Die Weltsystem-Theorie, Standortwettbewerb und Samir Amins Zukunftseinschätzung

Polarisationstheorie Die Ungleichheit zwischen Zentrum und Peripherie erklärt durch die Weltsystem-Theorie, vor allem in der Version von Samir Amin

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Neben der Polarisationstheorie (1957) vonGunnar Myrdal, schwedischer Sozialdemokrat „der alten Schule“, beschreibt auch dieWeltsystem-Theorie, zu der vor allemImmanuel Wallersteinviel beigetragen hat, die ungleiche Entwicklung von Regionen und Staaten im gemeinsamen (Markt eines) Weltsystems.

Zurzeit gäbe es weltweit nur ein gemeinsames kapitalistisches Weltsystem. Mit dem Westen und Japan als Zentren und ansonsten semi-periphere und periphere Staaten. Zwischen diesen würde ein ungleiches Tauschverhältnis vorliegen, da die Staaten im Zentrum, dank starker Staatsmacht technologische und finanzpolitische Monopole aufrechterhalten könnten.
Also meist keinen wirklichen Freihandel zulassen würden. Nur falls sie in einem Bereich einen starken Vorsprung hätten würden sie dort Freihandel zulassen. Aber nur solange bis sich dieser Vorsprung von selbst wieder aufbrauchen würde. Dann würden sie ihre Staatsmacht wieder einsetzen um sich weiter Vorteile zu verschaffen. Zumindest steht das so im deutschsprachigen Wikipedia Artikel. Imenglischsprachigenwird hier jetzt nicht so sehr der Eindruck erzeugt, dass Wallerstein der Meinung gewesen sei, dass die Ungleichheit einzig durch Missbrauch nationaler Staatsmacht zustande kommen würde und ansonsten eine automatische Angleichung der Regionen stattfinden würde.

Hier muss man aber dann wohl mal Wallerstein selbst lesen, um sich ein direktes Bild von seiner Meinung über Freihandel bilden zu können.

Dazu bin ich bisher noch nicht gekommen.

Dafür habe ich gerade vonSamir Amin, der war auch ein Vertreter der Weltsystem-Theorie, dessen Buch „Die Zukunft des Weltsystems“ überflogen bis gelesen.

Dort beschreibt dieser auch die Polarisierung in Zentrum und Peripherie anhand der fünf Monopole die das Zentrum gegenüber der Peripherie dank starker Staatsmacht aufrecht erhalten kann: Technologie, Kontrolle der globalen Finanzmärkte, Zugriff auf globale Rohstoffe, Kommunikation- und Medienkontrolle, Massenvernichtungswaffen.

Allerdings schreibt er auch, dass eine Globalisierung durch den Markt nicht die Lösung sein kann um aus solch ein kapitalistisches Weltsystem zu überwinden, da hier dann nur kurzfristiges Profitstreben vorherrschen und zu Chaos und Krisen führen würde.

Stattdessen sollte eine internationale oder zumindest europäische neue Sozialdemokratie etappenweise den Weg zu einer neuen sozialen Weltordnung aufzeigen und begehen indem erstmal ein gemeinsamer polyzentristischer Rahmen zu einem sozial fortschrittlich gelenkten gemeinsamen wirtschaften etabliert würde.

Naja, das Buch ist von 1997 oder so.

Bekanntlich kam dann New Labour, Agenda 2010, Exportweltmeister Deutschland, und die Hyperglobalisierung. Eben doch die Globalisierung durch den Markt und die Krisen. Und der SPD-FES- Managerkreisderen Meinung im einzig im deutschsprachigen Wikipedia verfügbaren Artikel überStandortwettbewerbverlinkt ist.

Dort steht in bester „Wir reden unsern unfairen Vorteil schön“- Manier, dass Freihandel zu einem automatischen Ausgleich zwischen den Regionen führen würde. Also Standortwettbewerb jedem nutzen würde, und nicht nur denen mit den besseren Karten, sprich von Natur aus oder historisch gewachsen besseren Karten. Schon diePrebisch-Singer Hypotheseund die empirische Datenlage hierzu legt jedoch nahe, dass sich so einfach die Abhängigkeit der Peripherie vom Zentrum und der ungleiche Tausch nicht überwinden lässt. Und die Entwicklung z. B. der Ostasiatischen Tiger- Staaten und Chinas zeigt, dass vor allem die Peripherie- Staaten „ins Zentrum rücken“ konnten, welche sich dem kompletten Freimarkt zumindest teilweise entzogen, wie man bei „The Globalisation Paradox“ von Dani Rodrik nachlesen kann.
Hier setzte und setzt leider immer noch Deutschland auf einen kurzfristigen unfairen Vorteil und redet das auch noch schön. Ganz im Geiste des radikalen Kapitalismus.

Hier führte und führt die SPD-Führung und die Grünen- Führung und vorher die Merkel-CDU aber auch die deutschen Gewerkschaftsführer leider, aus welcher Intention auch immer, Deutschlands Lohnabhängige zu sehr genau in die Rolle der Spalter der internationalen Arbeiter- und sozialdemokratischen Bewegung vor welcher u.a. auch schonPierre Bourdieugewarnt hatte. Anstatt sich der Kapitalseite in der Hyperglobalisierung international oder zumindest in Europa gemeinsam und ohne schönreden entgegenzustellen wird viel zu sehr auf Arbeitsimport und Schönreden gesetzt.

Dass das den deutschen Lohnabhängigen langfristig wohl auch kaum was nützt sieht man schon daran, dass sich in Deutschland durch Arbeitsimport die Mehrheitsverhältnisse verändern.

Die Architekten der Hyperglobaliserung sind eben zum einen Hayekianer, also OldWhig- Proprietäre. Denen schwebt wohl ein prorietäres Zentrum in einem kapitalistischen Weltsystem vor mit einem genügend starken Staat um die 5 Monopole aufrechterhalten zu können. Ein paar Zu-Rechte wären wohl für ein Zentrum unter „White Supremacy“- Kontrolle.

Und „ein paar“ einfach nur Inkonsequente vor allem in Deutschland und seinen sparsamen Freunden gibt es natürlich auch noch. Die wollen einfach weiter (Standort-) Gewinnlern bis der Arzt oder der nächste Hitler kommt. Die sind halt „optimistisch“.

Zusammen mit Gustav von Schmollers Saboteure, würden die dann einfach früher oder später zu einem Zusammenbruch und Peripherizierung des alten Zentrums im Weltsystem und zur Herausbildung eines neuen Zentrums innerhalb der alten Peripherie sorgen.

Nachhaltig sicher, sozial und ökologisch genug ist eben nur ein gemeinsames einziges Weltsystem, oder eines mit zumindest mittelfristig einem fairen Anteil an allen Produktionsfaktoren, in welchem hinreichend ausgeglichen, priorisiert und reguliert wird. Und aus dem man mit einem fairen Anteil an allem wieder raus kann, wenn man es nicht mehr tolerierbar findet.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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