"Eine Odyssee", Volksbühne

Theater-Premierenkritik Der Abend wurde mit Spannung erwartet, da Thorleifur Örn Arnasson seinen Einstand als Schauspieldirektor gab und Kinostar Jella Haase im Ensemble debütierte.

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Was für ein Auftakt: Das volksbühnen-typisch besonders spät in den Saal tröpfelnde Publikum wird bereits mit den Aufwärmübungen zu einer knapp einstündigen Choreographie begrüßt, mit der Arnarsson fulminant loslegt.

Diese erste Stunde ist ein Theater-Genuss, kombiniert souverän Sprechtheater, Tanz und Live-Musik und schlägt das meiste, was zum Auftakt dieser Berliner Spielzeit bisher zu sehen war, zu sehen war, um Längen. Zwischen düsteren Nebelschwaden und im Dämmerlicht steigert sich die im Chor gesprochene und getanzte Erzählung von der List des Odysseus, die griechischen Truppen im Trojanischen Pferd einzuschmuggeln, in einen beklemmenden Bericht von der Brutalität des Krieges. Nach dieser ersten Stunde ist klar: Arnarsson wird zurecht als einer der spannendsten jüngeren Regisseure gehandelt.

Die zweite Stunde bis zur Pause weist jedoch aus der „Edda“ bekannte Schwächen auf: die durchkomponierte Präzision weicht einer Achterbahnfahrt aus Höhen und Tiefen. Starke Bilder, einige überzeugende Soli, aber zu viel Stückwerk. Der Mittelteil der „Odyssee“ ist eine Nummernrevue, über weite Strecken auch noch hochklassig, aber manchmal ziellos.

Jella Haase trat als die schöne Helena auf, die menschliche Trophäe, die bekanntlich Auslöser des Trojanischen Krieges war. Sie wird von Menelaos (Theo Trebs) auf einem Panzer hereingefahren, wirkt er aber auf der riesigen Volksbühne ziemlich verloren. Bei der Premiere fällt ihr die Umstellung von den Film-Großaufnahmen auf den ganz anderen, schon durch seine schieren Ausmaße einschüchternden Theaterraum noch sichtlich schwer. Ihr fehlt noch die Präsenz, die es braucht, um auf einer der am schwierigsten zu bespielenden, gewaltigsten Bühnen des Landes bestehen zu können. In einer Szene mit Theo Trebs und Nils Strunk ist sie fast nur Staffage. Hier lohnt sich ein zweiter Blick nach mehreren Vorstellungen, ob sie sich freispielen kann und den Sprung vom Film zum Theater schafft.

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