Libertärer Paternalismus

Verhaltensökonomie Von Richard Thaler und Cass Sunstein

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Letzte Woche hatte ich in einer plural ökonomischen Diskussionsgruppe einen Vortrag unter anderem über libertären Paternalismus gehört. Dieser wird auch als Nudge bezeichnet, ein „Schups im Sinne des Denkanstoßes“, zumindest wenn der Staat der Anstoßende ist.

Der Begriff „Nudge“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Nudge) kommt, (auch) laut Wikipedia aus der Verhaltensökonomie und wäre vonRichard ThalerundCass Sunsteinin deren Buch „Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness (deutsch Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt)“ geprägt worden.

Laut der Verhaltensökonomie handelt der Mensch ja zumindest nicht immer rational, schon alleine weil ihm Wissen fehlt.
Libertärer Paternalismus steht nun gerade für das Ziel mit staatlichen Mitteln die Bürger, welche sich nach Sicht der Regierung irrational verhalten, zu einem auch für sie vernünftigen und Gemeinwohl orientierten Verhalten anzustoßen.

An Grundsätzen, für jedes „Nudging“, würden sich laut Herrn Thaler (zumindest laut Wikipedia), dabei drei ethische Vorgaben ergeben:

  • Nudges müssen transparent sein und dürfen nicht irreführend sein
  • Es sollte so einfach wie möglich sein, sich gegen einen Nudge zu entscheiden, wenn immer möglich nur mit einem Mausklick;
  • Es sollte gute Gründe geben, anzunehmen, dass das Verhalten, welches durch einen Nudge ermutigt wird, dem Wohlergehen der Gesellschaft dient.

Also es soll nicht aus Profit- oder Partial- Interesse ein Anschubsen stattfinden sondern zum Wohle der Allgemeinheit. Wobei man dieses nudgen auch als solches erkennen und leicht abwehren können sollte.

Daher auch die gegensätzliche Gegenüberstellung von „Libertär“, im Sinne von individueller Entscheidungsfreiheit und „Paternalismus“ im Sinne von staatlicher „leitender Fürsorge“ in dem Ausdruck „Libertärer Paternalismus“, welcher von den beiden Autoren bereits 2003 in ihrem Artikel „Libertarian Paternalism“ genannt wurde.

Irrationalität beruht oft auf fehlendem Wissen. Daher passt dieses Thema auch schön zur (Verhaltens- ökonomischen) Diskussion von Wissen und nicht Wissen bei Entscheidungen. Bei mikroökonomischen aber auch bei politischen durch das Volk. Bei letzteren gibt es die Meinung, dass es in jeder Gesellschaft, Bürger mit unterschiedlich viel Wissen gibt. Das klingt logisch. Das bietet sich ja auch schon von der Arbeitsteilung her an. Einige eignen sich in Teilgebieten Experten- Wissen oder allgemein Schnittstellen und Allgemein Wissen an. Vor allem die mit Schnittstellen und Allgemeinwissen über die aktuelle Lage der Dinge sollen dann dieses Wissen priorisiert nach Wichtigkeit den anderen aufbereitet zur Verfügung stellen. [Dazu passt auch das Public Opinion Konzept von Walter Lippmann (https://de.wikipedia.org/wiki/Die_%C3%B6ffentliche_Meinung).] Zum (gesellschaftlichen) Allgemeinwohl. Im Idealfall zumindest. Wenn nur relativ wenige in einer Gesellschaft einen hinreichenden Überblick darüber haben „was genau vor sich“ geht, erzeugt das natürlich auch die Gefahr einer Manipulation der öffentlichen Meinung im Sinne von nicht am Allgemeinwohl interessierten Gruppen. Und es versteht ja zusätzlich auch nicht jeder das Gleiche unter dem Allgemeinwohl, auch nach bestem Wissen und Gewissen nicht. Und damit besteht die Gefahr, dass man dann doch in eine Richtung „genudged“ wurde in die man gar nicht wollte. Und dann gibt es ja auch diejenigen die einer Gesellschaft von außen Schaden wollen. Da sollte man dann besonders als Gesellschaft drauf achten, dass die nicht „richtungsgebend“ werden.
Für „Normalbürger“ ist es wohl am besten, da man meist eher nicht genug Zeit investieren möchte oder Lust hat sich tief genug in alle Sachen einzuarbeiten, die zum wirklich hinreichenden Verstehen der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Vorgänge nötig sind, sich einige Politiker, Journalisten oder Wissenschaftler zu suchen denen man vertraut. Da dann aber auch soweit wie möglich ,wenn Zeit ist, „nachforschen“, ob man da wirklich die richtige Wahl getroffen hat. Und falls nicht, sich jemand neues zu suchen, oder eben selbst hinreichend Wissend werden, wenn man dafür genug Zeit hat und es einem nicht zuviel wird.

Es wird wohl zu jeder Zeit mehrere Gruppen von „Wissenden“ geben mit ganz unterschiedlichen Intentionen und oft gegensätzlichen Vorstellungen wie sich die Gesellschaft entwickeln sollte.
Und bei den Möglichkeiten zum „Nudging“ spielen Geld, Medien und Einfluss natürlich auch eine große Rolle. Auch deshalb sollte es in Gesellschaften nie zu einer zu großen Vermachtung kommen.
Sonst läuft man Gefahr sehr einseitig und nicht mal unbedingt ethisch gerechtfertigt „genudged“ zu werden.

Meistens ist auch gar nicht die Menge an Wissen das Problem sondern die Aufarbeitung, vor allem wenn man Dinge leicht so darstellen kann, dass sie für die Gesellschaft vorteilhaft, mehr oder weniger auf Kosten anderer, aber auch diese Sichtweise kann man wieder manipulieren oder sich schön reden lassen, erscheinen.

Bei dem Wort „libertär“ denkt man meist entweder zunächst an „Libertären Sozialismus“, wie bei Chomsky,https://de.wikipedia.org/wiki/Noam_Chomsky, oder an „Wirtschaftlibertarismus“ wie bei F. A. Hayek, James M. Buchanan und ähnlichen.

Und vor allem von „Wirtschaftslibertären“ sollte man nicht „libertär paternalisiert“ werden wollen, auch nicht hübsch verpackt als „Überschussexportweltmeister“.

Auch da man nicht weiß, ob die nicht doch auch selbst wieder „total genudged“ wurden.

Auch bei Politikern, weiß man das nicht immer, den besten Gesamtüberblick hat nicht immer unbedingt jeder auch nicht die aus der ersten Reihe.

In diesem Sinne, nicht in die falsche Richtung schubsen lassen und auch selbst mal nachforschen und mitdiskutieren. :)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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