Keynes vs Fleming .. Mundell, Vater des Euros

Alt- trifft "Neoliberal" Von Keynes vs. Fleming zu Mundell, dem "Vater des Euros".

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Irgendwie läuft es seit ich mich mit der Geschichte und Gegenwart der (politischen) Ökonomie beschäftige immer gleich ab.

Ich lese, unter anderem, gerade „The Collected Writings of John Maynard Keynes“ Buch XXVI Activities 1941-1946: Sharping the Post-War World, Bretton Woods and Reparations“.

Im Abschnitt „Commercial Policy“ findet man dort einen Briefwechsel zwischen Keynes und Fleming (https://en.wikipedia.org/wiki/Marcus_Fleming), in welchem Keynes für die politische Handlungsfreiheit („our freedom of action“) zur Mengenbeschränkung bei internationalen Importen wirbt. Unter anderem begründet durch die eventuelle Notwendigkeit beim Import, das zu priorisieren, was man zum Leben aus dem Ausland dringend braucht, damit man sich dies sicher leisten kann: „because there is 20 or 25 which would come in under laissez-faire which one cannot afford“ und in einer früheren Veröffentlichung „keeping out less essential imports so as to make sure of being able to afford the essentials“. Und den Schutz einheimischer Produktion, bis zu einem bestimmten Grade, führte er auch als Begründung an. Und um einen Ausgleich der Handelsbilanz zu erreichen, welcher das eigene Land nicht „unnötig“ schlechter stellt: „a serious and unnecessary reduction in the standard of life“.

Fleming antwortete darauf, indem er sich erst einmal als „perhaps I am just a relic of a gone age“ und später als „defender of the old orthodoxy“ bezeichnet, also als Alt- Liberalen.
Dann schrieb er, dass er sich im Außenhandel, auch in Fragen der Priorisierung der Grundbedarfssicherung, lieber auf den Automatismus von flexiblen Wechselkursen, „the price system“, „exchange depreciation“, vertrauen möchte und so auch dem „common man retain his freedom“, also dem gewöhnlichen Mann seine Entscheidungsfreiheit lassen möchte.

Also Herr Fleming gab sich hier als Anhänger der Alt- Liberalen Position zu erkennen, dass die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen wichtiger sei als die demokratisch legitimierte politische Freiheit, welche Herr Keynes ins Feld führte.

Um diese individuelle wirtschaftliche Freiheit auch im kollektiven und nachhaltigem Interesse rechtfertigen zu können, sind diese Alt- oder heute eher unter dem Präfix „Neo-“ bekannten, Liberalen, besser Wirtschafts- Libertären, immer sehr bestrebt aufzuzeigen, dass es einen Automatismus, oder gleich mehrere, gibt der, wie geführt durch eine unsichtbare Hand, alle Probleme der Gemeinschaft, ohne die Notwendigkeit für ein gemeinschaftliches, staatliches, Handeln, lösen kann.

Spätestens seit diese Anhänger der wirtschaftlichen Freiheit, besser der freien Verfügungsgewalt über das eigene private Eigentum, durch den New Deal Roosevelt’s, aufgeschreckt wurden, sind diese, mehr oder weniger im Geiste des Manchester Liberalismus handelten Grüppchen, aktiv. Seit dem kämpfen sie, in immer neuer Zusammensetzung, darum, dass der Besitzende nicht durch den Willen der Mehrheit seinen Besitz wieder verlieren kann. Bis zu einem bestimmten Punkt, z. B. Alles/Alle sehe ich diese „Aneignungsoption“ auch als Gefahr, denn so kann eine Minderheit, ethnisch, politisch oder sonstwie, jederzeit durch eine Handlung der Mehrheit ihren gesamten Besitz verlieren. Diese Option darf es so nicht geben. Aber ebenso wenig ist es tolerabel, wenn der Zugriff auf alles darüber hinausgehende ebenfalls beschränkt werden soll. Hier hat dann die hinreichende Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft und die Grundbedarfssicherung und der darüber hinausgehende faire Anteil jedes einzelnen Vorrang.

Aber zurück zu Keynes vs. Fleming. Da gab es dann einen kleineren Briefwechsel mit Rechenbeispielen, wieso der Automatismus zumindest in einigen Fällen praktisch nicht ausreichend sei, und entsprechenden Antworten, dass er es doch sei.
Diese Unterhaltung wurde dann von Herrn Fleming irgendwann eingestellt.

Auch meiner Meinung nach ist eine Priorisierung im Außenhandel, wie auch im Binnenhandel, wichtig, um die Grundbedarfssicherung sicherzustellen. Als einzelner hat man eben, selbst wenn man daran ein Interesse hat, praktisch niemals alle nötigen Informationen, um solch eine Priorisierung in jede einzelne Kaufentscheidung mit einfließen zu lassen. Und hinreichenden Gemeinwohl- dienlichen Zwang auf diejenigen ausüben, die so eine Priorisierung ablehnen kann der einzelne eben, glücklicher Weise, nicht. Dafür braucht man dann eben demokratisch legitimierte und hinreichend ethisch-motiviert, aber auch möglichst wenig, beschränkte Institutionen.
Denn wenn man bis zur Herstellung des „Handelsausgleichs“ mit dem Ausland sich zwar noch einiges an Luxus leisten konnte, aber dafür einiges an Lebensnotwendigen nicht mehr, hat man ein Problem, zumindest als Betroffener und Sozialveranlagter. Und der Rest auch, wenn es anfängt „unruhig auf den Straßen“ zu werden. Der Markt sorgt da nicht von alleine für eine hinreichende Priorisierung, auch nicht der Währungsmarkt. Das gilt auch für eine hinreichende aber nicht übertriebene Ausrichtung hin zum Export, um den Importbedarf – und wunsch zu decken. Da ist die Politik gefragt.
Das diese Einsicht heute in Deutschland leider weit davon entfernt ist Konsens zu sein liegt nicht zu letzt auch daran, dass wir in Deutschland aktuell durch die gängigen Medien und auch im Unterricht eben nicht wirklich ideologiefrei aufwachsen und leben, wie es Frau Magwas von der CDU zuletzt im Bundestag bei der Rede zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit ausgedrückt hatte: (https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7474260#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03NDc0MjYw&mod=mediathek)
Und dass selbst einige Ökonomen der IG Metall mittlerweile meinen an Grenzen zu stoßen, wenn die unternehmerische Freiheit, für die Allgemeingültigkeit von Vereinbarungen aus Flächentarifverträgen, im demokratisch legitimierten Interesse der Mehrheit, eingeschränkt werden müsste, ohne diese Grenzen näher zu benennen, sagt auch schon einiges aus. Zumindest kam das in einem Webinar (https://www.freiburger-diskurse.de/exportismus.html) der Freiburger Diskurse zuletzt so rüber. Und in einem hessischen Schulbuch steht aktuell mehr oder weniger drin, dass der Staat sich von Privateigentum fernhalten solle, da Privateigentum schon länger existiert als demokratisch legitimierte Staaten. Das ist dann noch plumper als das Narrativ zur Jahrtausendwende von Deutschland als dem „kranken Mann“ Europas, um die alt- bzw. neoliberale Reformbereitschaft in Deutschland zu verstärken. Nach der Wiedervereinigung waren wir wohl wirklich nicht „total“ fit, aber das neoliberale Politik, also diejenige die auf die Freiheit des Privateigentums und (daher) rein auf den Automatismus des Marktes, und politisch auf Steuersenkungen und Reduzierung der Staatsausgaben, setzt, immer auf Kosten anderer geht und nur zum (nachhaltigen?, wohl eher nicht) Vorteil weniger ist, hat ja auch Herr Keynes und die Post- Keynesianer schon oft genug dargelegt.

Aber zurück zu Herrn Fleming. Mich hatte dann mal interessiert, was aus dem, als einem Vertreter der Altliberalen, geworden ist. Beim recherchieren ließt man dann schon in seinem Wikipedia- Artikel, siehe oben, dass er u. a. “ deputy director of the research department of the International Monetary Fund for many years“ wurde. Also einer Institution, welche durch die Bretton- Woods Konferenz, in welchem es auch in dem oben genannten Buch, welche die Unterhaltung Keynes- Fleming enthält, geht. Da sieht man mal wieder, welche ökonomischen Fraktionen da, schnell an Einfluss gewonnen hatten und diesen auch (lange) behalten hatten (haben?).

Und beim Recherchieren stößt man schnell auf das Mundell- Fleming Modell (https://de.wikipedia.org/wiki/Mundell-Fleming-Modell), welches das IS-LM-Modell derNeoklassischen Synthese, um die Hinzunahme der internationalen Zahlungsbilanz erweitert, weiter entwickelt hatte.
Die neoklassische Synthese ist übrigens ein schönes Beispiel für die neoklassische, wirtschaftslibertäre, Vereinnahmungen in der Ökonomie seit dem New Deal. Da wird versucht aus mehr oder weniger versucht aus Keynes einen Vertreter der automatischen Gleichgewichtstheorie und Freihandelsanhänger zu machen, (Neo- und New- Keynesianer), zu machen. Diesen Vereinnahmungsdrang sieht man auch schön dadurch, dass die österreichische Schule der Ökonomie, Hayek und Co., als einzige sowohl bei den Heterodoxen Ökonomien (https://de.wikipedia.org/wiki/Heterodoxe_%C3%96konomie) als auch als deren Mitbegründer, Carl Menger (https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Menger), bei der Mainstreamökonomie (https://de.wikipedia.org/wiki/Neoklassische_Theorie) auftauchen.

Und wenn man sich dann diesen Herrn Mundell (https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Mundell), einmal genauer anschaut erfährt man direkt, dass der als Mitbegründer der Angebotspolitikund der Theorie optimaler Währungsräume (https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_optimaler_W%C3%A4hrungsr%C3%A4ume), welche später von Rudiger Dornbusch (https://de.wikipedia.org/wiki/Rudiger_Dornbusch), einem Kritiker der Einführung des Euros, mittels der Kaufkraftparitätentheorie (https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufkraftparit%C3%A4t) weiterentwickelt wurde zur monetären Wechselkurstheorie, als „Vater des Euros“ gilt.

Na dann, Prost Mahlzeit! Das erklärt ja einiges …

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Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

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