Am Königsweg in Hamburg

Theater-Premierenkritik Elfriede Jelinek haute gleich nach Trumps Wahlsieg in die Tasten. Das Schauspielhaus Hamburg sicherte sich die Rechte für die Uraufführung.

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In der zweiten Stunde bis zur Pause wird der Abend langsam stärker und hat einige schöne Theatermomente zu bieten: Anne Müller trifft das Wut-Staccato von Jelinek am besten. Ilse Ritter spricht die nachdenklichen Passagen über die Ohnmachtsgefühle angesichts des Rechtspopulismus und über das Altern sehr würdevoll. Vor allem musikalisch ist einiges geboten: Benny Claesens schmettert „One of us“ von Joan Osbourne und „Holding out for a hero“ von Bonnie Tyler, Julia Wieninger legt später „Fade into you“ von Mazzy Star nach. Tilman Strauß und Matti Krause rappen über „Mehr Geld Mehr Gold Mehr Golf“, den Song hat Matthias Grübel zu Richters Text komponiert. Alle gemeinsam treffen sich vor einem Wohnwagen und singen zur Klampfe den Lagerfeuer-Hit „Country Roads“.


Falk Richters Uraufführung von „Am Königsweg“ setzt außerdem sehr auf Komik: Idil Baydar darf mit Ausschnitten aus ihrem „Ghettolektuell“-Programm glänzen. Als Kunstfigur Ayse steht sie regelmäßig in der Berliner Bar jeder Vernunft auf der Kleinkunst-Bühne und kommentiert die Integrationsdebatte mit sarkastischen Giftpfeilen. Benny Claesens legt als ewig beleidigtes Riesenbaby mit Königskrone einen Auftritt hin, der zwar kaum noch als ernsthafte Auseinandersetzung mit Trump durchgehen kann, aber das Publikum als typische Benny Claesens-Nummer unterhält. Irgendwann kommt das Ensemble in den Kostümen bekannter Figuren aus der Muppet Show von Kermit bis zu den ewig grantlenden Waldorf und Statler, wie es sich Jelinek auf der ersten ihrer mehr als 90 Manuskriptseiten ausdrücklich gewünscht hat.


Das Problem des Abends ist, dass hier viel zu viel unverbunden nebeneinander steht.

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