Die Wütenden/Les Miserables

Film-Kritik Der preisgekrönte Debütfilm erzählt von der Eskalation der Gewalt in den französischen Banlieues.

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Ladj Ly nimmt sich sehr viel Zeit, die handelnden Personen einzuführen und die Sozialstruktur des Problemviertels vorzustellen. Wie Stéphane kann sich auch der Kinozuschauer langsam an die fremde Welt herantasten. Als Chefin der Polizeiwache hat zunächst Jeanne Balibar, Frank Castorfs Muse, einen kurzen Auftritt. Anschließend begegnen uns: der Pate des Viertels, der in der Öffentlichkeit nur mit einem Trikot mit der Aufschrift „Le Maire“ auftritt und die Schutzgelder von Mitarbeitern in amtlich wirkenden Westen eintreiben lässt; ein zu den Muslimbrüdern konvertierter ehemaliger Krimineller; eine Roma-Familie, die mit ihrem Zirkus gastiert; ein kleiner Nerd-Junge, der mit seiner Drohne nicht nur durch Badezimmer-Fenster filmt, sondern dessen Luftaufnahmen vor allem die erste Hälfte von „Les Misérables“ prägen.

Dem Sozialdrama ist anzumerken, dass Ly die Strukturen sehr gut kennt: er ist als Sohn von Migranten aus Mali in Montfermeil aufgewachsen und drehte 2005 seinen ersten Dokumentarfilm „365 jours à Clichy-Montfermeil“ über die Gewalt, die sich damals in den Pariser Vororten entlud.

Bei seinem Spielfilmdebüt erzählt Ly von den wechselnden Bündnissen zwischen den um die Vorherrschaft im Problemkiez rivalisierenden Gruppen und von der Verstrickung der beiden alteingesessenen Polizisten, die munter mitmischen und sich nicht nur damit erpressbar machen.

Kinostart: 23. Januar 2020

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