"Die Ökonomie der Liebe", "Die Geschwister"

Film-Kritiken Parallel starteten zwei Filme, die von scheiternden Beziehungen und der Ökonomisierung der Liebe erzählen.

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„Die Ökonomie der Liebe“ des wallonischen Regisseurs Joachim Lafosse ist ein Kammerspiel in klassischer französischer Tradition: sehr dialoglastig, starke Emotionen, wenig äußere Handlung.

Der Film wird vor allem von Bérénice Bejo getragen, die dem deutschen Arthouse-Kino-Publikum vor allem aus dem iranischen Scheidungsdrama „Le Passé – Das Vergangene“ bekannt sein dürfte.

Auch ihr neuer Film erzählt von einer Trennung: nach 15 Jahren ist die Ehe von Marie (Bejo) und Boris (Cédric Kahn) nur noch ein Scherbenhaufen. Sie hat für ihn nur noch eiskalte Blicke voller Verachtung übrig. Er konnte finanziell aber noch nie auf eigenen Beinen stehen. Deshalb kann er sich vorerst auch noch keine eigene Wohnung nehmen und fällt ihr weiter zur Last. In einer Mischung aus Dreistigkeit und Naivität platzt er in ihre gemütliche Runde, zu der sie einige Freunde eingeladen hat.

Statt einer gemeinsamen Zukunft bleibt nur noch kühles Abrechnen: wer hat wann wie viel in das Haus investiert? Wie ist die Tilgung der Kredite mit den Reparaturarbeiten des handwerklich begabten Boris zu verrechnen?

Von der Liebe bleiben nach den 15 Jahren nur zwei desillusionierte Menschen und der Streit um lange Zahlenkolonnen.

Ausführlichere Kritik zu "Die Ökonomie der Liebe" ist hier zu lesen

Der zweite Film, "Die Geschwister" von Jan Krüger, beginnt mit einer Szene, wie man sie aus den Gentrifizierungs-Brennpunkten Kreuzberg und Neukölln kennt: Volles Haus bei einer Wohnungsbesichtigung. Die Interessenten wedeln mit ihren Mietschuldenfreiheits-bescheinigungen und bestürmen den schüchternen Thies von der Hausverwaltung (Vladimir Burlakov) mit ihren Fragen.

Aus einer Ecke wirft ihm der selbstbewusste Bruno (Julius Nitschkoff in seiner zweiten größeren Kino-Rolle nach Andreas Dresens „Als wir träumten“) interessierte Blicke zu. Bei der nächsten, sicher nicht zufälligen Begegnung nach dem Joggen geht der athletische junge Pole noch offensiver ran.

Es kommt zu einem Deal: Bruno und seine Schwester Sonja (die aus ihren Volksbühnen-Jahren bekannte Irina Potapenko) dürfen mietfrei in eine bisher nur teilsanierte Wohnung einziehen. Der Aufenthaltsstatus des Geschwister-Pärchens ist prekär, ihre Papiere unvollständig. Bruno revanchiert sich bei Thies für die kostenlose Wohnung mit seinen körperlichen Vorzügen und einer leidenschaftlichen Affäre.

Jan Krüger inszenierte auch seinen neuen Film im Stil der „Berliner Schule“, die vor allem von Angela Schanelec und Thomas Arslan geprägt wurde: vieles wird nur angedeutet, die Szenen wirken zart hingetupft. In seinem sehr zurückgenommen, reduzierten Stil erzählt der Film seine kleine Geschichte aus zwei Berliner Stadtbezirken mitten im Umbruch.

Ausführlichere Kritik zum Film "Die Geschwister" ist hier zu lesen

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