"4.48 Psychose" am Deutschen Theater Berlin

Theater-Premierenkritik Ulrich Rasche inszeniert Sarah Kane: diesmal nicht mit Stahlungetümen, sondern nur mit zwei Laufbändern zwischen Lichtsäulen.

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Über den „Horror des Stillstands“ wird etwa zur Hälfte des pausenlosen Dreistünders deklamiert. Sie ist tatsächlich eine Crux des Abends. Der Text, den Kane im Jahr 1999 kurz vor ihrem Suizid schrieb, ist eine assoziative, schwer zu fassende, atemlose Aneinanderreihung von Selbstvorwürfen, inneren Monologen und Gesprächen mit Ärzten, die möglicherweise nur im Kopf stattfinden. Eine dramatische Entwicklung oder ein Spannungsbogen fehlen in diesem recht gleichförmigen Gedankenstrom.

Katie Mitchell entschied sich zuletzt im Malersaal des Hamburger Schauspielhauses, den Text von Julia Wieninger als Solistin im Staccato performen zu lassen. Nur eine Stunde dauerte dieser Abend. Die dreifache Zeit dehnt sich dieser Klage-Gesang von Ulrich Rasche, der durch seine schiere Länge für Publikum und vor allem die Spieler*innen zur Kraftanstrengung wird und in seiner Monotonie ermüdet. Besonders zur Hälfte des Abends drängen Zuschauer*innen zum Ausgang und klappern im Minutentakt die Türen, das helle Licht aus dem Foyer stört die düstere Atmosphäre und das Lichtdesign auf der Bühne.

Die Intensität packender Rasche-Abende wie „Die Räuber“, „Die Perser“ oder „Die Bakchen“ erreicht „4.48 Psychose“ nicht. Der gleichförmige Gedankenstrom von Sarah Kane passt weniger gut als die klassischen Dramen-Texte zu Rasches Regie-Stil, der vom Gegeneinander von Chor und Solist*innen und Rhythmus-Wechseln lebt.

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