soll ich sagen, mit dem Management von Krisen überfordert sind. Mit Geld um sich zu werfen, ist halt einfacher. Finanzielle Hilfen sind richtig und wichtig, aber sie sollten das letzte Mittel sein.

Da sollten APP-1 und APP-2 weit vorher dran sein.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

kritikaster

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