Karl Schiller (SPD): Globalsteuerung (1967)

Wirtschaftsminister Wirtschaftsminister Karl Schillers (SPD) Globalsteuerung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht (1967)

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Am 8.6.1967 wurde von der damaligen Schwarz- Roten Koalition unter Kurt Georg Kiesinger das „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ erlassen. Kurz „Stabilitäts- und Wachstumsgesetz“. Oder noch kürzer „Stabilitätsgesetz“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zur_F%C3%B6rderung_der_Stabilit%C3%A4t_und_des_Wachstums_der_Wirtschaft).

Darin wurde das Staatszieles des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts aus Art. 109 Abs. 2 GG konkretisiert.

Dieses Staatsziel wird auch als „Magisches Viereck“ bezeichnet. Es besteht aus den 4 Zielen Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und stetiges und angemessenen Wirtschaftswachstum. Diese Ziele sollen nach Möglichkeit alle gleichzeitig und gleichrangig angestrebt werden. Da dies in der Realität kaum möglich ist, da sich einige Ziele gegenseitig in Konkurrenz zueinander befinden wird es auch als „Magisches Viereck“ bezeichnet
(https://de.wikipedia.org/wiki/Magisches_Viereck).

Zur Verwirklichung dieser Ziele hatte Karl Schiller als Wirtschaftsminister dann das Konzept der „Globalsteuerung“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Globalsteuerung) eingeführt.

Auf die Beurteilung keynesianischer Konjunkturpolitik und die Frage ob die staatlichen Anstrengungen zur Boomphasen Schuldenreduzierung hinreichend genug waren [wohl eher nicht], möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Ebenso wenig auf die Frage, ob man die Globalsteuerung, in der Zeit von 1967-1982 als, wie der Wikipedia- Artikel nahe legt, als gescheitert bezeichnen muss. Die Globalsteuerung wurde ja nicht bewusst von denjenigen mangels Alternativen aufgegeben, die sie betrieben hatten, sondern sie wurde durch den Koalitionswechsel der FDP 1982 von Rot- Gelb zu Schwarz- Gelb durch ein „freieres“ System abgelöst.

Die Erkenntnis, dass man, nachdem durch das Scheitern des Bretton- Woods Systems 1971 in den Folgejahren wieder stärker auf internationale zwischenstaatliche wirtschaftliche Konkurrenz, statt wie in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg auf Kooperation, z. B. durch ein System fester Wechselkurse, gesetzt wurde, nicht mit den gleichen Grundannahmen und der gleichen „Ausrichtung“ eine „Globalsteuerung“ weiter durchführen konnte wie zuvor, durfte sich auch in der damaligen SPD durchgesetzt haben.

Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes war ja, zumindest laut Wikipedia, zum Beispiel, zunächst darauf ausgerichtet die Kriterien dieses Bretton- Woods Systems zu erfüllen.

Da die internationale Wirtschaftsordnung nach dem Ende dieses Systems aber (wieder) komplett dem freien Spiel der Kräfte überlassen wurde, ergab sich die Notwendigkeit sich national auf diesen neuen Laissez faire soweit wie nötig Werte- gebunden einzustellen.

Die Priorität musste nun, nach meiner Meinung, auf dem Entstehen und Aufrechterhalten einer zumindest nachhaltig den nötigen Importbedarf deckenden nationalen Exportwirtschaft liegen.

Also eine ausgeglichene Leistungsbilanz musste nun das Werte- und Interessens- gebundene neue Ziel als außenwirtschaftliches Gleichgewichtes sein.

Und natürlich der Aufbau einer neuen Werte- gebunden auf Kooperation, hinreichenden Ausgleich, hinreichende Priorisierung und hinreichende Regulierung setzenden internationalen Wirtschaftsgemeinschaft musste nun ein Ziel höchster Priorität sein.

Denn bisher gab es in Zeiten eines Welthandels ohne zwischenstaatliche Kooperation und Ausgleich zunächst die Phase des Merkantilismus, in welcher jeder Staat versuchte, durch aktive Zoll- und Handelspolitik einen Handelsüberschuss und möglichst nur einen Import von Rohstoffen zu erreichen.
Dann hatten Staaten wie England den reinen internationalen Freihandel propagierten, da dieser ihnen Vorteile beim internationalen Handel, wegen der Konzentrationskraft der Wirtschaft und ihres technischen Vorsprungs, einzubringen geeignet erschien. Einige englische Politiker werden damals wohl wirklich an den universellen automatisch eintretenden Vorteil für alle geglaubt haben, aber sowohl die Empirie als auch die Logik sprechen da, nach meiner Meinung, wie ich schon mehrfach dargelegt habe, eine andere Sprache. Dieser Ansicht waren dann auch alle Staaten wie Deutschland, die sich dann zum Schutz ihrer einheimischen Wirtschaft für eine Schutzzollpolitik entschieden haben, da es damals keine Bestrebungen gab dem gemeinsamen freien Markt, durch eine aktive gemeinsame Ausgleichspolitik, eine gemeinsame Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit zur Grundbedarfssicherung und durch gemeinsame Regulierung die nötige kooperative Basis zu geben.
Und dass der komparative Vorteil ohne „anschubsen“ und steuern durch kooperative staatliche Aktionen automatisch in hinreichendem Maße zu jeder Zeit eine solche Wirkung erzielen kann, wird von mir ebenso bezweifelt wie von den damaligen für Schutz- und Erziehungszoll zuständigen politischen Entscheidern.

Freilich bedeuten Zölle wohl immer auch eine Verringerung des internationalen Gesamtertrags und sind definitiv keine Garantie dafür, dass man seinen Importbedarf soweit drücken kann, dass man man ihn mit seinen Exporten noch decken kann. Ganz schlimm wird es dann, wenn sich Staaten gegenseitig zu immer umfangreicheren Zöllen drängen. Das nennt man dann Protektionismus.

Also keine Politik des ausgeglichen Außenhandels sondern eine des Überschusses und/oder des relativ gesehen hohen Importniveaus und damit Lebensstils betreiben.

Deutschland macht aktuell aber aktiv nichts bis kaum etwas für einen angemessenen und ausgeglichen Außenhandel, es nimmt es einfach passiv hin, durch einen hohen „Außenbeitrag“ seine Lage, kurzfristig auf Kosten anderer, zu verbessern. Und im EU- Binnenmarkt mit seinem Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit und vor allem im gemeinsamen Währungsraum können sich die aktuellen Defizitstaaten oder diejenigen die ihren Import auf Kosten ihrer Lebensqualität und Sicherheit stark reduziert haben, dagegen kaum wehren und auch nicht auf den gewissen Automatismus der Wechselkursanpassungen hoffen.

Auf die Behebung dieses Problems sollte die EU und Deutschland angemessen priorisiert seine Energien verwenden und nicht auf das Abschließen immer weiterer internationaler Freimarkt- und Investitionsschutzabkommen, bei denen man dann kaum Zeit hat sie hinreichend auf gegenseitige Vorteilhaftigkeit und dem Einbau von bewussten oder versehentlichen Fallstricken, wie es sie meiner Meinung nach, beim EU- Binnenmarkt und vor allem dem gemeinsamen Eurowährungsraumes gibt, hin zu prüfen.

Wir müssen erst mal das bestehende glatt ziehen anstatt, ständig neues halb durchdachtes und geprüftes in die Welt zu setzen. Sonst läuft man Gefahr ein instabiles System zu erschaffen oder eines das man gar nicht wollte. Und das will von den momentan Regierenden, Beratenden und „Berichtenden“ hoffentlich keiner … , hinterher verantworten müssen.

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Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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