... und dann kam Corona

S³ÖIA- Transformation Eine Einschätzung über die aktuellen Chancen und Möglichkeiten hierzu

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Viele verknüpfen mit der aktuellen wirtschaftspolitischen Überwindung der ökonomischen Gefahren und tatsächlichen Schäden durch die Corona- Pandemie ja die Hoffnung auf ein anderes nachhaltig sozialeres, ökologischeres und manche wie ich auch auf ein stärker Sicherheit- orientiertes wirtschaften.

Auf eine Abkehr von einer Ideologie, die man gemeinhin als neoliberal bezeichnet.

Als Idealisierung der wirtschaftlichen, der Eigentumsverwendungs-, Freiheit auf Kosten aller anderen Freiheiten. Vor allem derjenigen die es erlaubt, sich, zumindest demokratisch legitimiert, über dieses freie Verfügungsrecht über Privateigentum hinwegzusetzen.

Neuerdings, dank Piketty, etwas spezifischer auch als Neoproprietarismus bezeichnet.

Um zu beurteilen, ob oder besser inwieweit und in Bezug auf wen diese Hoffnung gerechtfertigt ist, muss man sich aber erst mal vor Augen führen was eigentlich der Kern dieses neoliberalen, wirtschaftslibertären oder neopropietären aktuellen Ist- Zustandes eigentlich ist.

Nach meiner Ansicht ist das vor allem der fehlende Wille bzw. die fehlende Einsicht aktiv fair, ehrlich und sozial für einen entsprechend angemessenen hinreichenden Ausgleich zu sorgen, bzw. den anderen die Möglichkeit zu geben oder zu belassen selbst für solch einen Ausgleich zu sorgen. Also einen nachhaltig fairen sozialen wirtschaftlichen und/oder finanziellen Ausgleich zwischen den einzelnen Menschen und Staaten.

Es gilt eben der Grundsatz, man kann nur gemeinsam wirtschaften wenn man fair teilt. Sonst kann man nicht gemeinsam wirtschaften. Und dann muss man direkt fair teilen. Also am fairen teilen führt kein Weg vorbei.

Beim Neoliberalismus spielt ja auch das Narrativ eine wichtige Rolle, wenn wohl auch vor allem zur mehr oder weniger bewussten Selbsttäuschung, dass der Markt automatisch, zumindest unter idealen Konkurrenzbedingungen für einen fairen Ausgleich sorgen würde. Vor allem zwischen- regional.

Beim Vorliegen eines vollständigen Wettbewerbs solle automatisch ein solcher Preis- Druck auf jedem Marktteilnehmer und jedem Produktionsfaktor liegen, dass es niemanden möglich ist, mehr für seinen Anteil am gesamtwirtschaftlichen Gesamtertrag zu verlangen als angemessen wäre. Das würde dadurch möglich werden, da man jederzeit die Chance hätte, einen preiswerteren Konkurrenten/ein Konkurrenzprodukt zu wählen. Nur ist das in der Realität nicht überall der Fall. Aktuell, oder besser zumindest vor Corona, gibt es ja Fachkräftemangel, und Ressourcen sind nun eben mal begrenzt auch ohne nachhaltige ökologische Regulierung, wie zum Beispiel bei Kate Raworth’s (https://de.wikipedia.org/wiki/Kate_Raworth) Donat- Ökonomie. Laut (aktueller) neoliberaler Ideologie, soll der Staat daher einen Rahmen schaffen, in denen er die idealen Bedingungen der vollständigen Konkurrenz simuliert. Laut einigen neoproprietären politischen Beratern, sollten diese Bedingungen am besten dadurch hergestellt werden, dass man den Markt komplett frei von staatlichen Eingriffen, Regulierungen etc. lässt. Also alles was schief gelaufen ist würde an zu viel Staat liegen. Und am besten sollte man wohl laut diesen auch gleich den staatlichen Handlungsspiel, wie durch Sozialabgabenbremse, oder passender Sozialausgabenbremse, und Co., gleich ganz beschränken in dieser Hinsicht. Denn allein die Möglichkeit einer staatlichen Handlung könnte ja schon Marktergebnis- schädigenden wirken. Und wird es im Zweifelsfall nach der Agitation dieser wirtschafts- libertären Grüppschen bei auftreten von jedem möglichen Problem des Marktergebnisses auch gehabt haben.
Diesen Grüppchen geht es eben um die freie Verfügungsgewalt der Besitzenden über ihre Produktionsfaktoren. Oder sie haben, frei nach Gustav von Schmoller, „nur derjenige kann komplett freihändlerisch sein, der entweder inkonsequent ist oder seinen eigenen Land schaden will“, ganz andere Hintergedanken.
Und dann wird mit dem (aktuellen) Neoliberalismus teilweise auch noch versucht darzulegen, dass es in einem idealen Markt bei vollständiger Konkurrenz keine ungewollte Arbeitslosigkeit gäbe. Das hört sich dann an wie, ja man muss eben soweit runter mit dem Preis/Gehalt bis man genommen wird. Zur Not macht man halt ne Ich- AG, aber natürlich ohne staatlichen Zuschuss. Das war jetzt zugegebener Weise etwas überspitzt formuliert. Aber diese Theorien sind im Kern wirklich so absurd, dass sich das bei mir so eingeprägt hatte.

Solch ein Automatismus zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit würde eben schon gegen die primäre Aufgabe des Marktes verstoßen die Produktionsfaktoren bezogen auf den Preis zur Erfüllung der Kundenwünsche optimal zu kombinieren. Denn dafür braucht man halt nicht alle Produktionsfaktoren. Und genau diese Begrenzung der tatsächlich eingesetzten Menge an Produktionsfaktoren ist eben eine der Marktaufgaben. Und auch nur ernsthaft versuchen zu wollen zu argumentieren, dass ohne hinreichende Regulation, einem hinreichenden wirtschaftlichen Ausgleich und hinreichende Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit zumindest ein internationaler Rahmen geschaffen werden könnte um solch einen Automatismus zu erreichen ist wohl mit dem Grundsatz nach bestem Wissen und Gewissen, nur vereinbar wenn man kein Gewissen hat. Da wird ja dann auch teilweise behauptet, dass man nur die über den Staat eingebrachten Partialinteressen vom Markt fernhalten müsste, dann ginge auch sowas automatisch. Das ist schon ziemlich dreist.

So nachdem wir jetzt mal grob umrissen haben aus was wir aktuell eigentlich raus wollen (sollten).
Beurteilen wir doch mal wie die aktuellen Anzeichen sind, dass wir da raus kommen und dann auch gleich in ein neues stabiles nachhaltiges System, dass die zuvor genannten Bedingungen erfüllt. Wir wollen ja nicht entgleisen … 🙂

Aber Vorweg nochmal eine Überblick über die Hauptgruppen, welche ein Interesse daran haben, dass sich diesbezüglich nichts oder zumindest nichts soziales ändert:

Piketty’s Neoproprietäre, Zu-Rechte nationale „Zwang zur wirtschaftlichen Freiheit“- Standort (Boden) Profiteure, Schmoller’s Saboteure von Außen oder Innen (von totalitär Sozialistischen bis zu Zu-Rechten Gruppen).

Zu Piketty’s Neoproprietären zählen unter anderem, nach meiner Ansicht, die Vertreter des Atlas Networks (https://de.wikipedia.org/wiki/Atlas_Network). Neoproprietarismus steht, soweit ich Piketty verstanden habe, für die Bestrebung den staatlichen Handlungsspielraum zugunsten des Vorrangs der wirtschaftlichen Freiheit einzuengen. Das ist ein kleiner aber feine Unterschied zum Proprietarismus dort wurde das Wahlrecht zugunsten der Wohlhabendsten eingeengt. Die konnten dann aber staatlich auch untereinander noch politisch frei agieren. Oder laut Piketty muss man wohl eher von „hätten können“ sprechen. Nach seinen Recherchen wurde das nie angewendet. Aber eventuell wirkte da die Option auch schon einfach disziplinierend. Im Neoproprietarismus gibt es diese Option nicht mehr. Deshalb ist der meiner Meinung auch für Schmollers Saboteure von innen und außen so interessant. Da bietet(e) sich wohl eine Kooperation an. Wobei auch die Proprietären meist an James M. Buchanans (… dann kommt es Halt zur Revolution; ich hoffe ihr kennt das „Kleingedruckte“ in dem seinem System) scheitern. Auch ein Ansatzpunkt für Schmollers Saboteure.

Und dann gibt es noch diejenigen, die national- gesinnt von ihrem Standortvorteil im freien globalisierten Markt profitieren wollen. Da sind in Deutschland vor allem die Gewerkschaften und der ADAAV- Flügel in der SPD und bei den (neuen) Grünen, gefährdet da national wirtschafts- libertär und neoproprietär ungute Bündnisse einzugehen. Die Union sowieso, Und die FDP wohl leider eh eher das ungute Bündnis, zumindest wenn man nicht muss und es noch vertretbar ist. Aber der Standortwettbewerb, kann auch um die Erlangung von Wählermehrheiten geführt werden. Das kann zu einem sozialeren Ergebnis führen. Oder auch nicht. Vor allem sollte man als Alteingesessene keine zu hohe ethische Hypothek an die nächste Generation vererben, solange man noch nach außen unsozial „WirHier“n kann. Und man sollte zumindest je nach Bundeslandzugehörigkeit mal einen Blick auf die Entwicklung der Verfassungsrechte bezüglich eines fairen Länderfinanzausgleichs innerhalb Deutschlands werfen.

Aber nun noch kurz zum Blick auf die aktuelle Entwicklung.

Wenn auch erst ausführlich im nächsten Beitrag nächstes Wochenende, diesmal war meine Zeit etwas knapp.

Aber schon mal kurz: Wenn man aus dem Wirtschaftskrieg raus will ist das Wichtigste, nach meiner Meinung einzusehen, dass man dann fair wirtschaftlich und/oder finanziell ausgleichen muss. Wie man aus meiner Beurteilung der Parteiwahlprogramme für 2021 in meinen Beiträgen nachlesen kann, sieht es da bei der Union (erwirtschaften statt verteilen) und FDP (da kommt das Wort verteilen eher gar nicht vor) ganz düster aus. Das die AfD nicht für einen internationalen fairen Ausgleich ist, muss man wohl nicht extra erwähnen. Grüne und SPD wollen nur eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung für Krisen wie Corona. Als ob das auch nur annähernd hinreichend und fair genug wäre. Und auch die wollen (trotzdem) beide in der EU den Zwang zur wirtschaftlichen Freiheit beibehalten. Und das Programm der „Partei die Linke“, das war damals noch nicht raus, wird mir wohl zu Anti- Interventionistisch und zu Anti- Militärisch sein.

Und die Sozialabgabenbremse ist auch noch nicht vom Tisch.

Schlusssatz für heute: Also so kommen wir definitiv nicht raus aus dem „neoliberalen“ Wirtschaftskrieg. Und wir sind Mitschuld, dass das auch für den Rest der Welt schwierig, um es mal vorsichtig zu formulieren, bleibt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

KSLP

Sozial. Sicher. Standhaft. Je nach innen und außen. Und relativ konservativ. :)

KSLP

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