100 Tage US- Präsident Joe Biden

Rede vor dem US- Kongress "Erste 100 Tage- Rede" von US- Präsident Joe Biden im Kapitol

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Die ersten 100 Tage der US- Präsidentschaft von Joe Biden sind ja nun vorbei.
Da gilt ja gewissermaßen eine inoffizielle Schonfrist.

Diese Zeit stand bisher wenig überraschend im Schatten von Corona. Ein Wiederaufbau- Fonds für 1,8 Billionen Dollar und die Impfkampagne waren daher wenig überraschend auch bisher die wichtigsten Entscheidungen und administrative Maßnahmen von Joe Biden.

Jenseits von Corona sind die Themen die der Präsident zukünftig nach eigener Aussage angehen möchte vor allem

  • ein Gesetzespaket zur Sicherung der Wahlrechte von Minderheiten,
  • ein neues Einwanderungsrecht,
  • das große Infrastrukturpaket des Präsidenten,
  • die Klimaschutzpläne,
  • Gesundheitsreformen,
  • höhere fairere Steuern für Wohlhabende und Unternehmen
  • schärfere Waffengesetze zur Verhinderung von Massakern und Amokläufen.

Interessanterweise genügt ihm dafür aber nicht (immer) die einfache Mehrheit im Senat und Kongress, sondern wegen der sehr alten Filibuster- Regel, braucht er im Senat 60 % der Stimmen (https://www.spiegel.de/politik/ausland/filibuster-regelung-warum-eine-alte-tradition-joe-biden-zum-verhaengnis-werden-koennte-a-b0f61544-8e43-44ca-bffc-0e703334885c). Also auch die Stimmen der Republikaner, denn die Demokraten haben dort nur 51 Prozent. Wobei diese knappe Mehrheit reichen würde die Filibuster Regelung komplett abzuschaffen …

Im Moment höre ich gerade beim Schreiben die „Erste 100- Tage“- Rede des US- Präsidenten (https://www.youtube.com/watch?v=HmXMKlPukBw).

Zur erst Mal ging es dort, wenig überraschend, um die Corona- Pandemie und die Bewältigung der hieraus entstandenen Krise.

Aber auch Aussagen wie, dass die USA nun wieder bereit „zum Abheben“ wäre und international (wieder) eine anführende Rolle übernehmen wolle sind schon am Anfang zu hören. Bei Joe Biden und den Demokraten wird man wohl auch davon ausgehen können, dass dies durchaus ethisch Werte- gebunden gedacht ist und nicht hegemonial imperial. Die USA wird wohl kaum jetzt militärisch „abheben“, um sich soviel von der Welt für sich zu sichern wie möglich. Dann schon eher für Menschenrechte, gegen Terror und die eigene Sicherheit und die seiner Verbündete.

Aber, die Schonfrist ist ja nun vorbei daher wird es jetzt „kritisch“, schon zu Beginn der Rede zeichnet sich auch ab, dass auch US- Präsident Joe Biden, zumindest noch, die Weltwirtschaft mehr als Wettstreit als, als gemeinsames Unterfangen zur gemeinsamen Grundversorgung, zum gemeinsamen nachhaltigen Wachstum der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zumindest bis alle genug haben, zum aktiven fairen Angleichen der Lebensverhältnisse zwischen den Regionen weltweit aber auch innerhalb dieser zwischen den einzelnen Bürgern, ansieht.

Die USA müsse sich dem internationalen Wettbewerb stellen und sich vorbereiten, damit „wir“ das 21. Jahrhundert „gewinnen“ können. Das klingt schon fast nach Armin Laschets „Danach streben zu gewinnen, nicht weil wir es wollen, sondern weil wir es müssen.“

Gut. Joe Bidens „wir“ könnte man mit einigem an Wohlwollen noch als „wir“, die normativen, Werte- gebundenen Demokraten weltweit interpretieren. Und das gewinnen weniger materialistisch als idealistisch ansehen. So könnte es gemeint sein. Könnte … .

Bei Herrn Laschet kam das schon sehr viel materialistischer und auf uns begrenzt rüber, zumindest war das mein Eindruck.

Na ja, ich habe gerade das Ende der Rede erreicht. Joe Biden spricht dort davon, dass die USA zusammen alles erreichen könnte was sie für „wichtig und richtig“, oder so ähnlich, halten. Das klang jetzt losgelöst aus dem Kontext der Gesamtrede nicht unbedingt nach John Rawls Originalposition. Aber immerhin hatte er zuvor schon klar gestellt, dass die USA weltweit für die Einhaltung von Menschenrechten sind. Also eine streng USA- individualistische Legitimation für zukünftiges Handeln nach eigenem Ermessen jenseits der Moral wird man in diese Aussage wohl kaum ernsthaft, guten Gewissens, rein interpretieren können. Zumindest wird das kaum die Intention gewesen sein. Die Aussage sollte wohl, hoffentlich, vielmehr bedeuten, dass die USA ethisch Werte- gebunden zur Not auch im Alleingang, solange sie im inneren geschlossen genug ist, alles durchsetzen kann, was Sie für nötig und wichtig hält.

Aber zurück zur sozialen Frage, ökologisch ist Joe Biden ja durchaus schon auch international ambitioniert.

Joe Biden spricht in seiner Rede viel von internationalem wirtschaftlichen Wettbewerb, und auch „Buy American“ hört sich bei ihm recht freiwillig an. Ihm geht es vor allem um Fairness. Das werden einige beim Export- und Überschussweltmeister Deutschland wohl recht gerne so hören. Auch aus den Reihen der „Für Uns. Wir. Hier. Mehr. Wir sind ja schon so sozial nachhaltig und auch nach außen, alles durch uns. 2/10 ist schon quasi 100% sozial nach außen (siehe letzter Beitrag von mir)“- SPD und – Gewerkschaften.

Also wie bereits beschrieben, sollte man andere nicht nur wirtschaftlich als Melkkühe ansehen, sondern auch schauen, dass die weiter mit uns zumindest hinreichend handeln können, wollen und auch sollten. Es also auch ihrem Interesse nützt. Solange die USA unsere Sicherheit garantieren muss, ist das auch schon direkt in unserem Interesse.

Gut die USA ist mit uns (noch) nicht in einem Zwangsverbund wirtschaftlicher Freiheit vereint, wie die anderen EU- Staaten und sie könnten jederzeit wirtschaftliche Ungleichgewichte, spätestens wenn diese sie gefährden könnten, ausgleichen. Bei destruktiven Ungleichgewichten, und die können in einem freien Markt auch zufällig entstehen, sollte man sich auch nicht allzu lange mit der Frage aufhalten, ob diese destruktiven Ungleichgewichte unfair zustande gekommen sind. Sondern eher damit, wie man diese fair, im Sinne der Originalposition, und nicht zu langsam, überwinden kann. Mit Freiwilligkeit alleine wird man da kaum weit kommen. Wenn das dennoch versucht werden würde, würde die USA wohl zusammen mit ihren Werten und den von ihr militärisch abhängigen Verbündeten untergehen. Also auch zusammen mit uns. Das zu verhindern ist nun eben mal eher eine (relativ) konservative Aufgabe. Dafür muss man aber auch die „neo- altliberale“ progressive Revolution, die seit Ende der 1970er mal wieder in Gang ist, endlich wieder stoppen. Bevor sie uns wieder in den Weltenbrand oder unter totalitäre Herrschaft führt. Und nein „neo/altliberal“ ist nicht mit „konservativ“ gleich zusetzten. Höchstens in der Hinsicht, dass die Weltwirtschaft aktuell wieder „neo/altliberal“ ausgerichtet ist und man diesen Zustand beihalten will. Das ist dann aber eine ganz bestimmte Variante von „Konservativ“.

Wenn man die Bibel heranziehen möchte, da bin ich ja eigentlich eher skeptisch, ob man die Menschen- gemachten Abschriften wirklich als komplett göttlich legitimiert ansehen kann und sollte, sind bestimmt Fehler drin :), aber nichtsdestotrotz, war dieser „Sündenfall mit dem Apfel“ die erste „progressive“ Veränderung. Das Unterlassen wäre dann konservativ gewesen und wir wären noch im Paradies. Zumindest nach den gängigen Abschriften. Wobei das wohl früher oder später eh passiert wäre. Und was ist eigentlich mit „Und führe mich nicht in Versuchung“? Oder stammt das aus einer anderen Abschrift. Muss man wohl bis zum finalen Gottesnachweis sich ethisch zumindest teilweise weiter an die Originalpostition halten, wenn man nicht einfach blind einer Abschrift folgen will. Wobei in der Bibel, in den Abschriften, aber natürlich auch vieles ethisch Gutes, aus meiner Sicht, drin steht. Aber zurück zum Thema.

Also ein Wettkampf bei dem, dem Unterlegen, oder bei einem nachhaltigem zu großem „Race- To The Bottom“ gleich (fast) allen, der Tod oder zumindest der Mangel droht ist kein Spiel mehr und auch nicht konstruktiv. Das ist ein Warenkrieg. Ein Wirtschaftskrieg eben. Und die Weltwirtschaft ist zurzeit leider nach solchen Wettkampfregeln aufgebaut. Und diese Regeln, werden durch Netzwerke wie das „Atlas Network“ eben allem Anschein nach auch noch versucht zu verewigen. Also dem demokratisch legitimierten Zugriff versucht zu entziehen. Damit diese nicht mehr geändert werden können. Also Zwangssysteme wirtschaftlicher Freiheit ohne Änderungs- oder Ausstiegsoption. Ohne sich gegen diejenigen noch wehren zu können, die ihr Kapital, ihre Standorte oder ihre Arbeit zu unsozial, unökologisch, unsicher und zu wenig Zukunft- orientiert einsetzen. Und nein Frau Yellen, automatische Währungsanpassungen alleine werden da kaum reichen. Wenn die internationale Konkurrenz zu groß ist, werden auch durch (automatische) Abwertungen nicht alle Staaten ihren Importbedarf gedeckt bekommen. Wenn man zu wenig exportiert hilft das irgendwann auch nicht mehr.

Man braucht eben weltweit, neben hinreichender Regulation, und Priorisierung, vor allem ein hinreichendes faires, basierend auf der Originalposition oder etwas ähnlichem, Ausgleichssystem, wirtschaftlicher oder finanzieller Art, um Ungleichgewichte zumindest fair hinreichend auszugleichen. Und Ungleichgewichte sind der normal Zustand nicht die Ausnahme. Das habe ich ja nun schon mehrfach dargelegt in meinem Blog. Oder wenn man sich partout nicht einigen kann, eine faire, Originalposition, Teilung der Ressourcen und dann getrenntes Wirtschaften.

Also es ist gut, dass die Trump- Administration nicht mehr in den USA am Ruder ist. Die war, meiner Meinung nach zu Rechts, und zu „streng individuell legitimiert“.

Aber wir brauchen wieder die Einsicht und den Willen international aktiv für einen bedarfsgerechten fairen hinreichenden Ausgleich zu sorgen. So wie das nach den beiden Weltkriegen mal mehr oder weniger der Fall war.

Diese Einsicht und dieser Wille ist bei der ersten Kongress- Rede von Joe Biden noch nicht, vor allem nicht hinreichend, rüberkommen, zumindest für mich nicht.

Also, schön das er und nicht Trump gewählt wurde.

Aber in Bezug auf die Weltwirtschaft, auf soziale Rechte und einen aktiven Ausgleich der Wirtschaftskraft, muss er noch einiges an geäußerter Einsicht und geäußertem Willen drauf packen, damit er die USA und die Welt während seine Amtszeit in eine soziale, sichere und standhafte Bahn lenkt/steuert.

Das ist mein Appell an ihn.

Vielleicht geht dann auch denjenigen in den USA irgendwann hinreichend (sprichwörtlich) die „Luft aus“, nicht im tödlichem Corona- Sinne, die da dagegen anreden wollen, so wie es im alten Filibuster- System, mittlerweile reicht ja ein einfaches Veto, bei Widerstand im US- Senat üblich war …

Sonst müsste die Welt und die USA nochmal knapp 4 Jahre, oder 2 Jahre, wenn es an der Opposition lag, warten, um eine neue Wahl- Chance auf einen hinreichend einsichtigen und willigen US- Präsidenten mit einer hinreichenden Mehrheit bekommen zu können.

Oder es funktioniert auch ohne oder gar gegen die USA. Das dürfte aber doch eher schwierig sein, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Aber wie auch immer.

Sind wir eben mal optimistisch. Bleibt einem ja auch sonst nicht viel. Ausgründen, mit anderen Gleich-gewillten, mit einem fairen, und im Idealfall auch noch hinreichendem Anteil an allem ist ja noch keine Option „bei uns“.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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