Die Frau, die gegen Türen rannte

Theater-Kritik Bettina Hoppe spielt eine Alkoholikerin, die von ihrem Mann geschlagen wurde und neuen Lebensmut findet.

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Der Stoff ist nicht neu: Der irische Schriftsteller Roddy Doyle erfand die Figur der Paula Spencer für das Drehbuch der BBC-Serie „Family“, die in der Regie von Michael Winterbottom 1994 für heftige Diskussionen im konservativen Irland sorgte und – wie im Programmheft zu lesen ist – auch die Debatte über das Scheidungsrecht anheizte.

Die Figur definiert sich vor allem über die Musik: sehr gerne erinnert sie sich an Popsongs der 60er und 70er Jahre z.B. von „The Rubettes“ und Barry Ryan, die mehrfach kurz angespielt werden. Eine Reminsiszenz an ihre Jugend und an das Kennenlernen mit dem Macho Charlo, der sie in einem Club ansprach. An die 80er Jahre erinnert sie sich nur diffus: Düstere Jahre, die sie in der Wohnung bei den Kindern verbrachte. Ihr Mann schlug sie grün und blau. Wenn sie sich doch mal vor die Tür wagte, musste sie lügen, dass sie gegen die Schlafzimmertür gerannt sei. Erst in der letzten Szene, die in den 90ern spielt, tanzt sie sich frei: noch sichtlich unsicher, aber neuer Lebensmut wird spürbar.

Der Makel dieses Solo-Abends ist, dass Bettina Hoppe ihn ganz allein tragen muss. Sie leistet Beachtliches, aber der Stoff würde noch wesentlich eindrucksvoller und berührender wirken, wenn sie auch einen Gegenpart auf der Bühne hätte, wie es in der BBC-Serie angelegt war, aus der dieser Monolog entwickelt wurde.

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